Spaziergang durch Salvador

Zuletzt bearbeitet: 17. März 2021

Der historische Teil der Stadt wird am besten zu Fuss erlebt: Man braucht aber mindestens zwei Tage, wenn man einen einigermassen umfassenden Eindruck von den vielen guten Beispielen kolonialer Vergangenheit gewinnen will. Und wenn man so über die historischen Plätze schlendert, deren schlüpfriges Kopfsteinpflaster von den Sklaven angelegt wurde, dann staunt man über die barocken Fassaden der Paläste, die Architektur der kolonialen Villen, der Klöster und Kapellen, Kathedralen und Festungen und fühlt sich schnell in ein vergangenes Jahrhundert versetzt.

Historisches Zentrum von Salvador – Foto: Max Haack/Agecom

Die typischen Randfiguren eines solchen Spaziergangs werden dem Besucher schnell vertraut: die Verkäufer von Räucherstäbchen und Blättern „gegen den bösen Blick“, die mit den Glücksbändchen des „Senhor de Bonfim“, welche sie den Touristen ums Handgelenk binden und dann einige REAIS verlangen, die halbwüchsigen Schuhputzer an den Strassenecken, die in einem komplizierten Rhythmus ihren Polierlappen schwingen, die Männergruppen auf den Plätzen, die angeregt im sehr melodischen Dialekt schwatzen und ihre Witze reissen, die sie mit unverwechselbar eindeutiger Gestik zu untermalen verstehen.

Und die würdige Gelassenheit der traditionellen „Baianas“ dazwischen, mit mehreren Röcken übereinander – der oberste aus weisser Spitze, genau wie die Bluse – sitzen die Damen, in den besten Jahren, am Rand von Strassen und Plätzen.

Von den Einheimischen werden sie respektvoll mit „minha Tia“ (meine Tante) tituliert. Vor ihnen der „Tabuleiro“, ein Kasten mit einer Glasscheibe bedeckt, unter der sie ihre speziellen hausgemachten gesalzenen und süssen Köstlichkeiten aufgebaut haben. Daneben, auf einer Gasflamme, ein pechschwarzer Topf mit siedendem Öl, in dem die berühmten „Acarajés“ – faustgrosse Bohnenbrei-Fladen – gebacken werden, die, dunkelbraun und heiss, aufgeschnitten und mit getrockneten Shrimps gefüllt, für den sofortigen Verzehr, bestimmt sind. Von der einen zur anderen dieser Freiluft-Köchinnen kann man – ohne ein Restaurant zu betreten – einen Spaziergang durch die berühmte bahianische Küche machen, der jedoch den nicht abgehärteten Europäer wahrscheinlich schon nach wenigen Schritten schachmatt setzen würde.

Carnaval in Salvador da Bahia – Foto: Dietmar Lang/IAP-Foto

Unter- und eine Oberstadt

Salvador ist unterteilt in eine Unter- und eine Oberstadt. Beide Teile sind durch einen riesigen Aufzug, den „Elevador Lacerda“, verbunden, der immer noch den spektakulärsten Panoramablick auf Salvador vermittelt, wenn man mit ihm nach oben fährt. Die Oberstadt ist das historische Salvador, der schöne Barock aus dem 18. Jahrhundert ist teilweise noch gut erhalten. Aus Gründen der besseren Verteidigung hat man die wichtigsten Bauwerke hier oben auf den Hügeln errichtet. Während man in der Unterstadt heute den moderneren Teil mit Bürohochhäusern und Geschäftsgalerien findet und den Hafen.

Salvador ist auch eine moderne Stadt, in der die Vergangenheit überall präsent ist: Die meisten der Kathedralen und Kirchen, der Forts und Paläste, wurden zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert errichtet und repräsentieren heute ein unschätzbares kulturelles und künstlerisches Erbe. Die Fassaden, Portale, Gewölbe und Altäre dieser Gebäude vermitteln die bahianische Interpretation von Barock und Rokoko. Jede Kirche hat ihre eigenen Charakteristika in Stil und Bedeutung. Als besonders sehenswert möchten wir die „Stadtkathedrale“ und die Klosterkirche des „São Francisco“ herausgreifen. Letztere wurde 1723 fertig gestellt und bis 1740 mit einem unglaublichen Reichtum aus geschnitzten und vergoldeten Holzornamenten verschönt. Man muss sich setzen, damit man diese barocke Prachtentfaltung auch nur einigermassen fassen kann.

Pelourinho-Platz

Salvadors koloniales Zentrum – von der UNESCO zum „Weltkulturdenkmal“ erklärt – liegt um den „Pelourinho-Platz“ herum, wo das Echo der am Schandpfahl (pelourinho) gepeinigten Sklaven noch in den düsteren Mauern zu kleben scheint  und die alten Kopfsteinquader aus jener Zeit vom vergossenen Blut der Aufsässigen flüstern, die hier öffentlich ausgepeitscht wurden. Der Platz ist der barocke Mittelpunkt der Altstadt, mit zweistöckigen Häusern in überraschenden Farben. Etwas unterhalb die tiefblaue Kirche der „Nossa Senhora do Rosário dos Pretos“, eine Kirche, die für und von den Sklaven gebaut wurde.

Wenn es gerade Mittag ist und Sie Appetit verspüren, gehen Sie die paar Stufen hinauf zum Senac-Restaurant, einem der typischen Lokale von Salvador. Dort kochen sich fortgeschrittene Hotelfachschüler die schwarze Seele aus dem Leib und bieten um die 65 mittel- bis feuerscharfe Hauptgerichte und 20 exotische Desserts auf einem Buffet an. Die reichste Auswahl der Stadt.

Das Museu da Cidade (Stadt-Museum)

Befindet sich ebenfalls auf dem Pelourinho-Platz: ausser einigen etwas sonderbaren Exponaten – wie zum Beispiel:
„Flöhe in einer Zigarettenschachtel, angezogen für eine Hochzeit“ – sind interessante Kostüme aus dem „Candomblé“ und persönliche Gegenstände des Dichters „Castro Alves“ ausgestellt, der als erster in der Öffentlichkeit gegen die Sklaverei protestierte.

Das Museu de Arte Sacra (Museum für sakrale Kunst)

Liegt etwas abseits, in der „Rua do Sodré“ und ist für Liebhaber des Rokoko und Barock ein Muss! Man hat das aus dem 17. Jahrhundert stammende Kloster „Santa Teresa“, mit Hingabe zum Detail, für die etwa 400 kostbaren Exponate aus Silber und vergoldetem Holz eingerichtet. Diese Kunstwerke von portugiesischen und brasilianischen Künstlern, darunter Stücke von Aleijadinho, stammen vorwiegend aus privaten Sammlungen. Von der Atmosphäre her wahrscheinlich das schönste Museum Brasiliens.

Der Lacerda-Aufzug

War nach seiner Einweihung 1868 zunächst eine Stahlträger-Konstruktion mit dampfbetriebenen Aufzügen, die im Jahr 1928 durch ein moderneres, noch heute bestehendes System ersetzt wurde: Die elektrisch betriebenen Aufzüge fahren in zwei 85 Meter hohen Zementschächten innerhalb von 15 Sekunden hinauf und hinab. Täglich transportieren sie rund 50.000 Personen. Unten tritt man dann auf den „Praça Cairu“ Platz, links davon, an den Fels geschmiegt, die 1736 vollendete kleine Kirche „Conceição da Praia“, mit einem sehenswerten Deckengemälde. Gegenüber die Marine-Akademie – vor der eine dralle Riesenplastik aus Beton platziert worden ist, die sich jeder halbwegs anständigen Interpretation entzieht. Die Bahianer nennen das „Denkmal“ hintergründig: „die Weichteile des Gouverneurs“.

Mercado Modelo

Der „Mercado Modelo“ ist ein Kunsthandwerks-Markt in der Unterstadt, der dem Lacerda-Aufzug direkt gegenüberliegt. Mit etwas Glück erlebt man auf dem Vorplatz einen „Capoeira-Fusskampf“, während man sich mit Händen und Füssen der fliegenden Händler und Schuhputzer zu erwehren versucht, die sich auf die Touristen stürzen.

Der ehemalige Lebensmittelmarkt bietet, auf zwei überfüllte Stockwerke verteilt, bunte, auffällige oder schlicht kitschige Souvenirs für Touristen, aus Holz, Stoff, Leder, Stein oder buntem Glas. Spezialitäten sind geklöppelte Spitze, Silberschmuck, geschnitzte Holzfiguren und naive Bilder. Wenn man etwas davon versteht, eine Fundgrube für Kenner. Vielsprachig wird man zum Feilschen aufgefordert! Niemand erwartet, dass der Kunde widerstandslos den angegebenen Preis bezahlt!

Im Obergeschoss zwei typische Restaurants, die hier auf mutige Fremde warten, denn sie bieten Delikatessen der afro-brasilianischen Küche.

Die Feira de São Joaquim

Ist ein offener Markt, auf dem alles verkauft wird, was die bahianische Hausfrau in der Küche braucht, Restaurants und Hotels zu Spezialitäten verarbeiten und die Candomblé-Anhänger ihren Heiligen opfern. Wer sich nach echter Marktatmosphäre sehnt, zwischen Hügeln von Früchten und exotischem Gemüse herumsteigen will, zwischen Eseln, Lastwagen und Gespannen über Pfützen springen, der sollte, am besten in aller Herrgottsfrühe, die Markthallen an der Allerheiligen-Bucht besuchen. Hier kauft das Volk ein, und man kann nach ein paar Stunden Gewühl schliesslich siegreich mit einem bildschönen bäuerlichen Tonkrug für den Preis einer Packung Zigaretten wieder auftauchen, der nachher in keinen Koffer passt. Hinter dem Markt beginnt der Strand Boa Viagem. Er führt zu der kleinen Halbinsel Itapagipe, mit den beiden Wallfahrtskirchen Boa Viagem und Bomfim.

„Nosso Senhor de Bomfim“

Vielleicht die wichtigste Kirche in Salvador überhaupt, ist die des „Nosso Senhor de Bomfim“ (1745): Hier findet am dritten Sonntag im Januar die bedeutende Prozession gleichen Namens statt, die „Festa do Bomfim“ (zwischen dem 9. und 18. Januar). Der Kirche werden wunderbare Heilkräfte zugesprochen.

Im „Exvoto-Raum“ findet man Nachbildungen von allen Körperteilen, die nach einer Pilgerreise zu dieser Kirche geheilt und von ihren dankbaren Gläubigen nachgebildet und hier niedergelegt wurden. Auch von den „Candomblistas“ wird diese Kirche verehrt: Und mit Sicherheit bekommt der Besucher Salvadors ein Bändchen um das Handgelenk gebunden, mit der Aufschrift „NS do Bomfim“. Bevor das Band von allein abfällt, sollen dem Träger drei Wünsche in Erfüllung gehen – nicht vorher durchschneiden oder abreissen, denn das bringt Unglück!

„Museu de Arte Moderna“

Es befindet sich in einer alten Zuckermühle, dem „Solar da Unhão“. Eine Keramikwerkstatt und ein Restaurant befinden sich im selben Gebäude.

Die Stadt ist umgeben vom Ozean im Osten und der Allerheiligen-Bucht im Süden und zwischen den Bezirken „Barra“ und „Itapoã“ erstreckt sich ein Band von grossartigen Stränden, mit Wassertemperaturen von 25-28 Grad,  ideal zum Dauerbaden.

Insgesamt sind es 37 Strände verteilt auf 20 Kilometer. Jeder mit einem eigenen klingenden Namen, wie zum Beispiel: „Ondina, Rio Vermelho, Amaralina, Pituba, Chega Nego, Jardim de Alá, Armação, Corsário, Jaguaribe, Pituaçú, Piatã oder Itapoã“. Sie haben alle etwa den gleichen feinen Sand, unterscheiden sich aber doch dadurch, dass in einem Jahr dieser und im nächsten Jahr jener „In“ ist.

Denn als Bahianer kommt man nicht an den Strand, um sich von der Tropensonne halb bewusstlos braten zu lassen, sondern um Leute kennen zu lernen, am lebendigen Geschehen teilzunehmen und ausgelassen zu sein. Dass man dabei auch braun werden kann, ist ein angenehmer Nebeneffekt.

Wo gerade am meisten los ist, erfährt man im Hotel oder kann es bei einer Busfahrt an den Stränden entlang selbst feststellen. Die Strände mit den ganz hohen Wellen sind die beliebtesten.

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