Zeca Pagodinho

Zuletzt bearbeitet: 19. Januar 2013

Zeca PagadinhoZeca Pagodinho erblickte am 4. Februar 1959 in Irajá das Licht der Welt, einem Vorort von Rio de Janeiro. Getauft wurde er unter dem Namen Jessé Gomes da Silva Filho. Seine Eltern, Seu Jessé und Dona Iréia, begrüssten ihn als das vierte von insgesamt fünf Kindern. Schon sehr früh büchste der Junge von der Schule aus, um heimlich mit Freunden auf improvisierten Instrumenten Samba-Musik zu zelebrieren. Und nachdem er die Vierte Klasse glücklich überstanden hatte, wollte er nichts mehr von der Schule wissen.

In den 70er Jahren entwickelte sich ein gewisser “Samba-Stil der Hinterhöfe“ zu einem wahren Fieber in den Vororten von Rio de Janeiro. Und zwischen einem und dem anderen Samba versuchte Zeca sich durchzubringen, so gut es eben ging: er arbeitete als Marktschreier, Bauchladenverkäufer, Officeboy und in vielen anderen Aktivitäten – er machte alles, was man ihm anbot. Aus jener Zeit stammen ein paar wertvolle Freundschaften, wie zum Beispiel die zu Sérvula, Dorina, Paulão Sete Cordas, Monarco, Mauro Diniz, Almir Guineto, Bira Presidente, Dudu Nobre, Beto Sem Braço und Arlindo Cruz. Er frequentierte ebenfalls die so genannten “Rodas do Cacique de Ramos“ (Treffs mit Sambistas).

In Rio findet man den Samba an allen Ecken und Enden. Jeder Stadtteil hat ein Eckchen – oder einen ganzen Strassenzug – in dem grosse “Sambistas“ (Samba-Musiker) ihre Karriere begonnen haben. Hier ein paar Beispiele: Der Stadtteil Vila Isabel war die Startrampe für von Noel Rosa und Martinho da Vila (letzterer kam eigentlich aus Duas Barras im Interior des Bundesstaates Rio de Janeiro), Elton Medeiros stammt aus dem Stadtteil Glória, Cartola wurde im Stadtteil Catete geboren, ist in Laranjeiras aufgewachsen und hat schliesslich in Mangueira Karriere gemacht, Botafogo war die erste Adresse von Paulinho da Viola, Nelson Cavaquinho stammt aus Tijuca, Beth Carvalho zog um in die Zona Sul, nachdem sie im Stadtteil Gamboa geboren worden war, und Nei Lopes verbrachte seine Kindheit in Irajá, demselben Stadtteil, in dem ein gewisser Jessé Gomes da Silva Filho das Licht der Welt erblickt hatte.

Nachdem er denselben Namen seines Vaters bekommen hatte, reihte sich das Baby ein in die Gemeinschaft seiner Geschwister Icléa (1952), Jorge Roberto (1954) und Ircéia (1957). Das Team von Seu Jessé und seiner Frau Dona Irinéia bekam dann noch einen etwas verspäteten Zuwachs 1964 – mit der Ankunft von Isabel. Während seiner Ausflüge und Abenteuer zwischen Irajá und Del Castilho, mischte sich der Junge gern unter die viel Älteren. Neben seinen ersten Schritten in einer Samba-Schule, bekam er ein paar Extra-Lektionen in Lebensphilosphie vom “Professor“ Thybau, seinem Grossonkel, dem Patriarchen der Familie, einem ausgefuchsten Bohemien, der bei sämtlichen Festivitäten der Umgebung mit dabei war. Während seiner Jugend erhielt Zeca stets Einladungen zu den nächtlichen Abenteuern seines Bruders und dessen Freunden Zé Vaca Brava und Seu André. Und weil er noch minderjährig war, versteckte er sich mit seinen 14 Jahren unter den Tischen der Bar, wenn eine Streife des Jugendamtes vorbeisah.

Sein Gefallen am Nachtleben und am Samba entfernte ihn bald vom Klassenzimmer. Er dachte nur noch an Musik und mit ihr wollte er sich beschäftigen. Ausserdem war er ein Junge mit einem seltenen Charme und Charisma, dem die Mädchen aus der Nachbarschaft nicht widerstehen konnten. Dorina, eine talentierte Samba-Interpretin und seine Freundin aus jenen Tagen, bestätigt, dass es nur wenige Mädchen gab, die Zecas Überredungskunst gewachsen waren. Er aber schwört mit geschlossenen Beinen, dass er jeweils nur einer den Hof machte – einen Harem, wie die andern behaupten, hat er nie gehabt.

Immer auf der Hut vor dem Jugendamt, konnte man Zeca überall antreffen – sämtliche Barbesucher kannten ihn – und nachdem er endlich volljährig geworden, gab es für ihn kein Halten mehr. Er konnte stets auf die Begleitung seiner Freunde zählen, und den Transport für seine nächtlichen Abenteuer konnte er sich sogar aussuchen: entweder Omnibus oder auf dem Sozius des Motorrads von Sérvula, eine seiner besten Freundinnen und Partnerin seiner Boheme. Mit oder ohne Motorrad war dieses Doppel bei den verschiedensten Samba-Runden, Karnevalsblocks und Festen der Nordzone anzutreffen. Beide bevorzugten stets jene Veranstaltungen, bei denen der so genannte “Partido-Alto“ im Mittelpunkt stand – eine bestimmte Modalität des Samba, welche gegen Ende der 70er Jahre in Mode kam.

Das Geld für Essen und Trinken war eigentlich nie ein Problem, er war es gewöhnt, mit wenig auszukommen. Aber, weil ihm die unzähligen Schoppen Bier und die Teilnahme am Nachtleben der Cariocas nicht in den Schoss fielen, brauchte Zeca doch hie und da Geld, um sein Boheme-Leben zu finanzieren. Und das holte er sich mittels der schon anfangs erwähnten Gelegenheitsarbeiten – allerdings hat er sich stets aus zwielichtigen Geschichten herausgehalten. Zwischen seiner ernsten Arbeit bei Tag und dem Samba-Training bei Nacht gruppierte sich um den Jungen eine Gruppe von Freunden, die ihn während seines gesamten Lebens begleiten sollten.

Gegen Ende der 70er Jahre und Anfang der 80er machte sich Zeca zunehmend einen Namen als respektierter Versemacher – und er schrieb seine Sambinhas. Zusammen mit dem Flötisten und Freund Cláudio Camunguelo nahm er seine erste Platte auf: “Amargura“ (Bitterkeit) war seine erste Eigenkomposition. Sie wurde dann ins Repertoire der zweiten Platte der Gruppe “Fundo de Quintal“ integriert, welche sich aus Mitgliedern des Karneval-Blocks “Cacique de Ramos“ zusammensetzte. Diese Musik erregte die Aufmerksamkeit des grossen Arlindo – er sprach den jungen Komponisten anlässlich einer Samba-Runde im Stadtteil Quintino darauf an. Ihr Gespräch brachte Zeca weitere Treffen mit dem Maestro ein – und die wurden immer häufiger – und bald waren die beiden unzertrennlich. Man hätte ihnen vielleicht den Namen “Dynamisches Doppel“ verleihen können, aber die Freunde der Samba-Runden nannten sie, wegen ihrer enormen physischen Unterschiede, nur “Gordo e Magro“ (Dick und Mager).

Zwar hatte die Sängerin Beth Carvalho bereits die Patenschaft für die Gruppe “Fundo de Quiintal“ übernommen, fand aber persönlich Gefallen an der Komposition “Camarão Que Dorme A Onda Leva“ (Den schlafenden Shrimp fegt die Welle weg) von Arlindo Cruz, Beto Sem Braço und Zeca. Unter diesen Dreien wurde Zeca ausgewählt, diese Komposition mit der nötigen Orchestrierung auf Platte zu bringen – und er, der überhaupt noch nie in ein Mikrophon gesungen hatte, bekam sogar eins aus Gold vor die Nase! Wie sollte es anders sein – “Camarão“ wurde ein Hit und bekam sogar einen Clip in der TV-Sendung “Fantastico“!

Und nach vielen weiteren Plattenaufnahmen, nach Partnerschaften und Shows, hatte “Zeca Pagodinho“, wie sie ihn jetzt zu nennen pflegten, sich ins Herz des Volkes gesungen. Obwohl ein wenig schüchtern, bewegte er sich sicher auf Bühnen aller Grössen und schaute jeder Art von Publikum tapfer ins Auge. Inzwischen war er die Attraktion der “DiretTV Music Hall“, der Claro Hall, des Canecão und des Teatro Municipal – alle ausverkauft. Nachdem er schliesslich sogar einen GRAMMY gewonnen hatte, fasste er sich ein Herz und nahm seine Musik mit auf Tournée in Europa, Afrika und Nordamerika.

Sein besonderes Charisma stürzte die einzelnen TV-Kanäle in einen harten Wettstreit untereinander – jeder wollte plötzlich den Jungen aus “Rios Suburb“ präsentieren. In seiner bekannt misstrauischen Art sass Zeca auf dem Sofa von Hebe Camargo, stand er auf der Bühne von Faustão, Raul Gil und Gugu, sass im Sessel von Jo Soares und sogar auf dem Stuhl des unehrerbietigen Punks João Gordo vom modernistischen MTV-Kanal. Übrigens war es der MTV, welcher Zecas elegantestes Kapitel seiner Geschichte schrieb – mit einem ausgewählten Repertoire und einem Orchester, welches einem Luciano Pavarotti zur Ehre gereicht hätte: das Album “Acústico MTV Zeca Pagodinho“ kam im Jahr 2003 auf CD und DVD heraus – und wurde sofort ein Riesenerfolg. Der Grund? Vielleicht weil ein Mann auf der Bühne stand, der nie den engen Kontakt zu seinem Volk, seinen Wurzeln und seiner Essenz verloren hatte.

Zeca Pagodinho brachte im Jahr 2005 die CD “À VERA“ heraus und 2006 wiederholte er seine Partnerschaft mit dem MTV-Kanal, der sein akustisches Projekt mit dem gleichen Künstler wiederholte – die CD + CVD “Acústico MTV 2: Gafieira – Zeca Pagodinho” erschienen. 2008 veröffentlichte Zeca die bis jetzt letzte CD mit dem Titel “Uma prova de Amor“.

Diskographie Zeca Pagodinho
  • UMA PROVA DE AMOR (2008)
  • RARIDADES (2007)
  • ACÚSTICO MTV 2 – GAFIEIRA (2006)
  • À VERA (2005)
  • ACÚSTICO MTV – ZECA PAGODINHO (2003)
  • DEIXA A VIDA ME LEVAR (2002)
  • ÁGUA DA MINHA SEDE (2000)
  • ZECA PAGODINHO AO VIVO (1999)
  • ZECA PAGODINHO (1998)
  • HOJE É DIA DE FESTA (1997)
  • DEIXA CLAREAR (1996)
  • SAMBA PRAS MOÇAS (1995)
  • ALÔ, MUNDO! (1993)
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