Ursprünglich wurde dieses Floss von den Indianern nur zur Flussüberquerung eingesetzt. Aus ihren asiatischen Kolonien brachten die Portugiesen dann ein paar Techniken mit, diese primitiven Flösse so zu verbessern, dass sie sogar hochseetauglich wurden und sie gaben ihnen den aus dem malaiischen Sprachgebrauch stammenden Namen. Die auffälligste Verbesserung war das grosse, manövrierbare Dreieckssegel, welches dem schwerfälligen Gefährt eine gewisse Eleganz und eine erstaunliche Geschwindigkeit verlieh.
Bis vor etwa 15 bis 20 Jahren war die „Jangada de Pau do Pará“ noch allgemein in Gebrauch – aus dem Balsaholz gefertigt, welches aus dem Bundesstaat Pará kommt.
Fünf, etwa 5 bis 7 Meter lange Stämme, nebeneinander gesetzt und durch Hartholzkeile miteinander verbunden – die im Wasser aufquellen und so gut wie Schrauben halten – bilden die Grundkonstruktion des Flosses. Denn nach einem alten Aberglauben durften bei der Konstruktion einer Jangada keine Metallschrauben Verwendung finden, sonst war das Gefährt zum Sinken vorbestimmt. Vorne sind die Balken auf ihrer Unterseite etwas angeschrägt um dem Floss einen günstigeren Gleitwert im Wasser zu geben.
Auf dem vorderen Drittel ist der Mast aufgestellt Auf dem hinteren Drittel eine Halterung montiert, an der alle Ausrüstungsgegenstände des Flosses, wie Taue, Paddel, Anker, Fischkorb und persönliche Utensilien der Fischer, fest vertäut sind. Auf dem Heckteil die fest eingelassene Bank des Steuermanns, der gleichzeitig der Jangada-Kapitän ist, oder, wie er hierzulande genannt wird: Der „Mestre de Jangada“. Er steuert das Floss mit einem riesigen Heckruder – er bestimmt, wo auf See angehalten wird – er hat die meiste Erfahrung, wo die Fischschwärme sich aufhalten. Der „Proeiro“ ist derjenige im Dreierteam einer Jangada, der mit Mast und Segel am besten umzugehen weiss, und der „Bico de Proa“ ist sein Assistent, der ihm in allen Nebenarbeiten zur Hand geht.
Heutzutage ist die traditionelle „Jangada de Pau“ fast überall von der moderneren und vor allem langlebigeren „Jangada de Tábua“ – der „Brett-Jangada“ – abgelöst worden: Die ist einerseits in ihren Aufbauten das genaue Abbild der traditionellen Jangada, hat aber andererseits einen getischlerten Rumpf aus festen Hartholzbrettern, ein Rumpf, dessen Oberseite wie beim Floss flach, und seine Unterseite, wie beim Boot, in leichter Wölbung verläuft. Dadurch entsteht zwischen diesen beiden Wänden der Ober- und Unterseite ein Hohlraum, der durch einen Deckel zugänglich ist, und in dem die Männer während ihrer Nächte auf hoher See schlafen. Früher banden sie sich auf den alten Jangadas während dieser Nächte am Mast fest, um nicht von einer Welle weggefegt zu werden.
Mit diesen originellen Flössen wagen sich die mutigen Jangadeiros bis zu 120 Kilometer von der heimatlichen Küste weg aufs Meer hinaus. Dort verbringen sie dann oft mehrere Nächte auf hoher See. Sie harpunieren Haie und Seeschildkröten und angeln Fische, deren phantastische Farben und Formen der Fremde nie zuvor gesehen hat. Und kehren heim mit unglaublichen Geschichten von Meerjungfrauen und Seeungeheuern.