Allgemeine Daten der Sambaschule Estação Primeira de Mangueira
Gegründet: 28. April 1928
Vereinsfarben: Grün/Rosa
Symbol: Trommel, von Lorbeer umrankt, Krone und einige Sterne
Aus dem Stadtteil: „Mangueira“
Präsident: Guanayra Firmino
Karnevalist/In: Annik Salmon und Guilherme Estevão
Karnevalsdirektor: Moacyr
Sänger: Marquinho Art’Samba
Leiter der Perkussions-Gruppe (Mestre de bateria): Wesley
Königin der Perkussion (Rainha da Bateria): Evelyn Bastos
Samba-Enredo 2024 (Themen-Samba)
A Negra Voz do Amanhã
Die schwarze Stimme von morgen
Mitwirkende 2024: 3.500
Alas (Flügel): 26
Allegorische Wagen: 5
Probelokal: Rua Visconde de Niterói 1072 – Mangueira
Proben: Samstags ab 22h
Quadra: Rua Visconde de Niterói 1072 – Mangueira
Werkstatt: Rua Rivadávia Correa 60 – Cidade do Samba – Gamboa
Telefon: (21) 3872 – 6786 (Quadra) und (21) 2518 – 8327 (Werkstatt)
Karnevalssieger Grupo Especial:
2019, 2016, 2002, 1998, 1987, 1986, 1984, 1973, 1968, 1967, 1961, 1960, 1954, 1950, 1949, 1940, 1934, 1933, 1932
Video Impression Karnevalsparade 2024
Video Impression Karnevalsparade 2023
Foto Impression Karnevalsparade 2023
Video Impression Karnevalsparade 2022
Foto Impression Karnevalsparade 2022
Foto Impression Karnevalsparade 2020
Video Impressionen Karnevalsparade 2020
Video Impressionen Karnevalsparade 2019
Foto Impressionen Karnevalsparade 2018
Foto Impressionen Karnevalsparade 2017
Foto Impressionen Karnevalsparade 2016
Foto Impressionen Karnevalsparade 2015
Foto Impressionen Karnevalsparade 2014
Foto Impressionen Karnevalsparade 2013
Aus der Vereinsgeschichte
In Rio de Janeiro existiert ein Palast, der nicht auf die Spitze eines Hügels gebaut ist, der keine Türme besitzt und auch keinen König oder Königin. Seine Adresse weist auf den Fuss des „Morro da Mangueira“ (Mangueira-Hügel) hin, welcher einen Hofstaat in Grün und Rosa beherbergt. Das ist der „Palast des Samba“, wie man das Clubhaus der „Estaçao Primeira de Mangueira“ liebevoll nennt, eine der traditionsreichsten Vereinigungen der Stadt und eine der bedeutendsten Sambaschulen in der Geschichte des Carioca-Karnevals.
Das Datum ihrer Gründung ist umstritten. Die Schule gibt offiziell das Jahr 1928 als Gründungsdatum an. Während der Journalist und Forscher der MPB (Música Popular Brasileira) Sérgio Cabral daran festhält – basierend auf Dokumenten – dass das korrekte Datum der 29. April 1929 sei. Jedoch diese kleine Unstimmigkeit kann selbst den ignorantesten aller Narren nicht in seiner Überzeugung erschüttern, dass die „Mangueira“ bei den Paraden der Sambaschulen einen schwergewichtigen Einfluss genommen hat und noch immer nimmt – um nicht zu sagen, in der brasilianischen Kultur.
Ihre Farben (nach einem Vorschlag des illustren Komponisten Cartola, einem ihrer Gründer) sind einzigartig im Karneval – ihr Name ebenfalls: Ehemals handelte es sich dabei um die erste Station der Eisenbahn „Central do Brasil“, wo tatsächlich Samba gespielt wurde und an dem, damals, viele „Mangueiras“ (Mango-Bäume) standen. Die Schule entstand aus einer Vereinigung verschiedener „Blocos“ jenes Hügels: „Arengueiros, Tia Tomásia, Tia Fé, Senhor Júlio, Mestre Candinho“ und der „Rancho Príncipe das Florestas“.
Bei ihrem Debut in den Paraden – noch nicht offiziell – wurde die „Mangueira“ Bi-Champion mit zwei Sambas, komponiert von Cartola und Carlos Cachaça: „A Floresta“ (1932) und „Uma Segund-feira do Bonfim na Ribeira“ (1933). Im folgenden Jahr gewann sie erneut, diesmal mit einem Samba nur von Cartola: „República da Orgia“. 1936 – mit einer im Stadtkalender schon integrierten Parade – wurde sie zwar nicht Sieger, aber verewigte in der Erinnerung des Publikums eine Spitzenleistung: „Não quero mais amar a ninguém“ – Resultat der Partnerschaft zwischen Cartola und Carlos Cachaça.
Die Mangueira erzielte einige Siege im Karneval ab 1940 – aber nicht zu vergleichen mit ihrer Konkurrentin „Portela“, der grossen Siegerin jener Epoche. Die Kraft der Schule in Grün und Rosa kam aus einer exzellenten Ernte von Sambas, und die machte sie zu einer gewichtigen Konkurrentin. Zwei Sambistas aus jener Zeit wurden unsterblich: „Nelson Sargento und Jamelão“ – letzterer ist der gegenwärtige Interpret der Schule – im Alter von 93 Jahren! Ihnen beiden ist der Erfolg von: „As Quatro Estações do Ano“ (Die Vier Jahreszeiten) von 1955 zu verdanken, der bis heute bei Shows immer wieder intoniert wird: „Oh! Primavera adorada, inspiradora de amores. Oh! Primavera idolatrada, sublime estação das flores“.
In den 60er Jahren gewann ein weiterer Name innerhalb der Schule an Prestige: Hélio Rodrigues Neves, bekannter unter seinem Spitznamen „Hélio Turco“. Am Anfang seiner Karriere schrieb dieser Komponist zwei Sambas, die der Mangueira zu einem zweifachen Sieg verhalfen: „Carnaval de Todos os Tempos“ (1960) und „Recordações do Rio Antigo“ (1961). 1967 wurde ein weiterer Samba der Mangueira – ebenfalls geschrieben von Turco – in die Anthologie der grossen Samba-Kompositionen aufgenommen: „O Mundo encantado de Monteiro Lobato“, den die „Escola Mirim“ (Kinderabteilung der Mangueira) erst kürzlich neu aufgenommen hat. Insgesamt brachte der Komponist 16 Sambas innerhalb der Mangueira heraus.
Obwohl ihr in den 70ern nur ein einziger Sieg gelang (mit „Lendas do Abaeté“ 1973) hinterliess die Mangueira andere erinnerungswürdige Werke, die in die Geschichte eingingen: „Imagens poéticas de Jorge de Lima“ (1975) und „No reino da Mãe do Ouro“ (1976). Erneut Champion wurde sie erst wieder 1984, als sie die Tribünen wackeln liess mit dem Thema: „Yes, nos temos Braguinha“. Damit weihte man damals gerade den neuen Sambódromo in Rio de Janeiro ein, und jenen Samba-Schulen, die am besten abgeschnitten hatten, präsentierten sich erneut am darauf folgenden Samstag, um zu sehen, wer nun als „Super-Champion“ abschneiden würde. Es war die „Grün und Rosafarbene“ – die Einzige, die jenen Titel je erhielt!
Zwei andere Siege kamen gleich darauf, im Jahr 1986 „Caymmi mostra ao mundo o que a Bahia e a Mangueira têm“ und 1987 „No reino das palavras, Carlos Drummond de Andrade“. Nach einer Periode des Auf und Ab eroberte sie 1998 erneut einen Spitzensieg mit „Chico Buarque da Mangueira“. In jenem denkwürdigen Jahr teilte sie sich den Titel mit der „Beija-Flor“ aus Nilópolis. 2002 wurde sie mit dem Karnevalisten Max Lopes erneut Champion – sie rühmte die Schönheiten des brasilianischen Nordostens mit dem Thema „Brasil com Z é pra cabra da peste, Brasil com S é a nação do Nordeste“ (Brasilien mit Z ist für die Katz – Brasilien mit S ist die Nation des Nordostens).“
Am 22. Januar stirbt Dona Zica ein Symbol der Mangueira und des Carioca-Karnevals. Als Mutter des Komponisten Cartola, der 1980 starb, war Dona Zica 89 Jahre alt geworden – ein Herzschlag setzte ihrem Leben ein Ende. Die Schule erreichte den 2. Rang mit dem Thema: „Os Dez Mandamentos – O samba da paz canta a saga da liberdade“ (Die Zehn Gebote – Der Samba des Friedens besingt die Saga der Freiheit).
2007 reichte es noch einmal für eine Platzierung unter den ersten drei mit dem Thema „Minha Pátria é Minha Língua. Mangueira meu Grande Amor – meu samba vai ao lácio e colhe a última flor“ (Meine Heimat ist meine Sprache. Mangueira meine grosse Liebe – mein Samba pflückt die letzte Blume des Lácio).
Unter dem Motto „Mangueira é música do Brasil“ (Mangueira ist die Musik Brasiliens) präsentierte die Schule 2010 ein Potpourri an Rhythmus und Leidenschaft. 8 Allegoriewagen, 37 Kostümgruppen mit insgesamt 4.000 Teilnehmern erzählten von der Geschichte der brasilianischen Musik, von Samba und Bossa Nova, von Tropicalia und MPB bis hin zum Rock der 80er Jahre mit seinen grossen Festivals. Hier trat sich ein echter Titelaspirant hervor, der zuletzt 2002 ganz oben auf dem Treppchen stand. Die Präsentation zeigte gigantische Motivwagen, spektakuläre Kostümen und einzigartige Kreativität. Leider wurde die tolle Parade nur mit dem 6. Schlussrang belohnt.
Die Parade 2011 stand unter dem Motto „Der treue Sohn, stets Mangueira“. Der 17-fache Titelgewinner widmete diese Parade dem Samba-Komponisten Nelson Cavaquinho, der in diesem 100 Jahre alt geworden wäre. Die einzelnen Kostümgruppen und Motivwagen zeigten dementsprechend Stationen seines Lebens und Schaffens. Viel Zeit konnten sich die rund 4.000 Teilnehmer der Schule allerdings nicht lassen, denn durch das Vorlesen eines Gedichtes zu Ehren des Künstlers begann bereits die Uhr zu laufen. Trotzdem kam der gesamte Tross mit seinen acht Allegoriewagen gerade noch rechtzeitig ins Ziel.
Beim Karneval 2012 versuchte die Grün-rosa Mangueira Schule zu demonstrieren, dass die Avenida Marquês de Sapucaí auch eine Bühne für die traditionellen Strassenblöcke sein könnte – und erzählte mit ihren Allegorien die Geschichte des Strassen-Blocks “Cacique de Ramos“, der im Jahr 2011 sein 50-jähriges Bestehen feierte.
Die Empathie des Publikums mit dem Thema erschreckte niemanden: Nach zirka zwanzig Minuten der Parade, als die Percussion und der Samba-Interpret plötzlich schwiegen, begann das Publikum den Themen-Samba zu schmettern: “Vou festejar! Sou Cacique, sou Mangueira“ (Ich werde feiern! Bin Cacique, bin Mangueira!)
Im vergangenen Jahr erreichte die “Mangueira“ den dritten Platz mit dem Thema über Nelson Cavaquinho – 2012 träumt sie wieder von der Bestnote der Juroren. Ausser den Innovationen der “Bateria“ – dirigiert von Maestro Ailton Nunes – kann die Schule sich auf luxuriöse Allegorien und Kostüme stützen, mit denen sie bestimmt gute Noten bekommt. Die Juroren sahen das aber anders und die „Mangueiras“ erhielten 297 Punkte gutgeschrieben, was den für sie enttäuschenden 7 Schlussrang bedeutete.
In Erwartung ihres 19. Titels setzte die Mangueira 2013 auf das Thema “Cuiabá: ein Paradies im Zentrum Amerikas“ – und wartete auf mit Naturschönheiten, Sitten und Gebräuchen und der Geschichte der Hauptstadt des Bundesstaates Mato Grosso. Die Stadt wurde 1719 von den “Bandeirantes“ (portugiesische Söldnertruppen) gegründet und verfiel gegen Ende des Gold-Rush – Anfang des 20. Jahrhunderts – in Vergessenheit.
Mangueira präsentierte zwei Perkussions-Gruppen mit insgesamt 500 Rhythmikern, die sich während der Parade abwechselten. “Die Perkussion war ein Spektakel für sich. Sie werden weder gestern noch heute ein Spektakel dieser Grössenordnung zwischen diesen Tribünen sehen. Das war historisch!“ sagte Ivo Meirelles, der Präsident der Schule nach der Parade ergriffen.
Es gab den Wagen “Reino do Eldorado em busca do ouro, o nascimento do Cuiabá“ (Reich des Eldorado: auf der Suche nach Gold, die Entstehung von Cuiabá) – er zeigte Indios, Bandeirantes und dunkelhäutige – die Basis der cuiabanischen Bevölkerung – und Gold.
Die Allegorie “Mythen und Legenden“ präsentierte die Folklore und die Kultur von Cuiabá – mit mythologischen Persönlichkeiten, wie Tibanaré, den alten Indianer, der sich des nachts in einen Vogel verwandelt. Die vierte Allegorie präsentierte “Kunst und Geschmack“ – die Vielfalt des Kunsthandwerks und der regionalen Küche.
Am Ende der Parade präsentierte die “Mangueira“ die Stadt Cuiabá als eine Stätte der Möglichkeiten – und als einen der ausgewählten Austragungsorte der WM 2014. Und der letzte Wagen “Anhaltende Entwicklung ist angesagt“ lud Brasilianer und Ausländer ein zu diesem sportlichen Event – und erbat gleichzeitig ein Nachdenken über ambientale Fragen, besonders betreffs der Erhaltung des regionalen “Tierparadieses Pantanal“. Der 19. Titel wurde es nicht, sondern den für Mangueira enttäuschenden 8. Schlussrang.
Das 2014 von der “Estação Primeira de Mangueira“ ausgewählte Thema “A festança brasileira cai no samba da Mangueira“ (Die brasilianischen Feste fallen auf den Samba der Mangueira) soll der Schule einen weiteren (den zwanzigsten) Titel bringen.
Mangueira zeigte eine Parade reich an Details und mit imponenten allegorischen Wagen voller überraschender Beleuchtungseffekte. Die mehr als 500 Jahre Brasiliens wurden innerhalb der einzelnen Zelebrierungen behandelt – seit seiner Entdeckung bis zu den Traditionen der jüngeren Geschichte, wie zum Beispiel die ”Gay-Parade“. ”Chegando à terra da garoa um arco-íris despontou / orgulho, respeito, igualdade / tremula a bandeira da diversidade”. (Aus dem Land des Nieselregens erschien ein Regenbogen / Stolz, Respekt und Gleichheit / flatternd die Fahne der Verschiedenheit).
Die chronologische Reihenfolge der Parade begann mit der Ankunft der Schiffe von Pedro Álvares Cabral. Das Zusammentreffen zwischen Eingeborenen und Kolonisatoren wurde von der Front-Kommission präsentiert.
Ausser ihres Portraits der nationalen Geschichte reiste die “Mangueira“ durch das gesamte Territorium, um von Nord nach Süd die unterschiedlichsten Feste zu präsentieren, wie zum Beispiel das “Festa da Uva“ (Weinfest) in der Südregion, oder den “Bumba-meu-Boi“ (Fest des Ochsen), im Nordosten. Die Parade endete mit dem Fest am Ende des Kalenders – den Farben Weiss und Silber des “Reveillon“ (der Jahreswende – unserem Sylvester). Die Schule machte an dieser Stelle noch eine Anspielung auf das weltweit bekannteste “Fest Brasiliens“, dem Karneval.
Das “Fest der Mangueira“ endete für die Traditionsschule auf dem enttäuschenden 7. Schlussrang.
Die Parade 2015 der Estação Primeira de Mangueira fand ebenfalls im Regen statt, was einigen Teilnehmern Sorgen bereitete. Zudem hatten einige Wagen Schwierigkeiten mit dem Eingangstor zur Sapucaí. Einer davon stiess mit einem Pfeiler zusammen und zwei andere brauchten unzählige Manöver, um endlich einfahren zu können. Die Schule musste sich am Ende der Parade gar sputen, die sie mit 1 Stunde und 21 Minuten, nur eine Minute vor der Zeitbegrenzung, gerade noch schaffte.
Mangueira erschien mehr in Rosa als Grün, um die grossen Damen der brasilianischen Geschichte und ihrer Schule zu besingen. Das Samba-Thema passend dazu:
“Agora chegou a vez vou cantar, Mulher de Mangueira, Mulher Brasileira em primeiro Lugar“ (Jetzt ist es Zeit zu singen, die Frau der Manguera, die brasilianische Frau an erster Stelle)
Die grosse Leinwand im vierten Wagen, auf der die Gesichter von Frauen der Mangueira als Projektion zu sehen waren, verlosch leider verschiedene Male während der Parade, so dass dort nur ein schwarzes Quadrat zu sehen war, was sicher auch Punkteabzuge geben wird.
Die Mangueira – eine der traditionellsten Schulen Rios – wird im April 2015 87 Jahre alt. Zu den bereits 17 Titel im Karneval von Rio de Janeiro wollten die Verantwortlichen in diesem Jahr die 12 Jahre lange Pause ohne Sieg endlich beenden. Die erhaltenen 267,1 Punkte reichten gerade Mal zum 10. Schlussrang. Der letzte Sieg bleibt somit im Jahr 2002 stehen.
Mangueira hat mit ihrer Parade 2016 die Sängerin Maria Bethânia geehrt, die dieses Jahr ihr 50stes Karriere-Jubiläum feiert. Der Karnevalsko Leandro Vieira hat sich bei der Erarbeitung des Themas vor allem von der religiösen Seite der Sängerin inspirieren lassen.
Die ist 1946 in Santo Amaro da Purificação geboren und in einer katholischen Familie aufgewachsen. Sie ist aber auch Anhängerin der afrobrasilianischen Religion Candomblé. Den dazugehörenden Themen-Samba”A Menina dos Olhos de Oyá” (Das Mädchen mit den Augen von Oyá)
Ein weiterer Höhepunkt war der allegorische Wagen, über dem ein enormer Greifvogel thronte, ein Carcará. Der Caracá war Namenspate für ein Lied, mit dem Maria Bethânia 1965 ihre erfolgreiche Karriere gestartet hat.
Zum letzten Mal hat Mangueira die Sambaparaden der Elitegruppe wie erwähnt im Jahr 2002 gewonnen. Insgesamt vereint sie 17 Titel. Umso grösser war die Freude über den 18. Titel der nun 2016 dazugekommen ist.
Als letzte Schule ist der Champion von 2016 auf die Samba-Avenida eingezogen, Estação Primeira Mangueira. Der Vorjahressieger hat mit Witz und Einfallsreichtum die Religiösität und die Bedeutung des Glaubens im Leben der Brasilianer dargestellt. “Nur mit der Hilfe des Heiligen“ (Só com a ajuda do santo) lautete ihr Thema. Als Heilige ist auch die Percussiongruppe aufgetreten. Sie waren als Heiliger Franziskus gekleidet.
Dem Sankt Georg wurde ein alegorischer Wagen mit einem gigantischen Drachen gewidmet und dem Heiligen Mann oben auf. Vertreten waren ebenso die Gottheiten des Candomblé, die Orixás. Die in Brasilien mit den Heiligen der katholischen Kirche verschmolzen sind.
Diverse Alas haben berühmte Wallfahrten Brasiliens dargestellt, wie die zur “Nossa Senhora do Nazaré“, die jährlich Millionen Gläubige anzieht. Vertreten war ebenso “Nossa Senhora da Aparecida“.
Ganz perfekt war die 2017 Parade Mangueiras allerdings nicht. Auch sie hatte Probleme mit einem Wagen. In einem Rad hatte sich eine Plastikfolie verfangen und dieses blockiert.
Durch den Stillstand des Wagens ist eine große Lücke in der Parade entstanden. Mit Punktabzügen musste die Sambaschule rechnen, die sich aber in Grenzen hielten. Mangueira erreichte trotz der Probleme den 4. Schlussrang.
Die renommierte Sambaschule Estação Primeira de Mangueira hat mit ihrer Darbietung die alten Traditionen des brasilianischen Karnevals wieder aufleben lassen. Com dinheiro ou sem dinheiro eu brinco (Ich spiele, ob mit Geld oder ohne Geld) lautete die Kernbotschaft ihres Enredos.
Damit sollte unter anderem auf die Bedeutung des Karnevals als größtes Volksfest Brasiliens hingewiesen werden. Es war aber auch eine Kritik an der Politik des Bürgermeisters Marcelo Crivella. Der konservative Politiker und Bischof einer evangelikalen Freikirche hat die Zuschüsse für die Sambaschulen gekürzt. Das wurde entsprechend kritisiert.
Das Sparprogramm hat aber auch zu einer Rückbesinnung geführt. Statt mit Luxus zu protzen hat Estação Primeira de Mangueira mit außerordentlicher Kreativität aufgewartet. Sie hat Harlekin und Columbine auf die Samba-Avenida gebracht und ebenso die traditionsreichen „blocos“ (Karnevalsblöcke), die den Straßenfasching Rio de Janeiros animieren.
Die Botschaft – Ich spiele, ob mit Geld oder ohne Geld brachte Mangueira auf den 5. Schlussrang der Paraden 2018.
Eine mehr als beeindruckende Parade hat Estação Primeira de Mangueira 2019 auf die Samba-Avenida gebracht. Sie hat mit imposanten Allegorien die Geschichte Brasiliens aus einem anderen Blickwinkel erzählt und diejenigen geehrt, die nicht in den Geschichtsbüchern auftauchen aber dennoch Land und Gesellschaft nachhaltig beeinflußt haben (História pra ninar gente grande – Geschichte, um große Leute zu beruhigen).
Einen großen Raum hat Estação Primeira de Mangueira den Indios gewidmet, den Bewohnern des Landes vor der Ankunft der Europäer, die wiederum als Invasoren dargestellt wurden. Aufgezeigt hat sie ebenso die Jahrtausende alte Kultur der indigenen Völker und damit deren hoch entwickelte Gesellschaften.
Wieviel Blut an den Händen so mancher in den geltenden Geschichtsbüchern als Helden Verehrte klebt wurde eindrucksvoll mit einer in Rot gehaltenen Allegorie dargestellt. Mit ihr wurde unter anderem auf den Völkermord an den Ureinwohnern des Landes verwiesen.
Kritisiert wurde dabei ebenso die von der Regierung Jair Bolsonaros angeordnete Zerstückelung der Indio-Behörde Funai.
Während in den Geschichtsbüchern Sklaven als kulturlose Menschenmasse auftaucht, hat Mangueira mit einer der Allegorien die reichhaltige Kultur und Kunst afrikanischer Völker betont.
Lücken weisen Aufzeichnungen im Bezug auf die Militärdiktatur (1964 – 1986) auf. Viele Morde sind immer noch ungeklärt, wie Mangueira angeprangert hat. Gleiches gilt für den Mord an der Menschenrechtlerin Marielle Franco, auf den einmal mehr hingewiesen wurde.
Einmal mehr hat Mangueira eine aufsehenerregende Parade geboten, die mit Sicherheit vielen lange in Erinnerung bleiben wird, ganz besonders der weltweiten Mangueira Familie, den nach dem letzten Sieg 2016 nun insgesamt 19. Titel feiern kann.
Wie schon im Vorjahr hat Mangueira auch dieses Jahr wieder ein einzigartiges Spektakel geliefert. Das Thema des Vorjahres-Champion heisst 2020: A Verdade Vos Fará Livre – ”Die Wahrheit macht uns frei” und hat dabei einmal mehr Gesellschaftskritik geübt und für etliche Überraschungen gesorgt.
Im vergangenen Jahr hatte sich Mangueira den von den Geschichtsschreibern vergessenen Helden gewidmet, unter anderem den Indios, Afrobrasilianern und der armen Bevölkerung. Auch dieses Jahr standen die sogenannten Randgruppen wieder im Mittelpunkt der Parade.
Mangueira ließ Jesus aber auch als schwarzes Kind von schwarzen Eltern zur Welt kommen, zeigte ihn als armen Mann, der er laut Bibel eigentlich war und als jungen Mann aus der Favela ans Kreuz genagelt. Auf dem lautete die Inschrift allerdings nicht INRI, sondern “Negro“.
Mangueira hat ebenso an die Toleranz gegenüber den Religionen appelliert. So sind über 20 Vertreter und führende Persönlichkeiten verschiedenster Religionen und Glaubensrichtungen mitmarschiert. Der letzte Wagen zeigte Christi-Himmelfahrt. Die ließ Vieira in der Favela der Mangueira stattfinden. Allerdings war die Favela nicht in tristen Farben gehalten, sondern bunt. Die eindrückliche Parade brachte Mangueira auf den 6. Schlussrang.
Die traditionsreiche Sambaschule Estação Primeira de Mangueira hat die Avenida im Sambódromo in ein rosafarbenes Meer verwandelt. 50 Nuancen Rosa war zwar nicht das Thema der Mangueira.
Das hat sich drei herausragenden Persönlichkeiten des Karnevals gewidmet, die gleichzeitig für drei Säulen der Paraden stehen: Jamelão, Delegado und Cartola. (Angenor, José & Laurindo) – Angenor, José und Laurindo hiess der Enredo 2022 dazu.
Jamelão war Sambasänger. Delegado hat als Tänzer brilliert. 36-mal ist er als Mestre Sala durch das Sambódromo getanzt. 36-mal hat er dabei keine andere Note erhalten als die Höchstnote 10. Cartola steht für Poesie.
Der Sänger, Komponist und Poet hat unter anderem das Lied „As rosas não falam” geschrieben. Dem hat Mangueira eine eigene Allegorie mit gigantischen Rosen gewidmet, aus denen zur Überraschung des Publikums Parfüm ins Sambodrómo sprühte.
Schon die Frontkommission hat für Aufsehen gesorgt. Dort tanzten zunächst grau gekleidete Männer, Frauen und Kinder, um die Sambatänzer der Favela zu symbolisieren. Dabei blieb es aber nicht. In Bruchteilen einer Sekunde haben sie ihr Aussehen und ihre Kleidung geändert und sich plötzlich in den Farben der Mangueira Rot und Grün zu präsentieren. Am Ende reichte es Mangueira für den 7. Schlussrang.
Unter dem Samba-Thema «As Áfricas que a Bahia Canta» (Die Afrikas, die Bahia besingt) hat die traditionsreiche Sambaschule die Geschichte des Karnevals Bahias und seiner Rhythmen erzählt. Beide haben ihre Wurzeln in Afrika. Bei den Allegorien hat Mangueira auf die Kulturen afrikanischer Völker gesetzt, die letztlich den Karneval Bahias geprägt haben. Auch Mangueira hat dabei mit Luxus und gigantischen Skulpturen aufgewartet. Im Mittelpunkt der übergroßen Skulpturen standen schwarze Frauen, Sängerinnen, Gottheiten, Königinnen. Mangueira hat sich mehr versprochen als der 5. Schlussrang.
Im Jahr 2024 feiert die Sängerin Alcione das 50-jährige Bestehen ihrer Karriere. Als Künstlerin und schwarze Frau hatte sie mit Herausforderungen wie Sexismus und Rassismus zu kämpfen. Die Künstlerin ist zu einer brasilianischen Frauenikone geworden und setzt sich für religiöse Vielfalt und Respekt ein. Mangueira thematisiert Alciones familiären Glauben, ihre Verbundenheit mit den kulturellen Manifestationen von Maranhão und ihren Kampf um die Verwirklichung ihres Traums, Sängerin in Rio de Janeiro zu werden. Alciones Traum mit Mangueira die Parade zu gewinnen wurde mit dem 7. Rang nicht erfüllt.