Gründung: 05. 06. 1979
Grösse/km2: 129.140 km2
Regenzeit: November bis April
Tiger, Affen, grosse Vögel und Krokodile haben die Menschen mit rötlicher und schwarzer Farbe an die Wände ihrer Wohnhöhlen gemalt – Menschen, die den Kontinent vor Tausenden von Jahren bereits bevölkerten. Auch Szenen aus ihrem prähistorischen Leben, Jagd-, Kampf- und Tanzszenen sind von ihnen an den Wänden dargestellt worden. „Toll, diese Zeichnungen“, bemerkt der kleine Edivaldo (8 Jahre alt), der in der Nähe des Parks wohnt, „man muss sie erhalten, sie erzählen Geschichten!“
Juliana erklärt mir, dass jene Flecken auf der Wand von Zeichnungen stammen, die von der Zeit verwischt und ausgelöscht worden sind. „Mir macht es Spass, die Tiere aus der Vergangenheit mit denen von heute zu vergleichen“ sagt sie.Wasser
Jeden Tag den Gott werden lässt, wandert Juliana barfuss mit ihrer Mutter zum Wasserholen an einen Brunnen im 5 Kilometer entfernten Flecken „São Raimundo Nonato“. Eine typische Szene aus Piauí: Frauen und Mädchen balancieren grosse Blechkanister auf ihren Köpfen, mit dem täglichen Wasserbedarf. „Ist ganz einfach die Balance zu halten!“ sagt die Kleine fröhlich. Eines der grössten Probleme im Interior des Bundesstaates Piauí ist der Wassermangel, und es gehört zu den täglichen Verrichtungen einer Hausfrau des „Sertão“, den Tagesbedarf der kostbaren Flüssigkeit heranzuschaffen – Günstigenfalls von einem der über das Land verstreuten „Açudes“ – das sind Lagunen, in denen sich das Regenwasser ansammelt – oder aus einem der artessanalen Brunnen, die von der Präfektur des nächsten Ortes der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werde. Günstigenfalls müssen sie dafür nur wenige Kilometer laufen!
Das kleine aus Holz und Lehm gebaute Häuschen von Julianas Familie hat Vater José zwar ans Ufer eines Flusses hingestellt, aber das war vor vielen Jahren. Jetzt steht es am Ufer eines ausgetrockneten Flussbettes, zwischen dessen Steinen Kakteen wachsen. „Als mein Sohn Edivaldo geboren wurde, in dem Jahr hat es öfter mal geregnet und der Fluss hat Wasser geführt!“ bemerkt Vater José – das war vor 8 Jahren.
Funde
Eckzähne vom „Säbelzahntiger“, die offensichtlich von den prähistorischen Höhlenbewohnern als Werkzeug verwendet wurden, hat man in der Höhle „Cima do Pilão“, innerhalb des heutigen Nationalparks gefunden. Andere Werkzeug-Funde aus Stein kann man im „Museu do Homem Americano“, im Ort „Raimundo Nonato“, besichtigen – sie wurden als Instrumente zum schneiden, schaben und schlagen verwendet.
In der Höhle „Boqueirão da Pedra Furada“ fand die Archäologin „Niède Guidon“ Reste einer Feuerstelle, die angeblich 50.000 Jahre alt sind. Sollten diese Angaben der Realität entsprechen, würde dieser Fund die gesamte Geschichte der Okkupation des Amerikanischen Kontinents umstossen und besagte Höhle zur weitaus ältesten Wohnstätte prähistorischer Völker avancieren! Jedoch glauben verschiedene namhafte Wissenschaftler nicht an diese Version. Ihrer Meinung nach wurde jenes Feuer von der Natur selbst, durch einen Blitz zum Beispiel, entzündet. Sie halten fest an der Theorie, dass die ersten Menschen nach Amerika über die Behringstrasse einwanderten – in einer wesentlich jüngeren Epoche. „Niède Guidon“ aber überzeugen sie keineswegs: „Wer garantiert uns dafür, dass die Völker der Vorgeschichte nicht über andere Wege herkamen?“
Felsmalerei
Heute weiss man, dass die entdeckten Felsmalereien von verschiedenen prähistorischen Gruppen während unterschiedlicher Zeiträume angelegt wurden. Wissenschaftler sprechen von zwei unterschiedlichen Stilen der prähistorischen Malerei: der des „Nordostens“ und der des „Agreste“.
Der „Stil des Nordostens“, welcher in der Regel öfter vorkommt, existiert seit mindestens 12.000 Jahren. Seine Zeichnungen von menschlichen Figuren oder Tieren zeigen stets die Figuren in Bewegung. Während die Zeichnungen des Stils Agreste eher unsichere Linien präsentieren, ohne Aktion, ausgenommen die Szenen der Jagd. In einigen Höhlen findet man beide Stylarten gemischt, woraus man bereits auf unterschiedliche Bewohner schliessen kann.
PRÄHISTORISCHE FAUNA
Hier eine Aufstellung der prähistorischen Tiere, die man im Gelände des Nationalparks entdeckt hat – nach dem Buch „Parque Nacional Serra da Capivara“ der „Fundação Museu do Homem Americano (Fumdham)“.
Palaelolama
Ein Verwandter der Lamas der Neuzeit. Erreichte ein Gewicht zwischen 300 und 400 kg und besass eine verlängerte Schnauze. Von unserem Planeten seit 10.000 bis 8.000 Jahren verschwunden.
Eremotherium
Weitläufiger Verwandter der neuzeitlichen Faultiere. Das Tier erreichte ein Gewicht von mehr als 5 Tonnen! Es war ein Pflanzenfresser und bewegte sich auf der Erde – nicht im Geäst der Bäume, natürlich. Verschwunden seit 10.000 Jahren.
Haplomastodon
Das Mastodon war ein Rüsseltier, das man mit einem Elefanten vergleichen könnte – etwas niedriger und länger als ein Elefant. Seine Stosszähne waren stärker gekrümmt und sein Gewicht konnte 5 Tonnen erreichen.
Smilodon
Hierbei handelt es sich um den bekannten „Säbelzahn-Tiger“, ein mächtiges Raubtier und Fleischfresser, mit kurzem Schwanz – etwa wie unser Luchs – und riesigen Reisszähnen des Oberkiefers. Erreichte ein Gewicht von 300 Kilogramm und verschwand von der Erde vor zirka 10.000 Jahren.
Glyptodon und Panochtus
Tiere, die man in etwa mit dem heutigen Gürteltier vergleichen könnte, aber von der Grösse eines Volkswagen-Käfers! Einige Arten besassen eine stachelbewehrte Kugel am Schwanzende, die als Verteidigungswaffe benutzt wurde. Sie lebten vor 9.000 bis 8.000 Jahren.
Der Nationalpark
Hat eine Grösse von 130.000 Hektar und liegt in einer halb-trockenen Region des Südostens von Piauí. Der Park wurde von der UNESCO zum „Kulturellen Erbe der Menschheit“ erhoben, dank seiner 535 archäologischen Fundstätten prähistorischer Fossilien und seiner mehr als 30.000 Felsmalereien. Letztere verteilen sich auf die Wände sedimentärer Felsblöcke von kuriosem Format und bis zu 100 Metern Höhe!
Der „Pedra Furada“ (durchbohrter Stein) ist der bekannteste: hier wurden die ältesten Funde gemacht, welche die Präsenz des Menschen auf dem Amerikanischen Kontinent schon vor 48.000 Jahren attestieren. Die wichtigsten für Besucher zugänglichen Fundstätten – insgesamt 22 – haben gute Landzufahrten, Gehstege, korrekte Hinweisschilder und Service. Die Ausflüge müssen von einem Guide begleitet werden.
Infrastruktur
Es gibt ein Besucher-Zentrum, mit Auditorium, Souvenir-Shop, Lunch-Kiosk, Ausstellung und Toiletten. 4 kontrollierte Eingangs-Portale, 6 Beobachtungsposten, 100 km interne Strassen, 2 Allradfahrzeuge, 1 Traktor, 1 LKW für Wassertransport, 5 Motorräder, Kommunikationssystem, mit Telefax, 5 festen Radio-Stationen, 2 mobilen Stationen und 6 Handys, darüber hinaus elektrisches Stromnetz und Wasserversorgungsnetz.
Flora
Weiter entfernte Fundstätten können auf Wegen erwandert oder mit Fahrzeugen, die Allradantrieb haben, erreicht werden. Das Bodenrelief wird von kleineren Felsen-Erhebungen und Canyons beherrscht, die Vegetation ist typisch für die „Caatinga“, mit: „Aroeiras (Litraea Brasiliensis), „Cabeças-de-frade“ (Pithecoseris pacourinoides), „Macambiras“ (Bromelia laciniosa, Mart.), „Xiquexiques“ (Pilocereus Gounellii).
Fauna
„Gaviões“ (Falconidae), „Mocó“ (Kerodon rupestris), „Cutia“ (Dasyprocta aguti), „Tamanduá-bandeira“ (Mymercophaga tridactila), „Tatu-bola“ (Tolypentes tricintinus), „Paca“ (Coelogenis paca), „Jaguatirica“ (Felis Pardalis), „Onça“ (Panthera onça), „Lagartos“ (Teiidae), „Jararáca“ (Bothrops jararaca), „Cascavel“ (Crotalus terrificus), „Jaó“ (Crypturellus noctivagus) und „Codorniz“ (Coturnix coturnix). Die Vögel sind hier in 208 verschiedenen Arten vertreten.
Klima
Mittlere Tagestemperaturen liegen bei 28º C – der Juni ist der kühlste Monat. Die Nächte allerdings sind kalt – die Temperaturen gehen manchmal bis auf +10º C zurück! Der Regen wird zwischen Oktober und November erwartet. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 689 mm. Das Klima ist tropisch, warm und halbtrocken, mit mindestens 6 Monaten Trockenzeit. Die trockenen Monate liegen zwischen Mai und Oktober, die Regenmonate zwischen November und April.
Anfahrt
Die komfortabelste Alternative ist das Flugzeug bis Petrolina in Pernambuco, dann über die Landstrasse BA-235 nach „São Raimundo Nonato“ in Piauí (269 km), Eingangstor zum Nationalpark (20 km). Startet man von der Hauptstadt Teresina aus, ist die beste Option: über die Bundesstrassen BR-316, Br-343 und BR-230 bis Floriano, danach über die Landstrasse PI-140 bis „São Raimundo Nonato“ (knapp 500 km).
Der Besuch
Ausser der Genehmigung der IBAMA von Piauí ist es Pflicht, einen Guide mitzunehmen – der Eintritt kostet ein paar Reais.
Geöffnet ist der Park von 7:00 bis 17:00 täglich und während des gesamten Jahres. Der Ort hat zwar eine bescheidene Infrastruktur, wir raten aber zum Mitbringen von Hut oder Schildkappe und Trinkwasser.
Beste Zeit
In den trockenen Monaten Juni bis Dezember hat man bessere Besuchskonditionen und sieht auch mehr von der lokalen Fauna. Von Dezember bis Mai, der Zeit mit öfter zu erwartenden Regenfällen, wird die „Caatinga“ grüner und die Canyons werden schöner, aber der Zustand der Strassen verschlechtert sich!
Park-Bewohner
Innerhalb des Parkgeländes gibt es Siedlerfamilien, die sich von ein bisschen Landwirtschaft und ein paar Haustieren über Wasser halten, aber in der Trockenperiode auch der Fauna des Parks nachstellen, um ihren Speiseplan aufzuwerten. Darüber hinaus tragen sie mit dem periodischen Abbrennen ihrer Felder zur Verunsicherung des Ökosystems bei.
Noch ein Tipp zum Schluss
Wir empfehlen Ihnen, Ihren Besuch im Nationalpark „Serra da Capivara“ im Museum „Museu do Homem Americano“ in „São Raimundo Nonato“ anzufangen.
Hier bei den interessanten Ausstellungsstücken, die von tierischen Fossilien über keramische Stücke, bis zu menschlichen Skeletten reichen, können Sie sich ein erstes Bild von den Fundstätten machen und dann am besten entscheiden, was Sie im Park selbst am meisten interessiert.