Elizabeth Santos Leal de Carvalho – kurz Beth Carvalho – erblickte am 05. Mai 1946 in Rio de Janeiro das Licht der Welt. Ihr Kontakt mit der MPB (Música Popular Brasileira) wurde von ihrer Familie gefördert, schon seit ihrer Kindheit. Im Alter von acht Jahren hörte sie bereits bewegt die Lieder von Sílvio Caldas, einem grossen Freund ihres Vaters, João Francisco. Auf den Festen und musikalischen Veranstaltungen der 60er Jahre wurde dann die Sängerin geboren, stark geprägt vom Bossa Nova.
Im Jahr 1965 nahm sie ihre erste Platte auf, eine einfache Kompaktscheibe, mit dem Titel “Por Quem Morreu de Amor“ von Menescal und Bôscoli. 1966, schon engagiert im Samba, nahm sie an der Show “A Hora e a Vez do Samba“ teil, an der Seite von Nelson Sargento und Noca da Portela.
Dann kamen die Festivals und Beth war bei fast allen dabei: “Festival Internacional da Cancão“, “Festival Universitário“, “Brasil Canta no Rio“ und weitere mehr. Auf dem “Festival Internacional da Cancão“ im Jahr 1968 kam sie mit “Andança“ von Edmundo Souto/Paulinho Tapajós/Danilo Caymmi auf den Dritten Platz und wurde im ganzen Land bekannt. Nachdem “Andança“ ihr erster grosser Erfolg geworden, benannte sie nach ihm auch ihre erste LP (1969).
Ab 1973 brachte sie pro Jahr eine neue Platte heraus, wurde ein Verkaufsschlager, jetzt waren viele ihrer Songs Riesenerfolge, wie “1.800 Colinas (Hügel), Saco de Feijoao (Sack Bohnen), Olho por Olho (Auge um Auge), Coisinha do Pai (Vaters Schätzchen), Firme e Forte (Fest und Stark), Vou Festejar (Ich werde feiern)“ und viele andere.
Beth entwickelte ein besonderes Talent, neue, unbekannte Musiker und Komponisten des Samba zu propagieren. 1972 machte sie das mit Nelson Cavaquinho – sie nahm mit ihm “Folhas Secas“ (trockene Blätter) auf – und 1975 lancierte sie Cartola, mit dem Song “As Rosas nao Falam“ (Rosen sprechen nicht).
Irgendjemand hat mal gesagt, dass “der Künstler dahin gehen muss, wo das Volk sich aufhält“. Dieser Spruch birgt viel Wahrheit in sich und trifft genau die Haltung von Beth Carvalho gegenüber ihrem Leben, auch im Alltag. Beth ist ein unruhiger Mensch. Sie wartet nicht gern darauf, dass die Dinge auf sie zukommen – sie holt sie lieber her. Als “Pagodeira“ (Barsängerin) kennt sie die Kreativität der Volkskomponisten – mehr als das – sie kennt alle Winkel, in denen sie nach ihnen suchen muss, wo sie leben, wo sie singen, wie sie singen und spielen. Und sie macht auch immer noch gerne mit bei den wochenendlichen Treffen in den kleinen Bars von “Cacique Ramos“ – dort trifft sie Künstler wie die Gruppe “Fundo do Quintal“, “Zeca Pagodinho“, “Almir Guineto“, “Sombra und Sombrinha“, “Arlindo Cruz“ “Luis Carlos da Vila“, “Jorge Aragão“ und viele, viele andere.
Und dann möbelt sie den Samba auf mit neuen Klängen: in ihren Shows und auf ihren Platten führte sie neue Instrumente ein, wie das Banjo im Duett mit dem “Cavaquinho“ (Ukulele), die Rhythmusinstrumente “Tan-Tan“ und das “Repique-de-mão“ – Instrumente, die bis dato lediglich beim “Pagode“ in den Bars üblich waren. Ab diesem Moment jedoch verbreitete sich dieses neue Samba-Spektrum über das ganze Land und man nannte fortan Beth die “Madrinha do Pagode“ (Patin des Pagode). Jetzt war sie eine “Sambista“ allerersten Prestiges und mit einer Popularität im ganzen Land, ehrfurchtsvoll nannte man sie auch “Rainha do Samba“ (Königin des Samba).
Bis dato hatte sie 30 Jahre Karriere hinter sich, 24 LPs und Präsentationen in diversen Städten der Welt: Miami, San Francisco, Paris, Nizza, Athen, Berlin, Frankfurt, Zürich, Lissabon, Madrid, Buenos Aires, Montevideo, Punta del Este, New York – dort sang sie in der berühmten Carnegie Hall, und Montreux, wo sie am berühmten Festival in den Jahren 1987 und 1989 teilnahm. In Japan, obwohl sie dort nie eine Show bestritt, verkaufte sie Tausende von Kopien ihrer Platten, und ihre Musikkarriere ist Bestandteil der Biografien der Musik-Fakultät von Kyoto. Beth bekam sechs Sharp-Prämien, 16 Goldene Schallplatten, neun Platin-Schallplatten, Hunderte von Trophäen und anderen Preisen.
1997 wurde sie sogar zur “interplanetarischen Sängerin“, als ihre Musik “Coisinha do Pai“ – ein grosser Erfolg ihres Repertoires – von der brasilianischen Ingenieurin der NASA, Jacqueline Lyra, zur Aktivierung eines Roboters auf dem Mars programmiert wurde.
Am sechsten August des Jahres 2000 nahm sie ihre 25. Platte auf – die CD “Pagode de Mesa“ – und zwar live. Unter der Produktion von Renato Correa wurde “Pagode de Mesa“ während einer speziellen Präsentation bei der Plattenfirma Universal Music aufgenommen, für ein paar Samba-Fans. Die Konzeption dieser CD ist von Max Pierre, dem künstlerischen Direktor der Universal, der mit dieser Arbeit nicht nur erfassen möchte, wie er Beth in ihrer letzten Show im “Canecão“ (berühmte Show-Bühne in Rio de Janeiro) erlebte, sondern die Künstlerin so darstellen, wie sie von ihren Pagode-Fans erlebt wird: mit dem Samba verwurzelt, zwischen den Tischen der Bars und Hinterhöfe, Treffpunkten der besten Musiker und Poeten aus dem Volk.
Obwohl Beth aus ganzem Herzen “Mangueirense“ ist – das heisst, der Samba-Schule des Vereins “Mangueira“ angehört – wurde sie kürzlich von der Alten Garde der “Portela“ besonders geehrt, mit einer Plakette als die Sängerin, welche die meisten Samba-Songs ihrer Komponisten auf Platte gebracht hat. Im Juni 2002 erhielt sie aus der Hand von Dona Zica, der Witwe von Cartola, die “Trophäe der Brasilianischen Volksmusik“ gestiftet vom Grossunternehmen Eletrobrás. Die Übergabe dieses Preises, der traditionell im “Teátro Rival“ von Rio de Janeiro stattfindet, war mit Beth Carvalho als prämierte Künstlerin des Abends, ein Besucherrekord.
Noch Ende Juni desselben Jahres sang Beth vor einem Publikum von 40.000 Personen in Vitória, Bundesstaat Espirito Santo. Die Präsentation dauerte zirka zwei Stunden, und die enthusiastische Menge sang mit und liess sie hinterher nicht von der Bühne vor Begeisterung.
Beth Carvalho ist Carioca mit Leib und Seele, sie ist eine Freundin Cubas und wurde vom Präsidenten der “Camara Municipal do Rio de Janeiro“ damit beauftragt, Fidel Castro die Ehrenbürgerschaft von Rio zu verleihen. Beth Carvalho ist weiter im Teátro Rival zu sehen – von Mittwochs bis Freitags, immer ab 19:30 Uhr – mit ihrer Show “Pagode de Mesa“.
Im Dezember 2006 feierte Beth im Theatro Municipal in Rio de Janeiro zusammen mit Dona Ivone Lara, Monarco, Nelson Sargento, Zeca Pagodinho, Dudu Nobre und vielen anderen ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum. Daraus folgten zwei Live-CD’s. 2007 lancierte die Sängerin die CD/DVD mit dem Titel: “Beth Carvalho canta o Samba da Bahia“, alles Sambas mit bahianischen Komponisten. Mitwirkende waren u.a. Gilberto Gil, Maria Bethânia, Caetano Veloso, Margareth Menezes, Carlinhos Brown, Daniela Mercury, Ivete Sangalo, Olodum, Riachão, Danilo Caymmi und weitere. Eine historische CD/DVD und Dokumentation über den “Samba de Roda da Bahia“.
Diskographie Beth Carvalho
- BETH CARVALHO CANTA O SAMBA DA BAHIA (2008)
- 40 ANOS DE CARREIRA – AO VIVO NO THEATRO MINICIPAL VOL.2 (2006)
- 40 ANOS DE CARREIRA – AO VIVO NO THEATRO MINICIPAL VOL.1 (2006)
- NOME SAGRADO – BETH CARVALHO CANTA NELSON CAVAQUINHO (2001)
- PAGODE DE MESA 2 AO VIVO (2000)
- PAGODE DE MESA AO VIVO (1999)
- PÉROLAS DO PAGODE (1998)
- BRASILEIRA DA GEMA (1996)
- CANTA O SAMBA DE SÃO PAULO (1993)
- PÉROLAS – 25 ANOS DE SAMBA (1992)
- INTÉRPRETE (1991)
- AO VIVO NO OLYMPIA (1991)
- SAUDADES DA GUANABARA (1989)