Brasilien ist, das wurde schon erwähnt, das Land mit den meisten bekannten Primaten unserer Erde. Es sind rund 118 Arten, die sich auf 4 Familie und 19 Gattungen verteilen (weltweit gibt es ca. 260 Arten). Viele von ihnen hat man erst in jüngster Zeit entdeckt, und 10 Arten wurden ab 1995 erst beschrieben.
Selbst in stark fragmentierten Regionen, wie dem Atlantischen Regenwald, hat man neue Arten entdeckt, wie zum Beispiel den von den Brasilianern als “Mico-leão-de-cara-preta“ (Schwarzgesichtiges Löwenäffchen – Leontopithecus caissara) bezeichneten kleinen Primaten, oder zwei neue Spezies des “Guigó“ (Callicebus coimbrai und Callicebus barbarabrownae) – alle erst entdeckt während der 1990er Jahre.
Sämtliche Familie und fast alle Gattungen amerikanischer Primaten finden sich in Brasilien (mit Ausnahme der Gattung Oreonax, die in Peru heimisch ist), und einige Gattungen, wie Leontopithecus (Löwenäffchen), Brachyteles (Spinnenaffen), Callibella (Seidenäffchen) und Callithrix (Marmosetten), sind sogar endemisch in Brasilien, das heisst, sie kommen nur in diesem Land vor. Taxonomisch gesehen, gehören alle brasilianischen Affen zu den Platyrrhini – das bedeutet, es sind “Neuweltaffen“.
Klassifizierung der Primaten Brasiliens
Familie Aotidae (Nachtaffen)
Familie Atelidae (Klammerschwanzaffen)
Unterfamilie Alouattinae (Brüllaffen)
Unterfamilie Atelinae (Klammerschwanzaffen)
Familie Cebidae (Kapuzinerartige)
Unterfamilie Callitrichinae (Krallenaffen oder Krallenäffchen)
Unterfamilie Cebinae (Kapuzineraffen)
Unterfamilie Saimiriinae (Totenkopfaffen oder Totenkopfäffchen)
Familie Pitheciidae (Sakiaffen)
Unterfamilie Callicebinae (Springaffen)
Unterfamilie Pitheciinae (Sakis, Bartsakis)
Die grosse Mehrheit der brasilianischen Primaten lebt im Biom Amazonien – mit zirka 92 registrierten Arten. Es folgt der Atlantische Regenwald als Lebensraum von 24 Arten. Der Cerrado und das Pantanal beherbergen zusammen 5 Arten, und in der Caatinga leben 7 – aus der Pampa der Gaúchos, im Süden, ist nur eine einzige Art bekannt. Verschiedene Arten leben in geografisch sehr begrenzten Lebensräumen, zum Beispiel die Löwenäffchen.
Die Arten der Gattung “Sapajus“ (Kapuzineraffen) sind am weitesten verbreitet, so wie auch die Brüllaffen, unter ihnen der “Alouatta caraya“ – er ist überhaupt der am weitesten verbreitete brasilianische Affe. Dagegen hält sich das Schwarzgesichtige Löwenäffchen im allerkleinsten geografischen Habitat auf – man findet diesen winzigen Primaten nur am nördlichen Küstenstreifen des Bundesstaates Paraná und Abschnitten der Südküste des Bundesstaates São Paulo. Anderen Arten wurde ihr Lebensraum radikal beschnitten, wie zum Beispiel dem Schwarzen Löwenäffchen (Mico-leão-preto) und dem Goldenen Löwenäffchen (Mico-leão-dourado).
Unterfamilie Alouattinae (Brüllaffen)
Alouatta ist eine Gattung von Neuweltaffen aus der Familie Atelidae, Unterfamilie Alouattinae, im brasilianischen Volksmund bekannt als “Bugio, Guariba“ oder “Barbado“. Die Taxonomie (Biosystematik) der Gattung ist sehr vielfältig und umfasst eine Klassifizierung in drei grossen Komplexen:
- A. palliata (Brüllaffen Zentralamerikas)
- A. seniculus (rothaarige Brüllaffen aus Amazonien und rothändige Brüllaffen aus dem Atlantischen Regenwald)
- A. caraya (eine einzige Spezies, typisch für den Cerrado und das Pantanal).
und
Die Andenkette trennte zwei grosse Gruppen von Affen dieser Gattung: die zentralamerikanischen Arten und die südamerikanischen. Sie sind geografisch weit verbreitet – von Mexiko bis zum Norden von Argentinien. Es sind relativ grosse Tiere, die sich vorzugsweise von Blättern ernähren (Folivoren). Sie leben in Gruppen von durchschnittlich zehn Individuen, innerhalb einer poligynischen Organisation (ein Männchen mit mehreren Weibchen). Wie bereits ihr Name sagt, sind sie äusserst stimmgewaltig – ihren morgendlichen Chor kann man über viele Kilometer weit hören.
Unterfamilie Atelinae (Klammerschwanzaffen)
Atelinae ist eine Unterfamilie von Primaten, die zusammen mit der Unterfamilie Alouattinae die Familie Atelidae bildet.
Familie Cebidae (Kapuzinerartige)
Die Cebidae bilden eine Primatenfamilie, die als typisch für Südamerika angesehen werden kann. Die “Cebiden“ besitzen drei Vormahlzähne (Prämolare) und drei Backenzähne (Molare) auf jeder Seite, sowohl im Unter- wie im Oberkiefer, Finger mit flachen Nägeln, die niemals als Krallen ausgebildet sind, der grosse Zeh und der Daumen der Hand können den anderen Zehen und Fingern gegenübergestellt werden. Sie sind endemisch in der neotropischen Region.
Unterfamilie Callitrichinae (Krallenaffen)
Die Callitrichinae, (die auch als Hapalinae bezeichnet werden), sind eine Unterfamilie von Neuweltaffen aus der Familie Cebidae. Im Volksmund sind sie bekannt als “Sagui, Soim“ oder “Sauim“, obwohl man sie als Angehörige der Gattung Leontopithecus eher als “Mico-leão“ (Löwenäffchen) bezeichnet. Der Daumen ihrer Hand ist kurz und kann den übrigen Fingern nicht gegenüber gestellt werden (nicht opponierbar), und alle Finger und Zehen haben Nägel in Krallenform. Der erste Zeh ist allerdings eine Ausnahme: er ist opponier bar und besitzt einen flachen Nagel. Die Tiere besitzen zwei Vormahlzähne (Prämolare) und drei Backenzähne (Molare).
Alle sind Baumbewohner und die kleinsten anthropoiden Primaten. Sie ernähren sich von Insekten, Früchten, Baumsäften und anderen Pflanzenausscheidungen, können aber auch kleine Wirbeltiere, wie Eidechsen, Jungvögel und Mäuse verzehren. Sie leben typischerweise in kleinen territorialen Gruppen von etwa 2 bis 8 Individuen. Sie sind die einzige Primatengruppe, die regelmässig Zwillinge produziert, aus denen 80% der Geburten bei den studierten Spezies bestanden.
Im Gegensatz zu anderen Primaten kümmern sich die Männchen genauso intensiv um die Jungen wie die Weibchen – in einigen Fällen sogar intensiver. Die typische Sozialstruktur besteht aus dem reproduzierenden Paar und seinen Nachkommen. In freier Wildbahn kommen in der Regel Zwillinge auf die Welt – in Gefangenschaft wurden auch schon Drillinge registriert. Die älteren Jungtiere helfen bei der Versorgung der Jüngeren, indem sie diese herumtragen und auch Nahrung mit ihnen teilen. Sie bilden in den meisten Fällen monogame Gruppen mit nur einem dominanten Paar.
Unterfamilie Cebinae (Kapuzineraffen)
Die “Macacos-pregos” oder “Caiararas” (Gehaubte Kapuziner) sind Neuweltaffen aus der Unterfamilie Cebinae. Vor 2011 hatte diese Unterfamilie lediglich eine Gattung, Cebus. Doch ab 2011 wurde vorgeschlagen, die Cebinae zu teilen, und zwar in “Caiararas“ (Grazile Kapuziner) der Gattung Cebus, und “Macacos pregos robustos“ (Robuste Kapuziner) der Gattung Sapajus. Die Verteilung der Cebinae umfasst Zentral- und Südamerika bis in den Norden Argentiniens.
Unterfamilie Saimiriinae (Totenkopfäffchen)
Saimiri ist eine Gattung von Primaten, die im Volksmund als “Macaco-do-cheiro” (Gewöhnlicher Totenkopfaffe) oder “Macaco-esquilo” (Totenkopfaffe) bekannt sind. Sie leben in tropischen Waldgebieten von Zentral- und Südamerika.
Familie Pitheciidae (Sakiaffen)
Mit Pitheciidae bezeichnet eine Familie von Neuweltaffen mit 4 Gattungen und 41 Arten. Der “Cuxiú-preto” (Satansaffe), der “Uacari-branco” (Roter Uacari) und der “Uacari-preto” (Schwarzgesicht Uacari) gehören zu ihren besser bekannten Repräsentanten.
Unterfamilie Callicebinae (Springaffen)
Callicebus (Springaffen) sind eine Gattung der Unterfamilie Callicebinae, die der Familie Pitheciidae angehört. Sie besitzen laterale Koteletten an Hals und Kehle, Innenflächen der Arme und Beine, sowie Innenseiten des Körpers gleichmässig rötlich, kontrastierend mit einer braungelben Färbung des Rückens, den externen Teilen des Torsos, des Schwanzansatzes und der Krone.
Diese Primaten erreichen 60 Zentimeter Körperlänge, haben einen langen Schwanz, langhaariges, weiches Fell von rötlicher, gelblicher oder schwarzer Färbung. Im Volksmund sind sie bekannt als “Sauás, Bizogue, Boca-d’água, Guicó, Guigó, Iapuçá, Japuçá, Saá, Titi, Uaiapuçá, Uapuçá, Zogó“ und “Zogue-zogue“. Sie leben in den südamerikanischen Biomen des Amazonas- und des Atlantischen Regenwaldes, in den brasilianischen Bundesstaaten Rondônia, Amazonas, Acre, São Paulo, Rio de Janeiro und Minas Gerais – aber auch in Kolumbien, Peru und im Norden von Paraguay.
Unterfamilie Pitheciinae (Sakiaffen)
Pitheciinae ist eine Unterfamilie der Pitheciidae (Sakiaffen). Sie besteht aus drei Gattungen und 14 Arten. Diese Tiere bewohnen die Wälder des Nordens und des Zentrums von Südamerika, im Osten der Anden. Es sind Primaten kleiner bis mittlerer Grösse, mit einem dichten Haarkleid, das bei den verschiedenen Arten in seiner Färbung zwischen Schwarz und Grau bis zu Braun und Weiss variiert. Teile des Kopfes können auch haarlos sein. Der Schwanz – er wird nicht zum Festhalten benutzt, sondern zum Gleichgewicht halten – besitzt ebenfalls lange Haare, wobei der Schwanz der Uacaris kürzer ausfällt.
Die Tiere sind Baumbewohner und tagaktiv. Sie sind gute Kletterer und verbringen die meiste Zeit auf den Bäumen ihres Territoriums. Sie leben in kleinen Gruppen, manchmal auch in Gruppen von mehr als 50 Exemplaren. Sie kommunizieren mit einer Vielfalt von Lauten, wie zum Beispiel lang anhaltendem Geheul oder zwitschernden Lauten wie die der Vögel. In der Regel sind sie Allesfresser, ihre bevorzugte Nahrung besteht aus Früchten und Insekten. Normalerweise wird jeweils nur ein Junges geboren, nach 5 bis 6 Monaten Tragzeit. Sie erreichen die Geschlechtsreife zwischen 3 bis 4 Jahren und können zirka 15 Jahre alt werden.