Suruí Paiter

Zuletzt bearbeitet: 4. Dezember 2020

Seit dem offiziellen Erstkontakt im Jahr 1969, hat die Annäherung an die Nicht-Indios den Suruí Paiter tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen beschert. Diese haben jedoch ihren kriegerischen Charakter nicht beugen können, der bis heute den Kampf dieses Volkes um die Anerkennung und Eingliederung ihres Territoriums motiviert. Dieser Lebensraum wurde im Lauf der Geschichte immer wieder durch den mit Gewalt vorrückenden “Polonoroeste“ (Nordwest-Pol) ernstlich bedroht, aufgrund der Korruption und der Misswirtschaft in den Regierungsorganen, der Invasion von unrechtmässigen Landbesetzern und durch Konflikte mit Holzfällern und Goldgräbern.

Die Suruí Paiter kämpfen mit allen ihren Mitteln gegen diese Invasoren und versuchen gleichzeitig, die Vitalität ihrer kulturellen Traditionen aufrecht zu erhalten, nach denen ihre Gesellschaft sich als eine Unterteilung in Hälften versteht, das heisst: die gesellschaftlichen Segmente, die produktiven Aktivitäten und das rituelle Leben gründen auf dem Dualismus zwischen Dorf und Wald, Feld und Jagd, der Arbeit und dem Fest – wobei die Feste einen Tausch von Gaben darstellen, und die mit ihnen verbundenen Rituale Höhepunkte des Gebens und Nehmens zwischen diesen beiden Hälften sind.

Suruí Paiter

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Rondônia (RO)
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Suruí-Paiter (RO)
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Rondônia (RO)
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nach obenName und Sprache

Die Suruí aus dem Bundesstaat Rondônia nennen sich selbst “Paiter“, das bedeutet “wahre Menschen – wir selbst“. Sie sprechen eine Sprache der indigenen Tupi-Gruppe, aus der linguistischen Familie “Mondé“.

Trotz des konstanten Druckes, dem sie seitens der Nicht-Indios ausgesetzt sind, und der zu verschiedenen Umzügen der Gruppe geführt hat, halten die Suruí Paiter unverändert fest an ihren Traditionen, sowohl an ihrer materiellen Kultur, als auch an ihren kosmologischen Aspekten, durch die sie mit der Kultur anderer Gruppen Tupi-Mondé verbunden sind.

nach obenLebensraum

Das “Indio-Territorium (IT) Sete de Setembro”, wo die Paiter leben, befindet sich in einer Grenzregion – im Norden, zwischen dem Munizip Cacoal (im Bundesstaat Rondônia) und dem Munizip Aripuanã (im Bundesstaat Mato Grosso). Man erreicht dieses Gebiet von Cacoal aus, mittels der so genannten “Zugangslinien 7, 8, 9, 10, 11, 12, und 14“, die Dörfer befinden sich verteilt entlang ihrer Grenzen – zum einen aus Sicherheitsgründen, zum andern weil sie die Terrains antiker Fazendas nutzen, die von Invasoren hinterlassen wurden, die sich in den 1970er und 1980er Jahren in diesem Gebiet niedergelassen hatten.

Die Bezeichnung “Linhas“ (Linien) ist in dieser Region üblich, sie stammt aus der Markierung von Grundstücken der Kolonisierungs- und Expansionsprojekte aus Brasiliens Militärdiktatur – darunter versteht man Pisten, die zu ehemals unerreichbaren Orten führen, und die gleichzeitig ein Gebiet geografisch markieren.

Das IT Sete de Setembro wird vom Becken des Rio Branco bewässert, einem Nebenfluss des Rio Roosevelt, der vom Zusammenfluss des Sete de Setembro und des Fortuninha gebildet wird. Die bedeutendsten Nebenflüsse des Rio Branco, von denen das Gebiet bewässert wird, sind der Riberão Grande, Rio Fortuninha und der Rio Fortuna, am rechten Ufer. Am linken Ufer münden die Flüsse Igapó (so nennen ihn die Paiter), der Rio São Gabriel und kleinere namenlose Gewässer.

Nach Beschreibungen des Projekts Radam Brasil – ein Projekt (1978) des Ministeriums für Minen und Energie/Abteilung für die Mineralienproduktion, welche die Aufgabe hatte, die Amazonien-Region zu kartographieren und eine Aufstellung der natürlichen Ressourcen zu erstellen – existieren im Gebiet des IT Sete de Setembro drei Arten von Wald: offener tropischer Regenwald, mit der grössten Ausdehnung, dichter tropischer Regenwald Dschungel) und eine weniger ausgedehnte Fläche ökologischer Vielfalt.

Das vorherrschende Klima ist tropisch feucht-warm. Die mittlere Jahrestemperatur schwankt um die 24°C, mit zwei deutlich definierten Jahreszeiten – mit einem starken Rückgang der Niederschläge im Winter, die drei Monate Trockenheit bringen (Juni – Juli – August).

nach obenBevölkerung

Der Plural der Selbstbezeichnung “Paiter“ ist “Paiterei“, jedoch aus Gründen der Vereinheitlichung der indigenen Namen in Brasilien, werden sie hier als “Paiter“ geführt.

Das IT Sete de Setembro hatte im Jahr 2002 eine Bevölkerung von 920 Personen, unterteilt in 11 Dörfer, die sich entlang beschriebener Zugangslinien befanden und so eine schützende Basis gegen das Eindringen von Weissen in ihr Territorium bildeten. Es existiert je ein Dorf an den Linien 8, 9, 10, und 11 (vier Dörfer), 12 und 14 (zwei Dörfer). Die Einwohnerzahl pro Dorf ist unterschiedlich, es gibt einige mit 45 Personen und andere mit Hunderten. Das Dorf an der Linie 14 ist das grösste, mit zirka 30 Grossfamilien. Das jüngste Dorf ist “Gaherê“ in Pacarana, gegründet 2003, mit sechs Familien.

Paiter-Bevölkerung – Zusammensetzung nach Altergruppen

Nach einer Aufstellung der PACA (Proteção Ambiental Cacoalense 1999-2000

Altersgruppen Männlich % Weiblich % Gesamt %
Unter 01 Jahr 15 3,6 10 2,8 25 3,3
01 – 05 Jahre 94 22,8 47 13,3 141 18,4
06 – 10 Jahre 70 17,0 78 22,0 148 19,3
11 – 15 Jahre 61 14,8 57 16,1 118 15,4
16 – 20 Jahre 49 11,9 44 12,4 93 12,1
21 – 25 Jahre 28 6,8 24 6,8 52 6,8
26 – 30 Jahre 19 4,6 18 5,1 37 4,8
31 – 35 Jahre 21 5,1 26 7,3 47 6,1
36 – 40 Jahre 19 4,6 15 4,2 34 4,4
41 – 45 Jahre 10 2,4 15 4,2 25 3,3
46 – 50 Jahre 11 2,7 7 2,0 18 2,3
51 – 55 Jahre 2 0,5 8 2,3 10 1,3
55 – 60 Jahre 5 1,2 4 1,1 9 1,2
Über 60 Jahre 8 1,9 1 0,3 9 1,2
Gesamt 412 100 354 100 766 100

In der Grafik ist ein deutlicher Unterschied der Bevölkerungszahlen zwischen 26 und 35 Jahren noch zu erkennen, der sich aus der grossen Zahl von Toten durch eine Epidemie infektiöser Krankheiten in den 1980er Jahren erklärt – erst ab dem Jahr 1990 nahm das Wachstum der Bevölkerung wieder langsam zu.

nach obenGeschichte des Erstkontakts

In der Erinnerung der Paiter – mündlich übertragen vom Vater auf den Sohn – gibt es eine Emigration ihres Volkes aus der Region um die heutige Stadt Cuiabá nach Rondônia, das war im 19. Jahrhundert, als sie vor der Verfolgung durch die Weissen flohen. Während dieser Flucht stiessen sie auf andere indigene und nicht-indigene Bevölkerungsgruppen. Vom Ende des 19. Jahrhunderts an, bis um 1920 – mit der Ausbeutung des Latex zur Gummigewinnung, der Konstruktion der Eisenbahn Madeira-Mamoré und der Installation der Telegrafenleitungen durch Rondon – war der Strom der Emigranten nach Rondônia gross, und seine Folgen lasteten schwer auf der indigenen Bevölkerung dieser Region, sie führten zu zahlreichen Kämpfen und vielen Toten.

Zwischen 1940 und 1950 führte ein neuer Gummi-Boom und der Abbau des Minerals Kassiterit zu einer Zunahme der nationalen Bevölkerung um 50% im damaligen Territorium Guaporé (gegründet 1943, das ab 1956, zu Ehren von Cândido Rondon, in “Território de Rondônia“ umbenannt wurde), mit dem Ergebnis, dass die Surui Paiter, ab der 1950er Jahre, erneut ihre Dörfer verlassen mussten, um sich nach einem neuen Lebensraum umzusehen. Jene Epoche ist in ihren Gesängen und Erzählungen festgehalten, wie zum Beispiel die Episode vom Helden Waiói, der bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts mit Nicht-Indios zusammen lebte, und der den Seinen vom Leben jener Leute berichtete, die Reis und Bohnen assen, Macheten, Töpfe und Beile aus Metall und Feuerwaffen besassen – aber sein Volk glaubte ihm nicht.

Ihre Abwanderung nimmt ab der 1960er Jahre noch zu, als sich Rondônia zu einem Bundesstaat mit den grössten Agrarflächen entwickelt. Die Strasse Cuiabá-Porto Velho (BR-364) wurde 1968 fertig, und die Bevölkerung von Rondônia machte einen Sprung von 84.504 (1960) auf 111.064 Einwohner (1970) und auf 490.153 im Jahr 1980. Ein Wachstum dieser Grössenordnung resultierte in Konflikten um Grundbesitz und einem enormen Druck auf die indigenen Territorien.

Die Surui Paiter wurden offiziell von der FUNAI im Jahr 1969 gezählt – durch die Waldläufer Francisco Meirelles und seinen Sohn Apoena, im damaligen Camp der FUNAI “Sete de Setembro“, das ein Jahr zuvor, am 7. September 1968, von ihnen gegründet worden war (und später auch den Namen des grössten Surui-Dorfes prägte), dort entstand dann der Posten Surui der FUNAI. Die Surui Paiter entschlossen sich erst im Jahr 1973, an diesem Ort definitiv zu bleiben, als sie wegen einer schrecklichen Masernepidemie, durch die 300 Personen starben, um medizinische Hilfe ersuchten. Trotzdem verblieb etwa ein Drittel ihrer Bevölkerung ausserhalb des indigenen Territoriums, in der Nähe des Örtchens Espigão do Oeste, bis sie schliesslich 1977 zu einem anderen FUNAI-Posten umzogen, der inzwischen an der “Linie 14“ eingerichtet worden war.

Die verworrene Geschichte der Demarkationen und “Desmarkationen“, durch die ein Teil der indigenen Territorien in Rondônia entstanden und wieder verworfen wurden, hat ihre Spuren auch auf dem IT Sete de Setembro hinterlassen, das für die Paiter geschaffen wurde. Seine Demarkation erfolgte 1976, und die permanente Besetzung wurde offiziell durch eine Urkunde Nr. 1561, am 29. September 1983, vom damaligen Präsidenten der FUNAI, Octavio Ferreira Lima, eingeleitet – ab diesem Moment erhielt das IT den offiziellen Namen “Área Indígena Sete de Setembro“. Die rechtskräftige Anerkennung kam noch im gleichen Jahr durch das Dekret Nr. 88867 vom 17. Oktober 1983, unterzeichnet vom Präsidenten João Figueiredo.

Zwischen 1982 und 1987 litten die Paiter enorm unter dem Kontakt-Schock mit der nicht-indigenen Gesellschaft, durch die Einwanderung von Tausenden Personen in die Region, provoziert vom “Programm Polonoroeste“ (Programm der Regierung zur Entwicklung des Brasilianischen Nordwestens), dessen Kern die Asphaltierung der Strasse Cuiabá-Porto Velho darstellte, zum Teil finanziert von der Weltbank. In diesem Zusammengang verloren die Surui Paiter die Hälfte ihres zugesprochenen Territoriums an Kolonisierungsprojekte und rücksichtslose Unternehmen, welche die gesetzlich anerkannten Rechte der Indios auf diesen Grund und Boden einfach ignorierten. Darüber hinaus sahen sie sich einer Invasion von Kleinbauern ausgesetzt, die verdrängt von den Minenunternehmen, ins Innere der indigenen Ländereien vordrängten. Diese Invasionen führten zu ernsten Gesundheitsproblemen der Paiter, ganz besonders bei ihren Kindern.

Ab der 1980er Jahre, aufgrund der Notwendigkeit eines Dialogs mit den Weissen, übergaben ein paar junge Paiter, welche die portugiesische Sprache beherrschten, die Forderungen ihres Volkes der FUNAI. In dieser Epoche wuchs unter den Surui Paiter das Verständnis für die Zusammenhänge innerhalb der brasilianischen Gesellschaft, und sie begriffen die Notwendigkeit, für die Verteidigung ihres Territoriums und die kulturelle Vitalität kämpfen zu müssen. Jetzt reisten sie nach Brasília, um die administrativen Schritte der FUNAI zu begleiten und Forderungen zu formulieren. In diesem Zusammenhang wurden einige ihrer Traditionen wiedergeboren und Rituale und Feste lebten wieder auf, mussten sich jedoch auch auf neue Agrarbegriffe einstellen, wie den Anbau von Reis und Bohnen, und eine grössere Verteilung der Bevölkerung.

nach obenInvasionen

Ihre kämpferische Veranlagung motivierte die Paiter zu einem kontinuierlichen Widerstand gegen die Invasoren und Ausbeuter ihres Territoriums. Zwischen 1971 und 1981 gab es eine Reihe von Zusammenstössen zwischen ihnen und solchen Eindringlingen. Man schätzt, dass sich damals zirka einhundert nicht-indigene Familien innerhalb des IT niedergelassen hatten. Ungeachtet des für Neusiedler untersagten Gebietes, fuhr die staatliche INCRA (Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária) fort, das Eindringen von Emigranten in die indigenen Territorien zu stimulieren – Grundstücke wurden illegal verkauft, und verantwortlich für die Einführung der meisten Familien in den indigenen Lebensraum war die Cia. Itaporanga (der Gebrüder Melhorança).

Angesichts der Konflikte, besuchten der Gouverneur des damaligen Territoriums Rondônia (Humberto da Silva Guedes), der Minister des Innern (Rangel Reis), der Präsident der FUNAI (Ismarth de Araújo) und der Projekt-Koordinator des INCRA (Hélio de Palma Arruda) das Indio-Territorium in der Absicht, die Gemüter zu beruhigen und die Probleme zu lösen. Die Regierung demarkierte das ganze Gebiet neu und verringerte seine Fläche im südlichen Abschnitt um 9 Kilometer, und im östlichen Teil um 12 bis 15 Kilometer. Um die Invasoren zurückzuhalten, musste ein Teil der Demarkation mit Unterstützung der Militärpolizei durchgeführt werden. Aber der FUNAI gelang es nicht, die Aktionen der Landbesetzer zu unterbinden, die sich weigerten, sich aus der demarkierten Zone zu entfernen – und sie schlugen entsprechende Markierungen und Hinweisschilder der FUNAI kurz und klein.

1978 blockierten die Invasoren die Strasse, die vom Ort Riozinho bis zum FUNAI-Posten Sete de Setembro führte, und sie hinderten die Beamten und Fahrzeuge der FUNAI an der Durchfahrt, was zum direkten Konflikt mit den Indios führte. Die FUNAI verlangte darauf hin Unterstützung seitens des Militärs, und die Grenzdivision verpflichtete sich, sämtliche Invasoren aus dem demarkierten Gebiet zu entfernen. Aus der von den Soldaten angefertigten Aufstellung geht hervor, dass sie insgesamt 652 Personen oder 169 Familien aus dem besagten Gebiet vertrieben.

Schon im November desselben Jahres 1978 drangen erneut 20 Familien ins “Indioland“ ein und vereinnahmten 10% des Territoriums. Anfang des Jahres 1979 bedrohten die Paiter jene Invasoren, die inzwischen eine 20 km lange Anfahrtpiste angelegt, ein Sägewerk konstruiert und eine Reisverarbeitung innerhalb des Indio-Territoriums aufgebaut hatten. Der Konflikt weitete sich aus, und der Agrarminister (Delfin Neto) verpflichtete sich, die Eindringlinge aus dem IT zu entfernen und sie in einem anderen Kolonisierungs-Projekt anzusiedeln. Jedoch blieb es bei diesem Versprechen. Im September bekamen die Paiter Besuch vom Präsidenten der FUNAI (jetzt Ademar Ribeiro), der ihnen ebenfalls die Entfernung der Invasoren versprach.

Im nächsten Monat war es der Direktor des INCRA, der sich verpflichtete, die Invasoren bis April 1980 entfernt zu haben. Die Monate vergingen, und die Invasoren befanden sich immer noch innerhalb des IT – inzwischen bemängelten sie die mindere Qualität des ihnen von der INCRA angewiesenen Bodens. Der FUNAI gelang es noch einmal, den enttäuschten Paiter die Zusage abzuringen, die Invasoren nicht anzugreifen, unter der Versicherung, dass die Justiz diese Menschen zwingen würde, das Gebiet des IT zu verlassen. Überzeugt, dass sie bleiben würden, leiteten die Invasoren nun eine Aktion zur Bestätigung ihres rechtmässigen Grundbesitzes beim Gericht in der Hauptstadt Porto Velho ein – gleichzeitig beantragte die FUNAI eine Aktion zur Annullierung des Grundbesitzes.

Die Invasoren gewannen diesen Prozess – anhand einer Verfügung des Richters in Porto Velho erhielten sie das Recht, sich noch 90 Tage lang im Gebiet der Indios aufzuhalten. Die FUNAI ging in die Berufung, und jene Verfügung wurde aufgehoben.

Die Paiter waren es endlich leid, auf die Gerechtigkeit der Nicht-Indios zu warten und vertrieben im Oktober einige der neuen Invasoren – sie jagten sie nackt und ohne Waffen von ihrem Land. Im Monat Oktober 1980 befanden sich 87 Neusiedler-Familien innerhalb des Indio-Territoriums, die nun endlich, auf den drohenden Druck der Indios hin, schrittweise verlegt wurden – sie erhielten Grundstücke innerhalb neuer Siedlungsprojekte. Das war der erste Fall in der indigenen Geschichte, in dem die Indios sich gegen Invasoren ihrer gesetzlich zugesprochenen Territorien durchsetzen konnten.

Ein Jahr später, 1981, gab es zwar immer noch drei Familien in ihrem Territorium, die sie aber noch im selben Jahr ebenfalls vertrieben. So kam es, dass die Paiter von nun an in Dörfern lebten, in deren Umkreis es verlassene Kaffeepflanzungen jener Invasoren gab, und so erklären sich auch die bereits erwähnten “Linhas“ – als Markierungslinien ihrer ehemaligen Grundstücke.

nach obenDer Polonoroeste

Im Jahr 1982 begann die Militärregierung mit ihrem Programm zur Integrierten Entwicklung des Brasilianischen Nordwestens (Polonoroeste), mit einer Investition von 1,55 Milliarden Dollar, von denen lediglich 2,5% für die ambientale und 1,4% für die indigene Komponente vorgesehen waren. In den mit den jeweiligen Unternehmen abgeschlossenen Verträgen verpflichteten sich die Landesregierung, sowie die Regierung des Bundesstaates Rondônia, zum Schutz jener Gebiete, welche per Gesetz als Reservate definiert waren.

In dieser Periode verändert sich die wirtschaftliche Situation des “Terrotório Federal de Rondônia“ gewaltig – pro Jahr strömten zirka 200.000 Emigranten in das offene Land, und sie brachten Sägewerke, Bergbaufirmen, Bodenspekulanten und Landbesetzer mit sich. Unzählige Invasionen ins Indio-Territorium fanden statt und führten zur Brandrodung von Waldflächen. Die Paiter waren erneut in Gefahr, ihr zugesprochenes Land an Invasoren zu verlieren, die die indigene Gesellschaft durcheinander brachten und Krankheiten einschleppten, mit schrecklichen Folgen für die Indios.

Durch die fahrlässige Administration der vom Polonoroeste zur Verfügung gestellten Ressourcen geschah es, dass man die Gesundheitsvorsorge der Paiter glatt vergass, ebenso die Kommerzialisierung ihrer Produkte – um die Indios bei Laune zu halten, rieten Funktionäre der FUNAI einigen indigenen Führern, Holz aus ihrem Waldbestand zu verkaufen. Man schätzt, dass rund zwei Millionen Dollar an Edelhölzern damals aus dem Bestand des indigenen Territoriums entnommen wurden (CEDI, 1992).

nach obenHolz und Gold

Ausser der Nähe zu den entstehenden Städten und einer Nachahmung der Gewohnheiten ihrer Bewohner durch die Indios, war die FUNAI verantwortlich für die Einführung einer Ernährungsumstellung auf der Basis von Reis, Bohnen und Zucker, was von den Paiter eine neue Art von Pflanzungen erforderte und ihnen neue Sitten mit festgesetzten Zeiten für Essen, Feldarbeit und Freizeit einbrachte. Fortan blieb nur wenig Zeit für die Jagd, das Fischen oder ihre traditionellen Feste. Die Paiter, in zunehmend schlechter gesundheitlicher Verfassung, suchten immer häufiger die Hospitäler in Cacoal oder Riozinho auf. In diesem beklagenswerten Zustand war es ein Leichtes für die Holzfäller und korrupten Elemente der Regierung, die Indios für ihre Interessen zu ködern.

Man kann gut verstehen, dass die Zustimmung zum Holzhandel seitens der Paiter als eine verzweifelte Antwort auf ihre fehlenden Ressourcen zu werten ist – vor allem aus Gründen einer fehlenden Politik, die ihnen eine menschenwürdige Lebensqualität und die Integrität ihres Lebensraumes garantiert hätte. Die Suruí Paiter verfielen angesichts dieser materiellen und kulturellen Grenzsituation in ein bedauernswertes Stadium gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit.

Um das Mass vollzumachen, begannen in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre auch noch Goldgräber innerhalb des IT Sete de Setembro mit ihren Aktivitäten. Jedoch fanden sie kaum Gold in diesem Gebiet und gaben ihre Versuche bald wieder auf – im Gegensatz zu ihren Aktivitäten im Territorium der benachbarten Cinta-Larga, die noch heute vom ganzen Elend der Gewalt und der gesellschaftlichen Anomie betroffen sind, weil man Diamanten auf ihrem Boden ausbeutet.

Die Anhäufung von Gütern durch eine Beteiligung – partiell oder provisorisch – am Holzhandel oder einem Mineralienvorkommen, hat viele Paiter motiviert, in der Stadt Cacoal zu leben, wo sie immens unter Vorurteilen der Bevölkerung wegen ihrer indigenen Identität zu leiden haben – andererseits aber auch als Privilegierte betrachtet werden, infolge der den Indios von der Verfassung garantierten Rechte.

nach obenGesellschaftliche Organisation

Die Gesellschaft der Suruí Paiter ist in Hälften unterteilt, die aus exogamischen, patrilinearen Gruppen bestehen: Gamep, Gamir, Makor und Kaban. Sie sind polygam und avunculate Ehen sind üblich – ein Reglement, in dem der Mann die Tochter seiner Schwester, also seine Nichte, heiratet. Auch Ehen zwischen so genannten “gekreuzten“ Cousins werden akzeptiert. Parallele Cousins dagegen werden als Geschwister betrachtet, deshalb dürfen sie nicht heiraten.

Die Präsenz von Baptisten-Missionaren in den Dörfern der Paiter haben zu einer profunden Veränderung ihrer Kultur beigetragen. Ein Beispiel dafür ist das Verschwinden der Schamanen. Wie Informanten berichten, haben unzählige Schamanen wegen des Verbotes durch die Kirche ihre Tätigkeiten aufgegeben. Das bestätigen auch die Worte von Almir Narayamoga Suruí: “Wir haben viele Schamanen, die nicht praktizieren wegen der Religion. Die Tiergeister sprechen mit den Schamanen, aber wegen der Religion haben die Schamanen zu ihnen gesagt, dass sie nicht mehr praktizieren wollen, und die Geister sind neidisch auf den Gott der Religionen“.

nach obenPolitische Organisation

Was die politische Organisation betrifft, befindet sich die Suruí-Führung in einem Dilemma. Es gibt viele Chefs der verschiedenen Clans und Dörfer, in denen die mächtigsten die grössten Pflanzungen besitzen und besonders grosszügig bei der Ausgabe von “Chicha“ zu sein pflegen (einem fermentierten Getränk aus Mais), ausserdem sind sie besonders geschickt in der Herstellung von Pfeilen. Es gibt auch Zeremonien-Chefs für die kollektiven Arbeiten. Jeder Clan besitzt einen Chef, und seine Position wechselt von Zeit zu Zeit, sie überträgt sich vom Vater auf den Sohn, ausserdem kann sie auch auf einen Bruder übertragen werden, für den Fall, dass der Chef keinen Sohn hat.

Am häufigsten ist es, dass ein Mann einer Gruppe von Brüdern vorsteht, ein Schwiegervater der Chef seiner Schwiegersöhne ist, falls diese im gleichen Haus mit ihm wohnen. Im Bereich der Repräsentation des Volkes gegenüber Abgesandten der nationalen Gesellschaft, wählen die Suruí jüngere Chefs, weil sie in der Regel besser Portugiesisch sprechen – aber im Dorfleben wird die traditionelle Führung beibehalten.

Weil es keine politische Zentralisierung gibt, hat ein fehlender Konsens zwischen den lokalen Führern bei verschiedenen Gelegenheiten interne Konflikte heraufbeschworen und so versäumt, ein paar repräsentative Positionen für das gesamte Suruí-Volk zu besetzen.

nach obenHeim und Alltag

Ihrer Tradition zufolge wohnten die Suruí Paiter in Kollektiv-Behausungen, die intern durch familiäre Gruppen unterteilt waren. Heute hat sich diese Situation zwar stark verändert, aber für ein besseres Verständnis der gesellschaftlichen Organisation, wollen wir beschreiben, wie die traditionellen Behausungen organisiert waren.

Sie waren lang, hatten die Grundform einer Ellipse, waren zirka 25 x 8 Meter gross, mit einem einzigen Ein- und Ausgang an der längeren Seite. Eine spitzbogige Form von bis zu acht Metern Höhe, mit einem Gerüst aus Holz, gedeckt von einer dicken Lage Palmstroh. Die Basis der Wände, bis zu einem halben Meter Höhe, war mit Baumrindenstücken verkleidet, der Rest mit Stroh.

Im Eingang gibt es einen Bereich für alle Bewohner, wo unter anderen Objekten des häuslichen Gebrauchs auch grosse Keramiktöpfe aufbewahrt werden, die den verschiedenen Frauen des Hauses gehören, und in denen verschiedene Suppen, sowie das zeremonielle Getränk “i“, aus Mais, zubereitet wird. An Tagen, an denen die Frauen gemeinsam kochen, zusammengekauert, mit langen Kochlöffeln aus Holz, hört man bereits am frühen Morgen das dumpfe Geräusch aus den Holzmörsern, in denen sie, im regelmässigem Auf und Ab der schweren Holzstampfer, den Mais für die Suppe oder für Mehl zerkleinern.

In den übrigen Bereichen der als “Maloca“ bezeichneten Behausung unterteilen Paare von Holzpfosten (die in anderthalb Metern Höhe vom Boden aus durch Querstreben verbunden sind) die Privatsphäre der einzelnen Familien (ein Ehepaar mit ihren Kindern) voneinander. An den Querstreben befestigen fünf bis sechs Personen ihre Hängematten, eine angelehnt an die andere. Objekte gibt es nur wenige – nur ein paar Feldfrüchte für zwei oder drei Tage, ein Stück Wildfleisch oder Fisch und einige Maisfladen. Auf dem Boden Keramiktöpfe und ebensolche Schalen, kleine geflochtene Matten, ein oder zwei Körbe. Hoch darüber hängen Bananenrispen zum Reifen und Mais zum Konsumieren und für Samen. Oben im Stroh der Hauswand werden auch Pfeile und Schmuckfedern aufbewahrt – und heutzutage hängen auch Koffer und Körbe mit Kleidung von den Querbalken herab. Das Holzgerüst ist praktisch zum Aufhängen von kleineren Gegenständen, wie Spiegeln und Messern.

Ihr eheliches System erklärt, zumindest teilweise, die Besetzung der einzelnen Bereiche dieser grossen Behausung. Weil sie polygam sind, einige Männer als zwei oder drei Frauen haben, schlafen einige von ihnen in separaten Bereichen, getrennt von ihrem Ehemann.

Jede kleine familiäre Gruppe besitzt ein Kochfeuer, ausser dem grossen, zentralen Feuer und den Keramiktöpfen im Eingang. Unter jeder Hängematte brennt ein Feuer, und in der Nacht unterbrechen die Frauen ihren Schlaf immer wieder, um Holz nachzulegen und die Flammen neu zu entfachen. In diesem familiären Szenario ist der Platz des Chefs der erste Bereich auf einer der Seiten hinter dem Eingang, zusammen mit einer seiner Frauen. Von dort aus ist das Haus unterteilt in verschiedene Abschnitte, jeder für eine Familie, die jeweils eine Einheit innerhalb des gesellschaftlichen Lebens darstellt.

Hier essen die Personen und unterhalten sich, im Liegen oder im Sitzen, und rösten Maiskolben über dem Feuer. Die Hängematten schwingen hin und her, und die Körper berühren sich, während die Babys von einer Hand zur andern weitergereicht werden. Jede Familie hat Verbindung zur anderen, und von einer Hängematte aus kann man mit dem ganzen Rest der Maloca sprechen – Kinder rennen dazwischen hin und her, um den Erwachsenen kleine Leckerbissen aus Körben zu bringen, Mädchen kehren den Boden, andere sitzen auf Matten in kleinen Gruppen, um zusammen zu kichern oder einander etwas zuzuflüstern.

So eine Maloca ist weit davon entfernt, ein stiller, geruhsamer Ort zu sein. Das geballte Leben findet hier statt, sie ist Bühne zahlreicher Episoden, hier hat jeder sein Refugium in seiner Hängematte, die ihn vor der mörderischen Hitze und dem Schweiss auf den Feldern schützt. In der Maloca ist es kühl, das dämmerige Licht hier drinnen reduziert die glühende Mittagssonne zu einem winzigen Punkt im Eingang.

Heutzutage haben nur die ältesten Dörfer noch ein paar dieser traditionellen Malocas. Und die Zahl der Holzhäuser nimmt zu (gedeckt mit Asbestplatten oder Lehmziegeln, die Wände aus Holz und der Boden aus geglättetem Zement), und hi und da auch ein Haus aus Backsteinen, nach dem Vorbild der nationalen Bauern. In ihnen, anstelle der traditionellen Haushaltsgruppen, wohnen jetzt einzelne Kernfamilien.

nach obenEine Hälfte im Wald, die andere auf dem Feld

Die Mitglieder der Clans, aus denen sich die Suruí-Gesellschaft zusammensetzt, befolgen dasselbe traditionelle gesellschaftliche Reglement, durch das sie an ihre gegenseitigen Verpflichtungen gebunden sind. Im gesellschaftlichen Leben sind sie in zwei Hälften geteilt – die eine verbunden mit dem Wald, die andere mit dem Feld – daraus folgt, dass die Familien in jährlichen Zyklen die Seiten wechseln, das heisst, wer im vorigen Jahr zum Wald gehörte, wechselt in diesem zum Feld, und umgekehrt. Auf dem Feld, zum Beispiel, existiert eine breite Kooperation zwischen den Mitgliedern dieser Hälfte, so wie der gleiche Kooperationsgeist zwischen Brüdern und Schwagern, denn diese sind dazu verpflichtet, sich gegenseitig zu unterstützen. Traditionell organisiert man sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb der Verwandtschaft.

Man verbindet mit jeder Hälfte die Idee einer Verpflichtung aller Mitglieder gegenüber ihrer jeweiligen Seite – sie stellen sich den verschiedenen ihrer Hälfte zugehörigen Aufgaben: der Arbeit auf dem Feld, der Jagd und Fleischbeschaffung im Wald, der Zubereitung von Nahrungsmitteln oder der Herstellung von Objekten – jeder entsprechend den Anforderungen des Feldes oder des Waldes.

Die Opposition zwischen dem Wald und dem Feld organisiert den Jahresablauf der Paiter. Die Teilung zwischen den beiden Hälften bestimmt verschiedene Momente des gesellschaftlichen Lebens, die Produktion von Nahrungsmitteln, die Feste und die Rituale.

Die “Hälfte des Waldes“ richtet sich während der Trockenzeit (Mai bis Oktober) im “Metare“ ein – damit bezeichnen sie eine Lichtung oder niedrige Buschvegetation, etwa 500 Meter vom Dorf entfernt, ein Ort, welchen die andere Hälfte nicht betreten darf.

Beim “Mapimaí“, dem grossen Fest zum Wechsel zwischen den Hälften, fungieren die “Iwaí“ – das ist die Gruppe des Feldes – als Gastgeber. Sie müssen die “Makaloba“ für das Fest zur Verfügung stellen, ein fermentiertes Getränk, das bei den Paiter sehr beliebt ist. Hergestellt aus Maniok, Mais oder einer anderen mehligen Feldfrucht, wird die Makaloba in grossen Mengen von Männern und Frauen konsumiert.

Man muss den Wald sehr gut kennen, um zu verstehen, was “Metare“ bedeutet, eine mit den Geschehnissen verbundene Lichtung, mit der Freude unerwarteter Ausflüge, mit dem plötzlichen üppigen Nahrungsangebot, ohne dass es nötig gewesen wäre, auf den Rhythmus der Jahreszeiten und das Wachstum der Pflanzen zu warten, wie die andere Hälfte.

Während diese, für die Feldarbeit und die Nahrung verantwortliche Hälfte, die “Iwaí“, grössere Felder für die wachsende Bevölkerung anlegen muss und der Ernte und dem Kochen ebenfalls mehr Zeit widmen muss, verbleiben die “Metare“ im Wald während der Trockenperiode. Dort errichten sie eine Reihe von provisorischen “Tapiris“ (Jagdhütten), eine für jede Familie, in einem Halbkreis auf der Lichtung, die von ihnen ausgesucht worden ist.

Die Ankunft auf der Lichtung für das Camp geschieht unter Freudengeheul, und die Männer, in festlicher Stimmung, fertigen Bogen, Pfeile, Schmuck aus Federn oder Stroh an, während sie sich unterhalten und miteinander scherzen. Die Frauen fertigen Keramikstücke und Ketten, flechten Körbe und weben “Tipoias“ (Baby-Gürtel) zum Tragen ihrer Kleinkinder, sowie Schmuck aus Baumwolle – alles mit viel Urucum (rote Pflanzenfarbe) bemalt. Auch im Dorf pflegt man solche Objekte anzufertigen, aber im “Metare“ sind die Kunsthandwerker unter sich, tauschen ihre Erfahrungen aus und konzentrieren sich auf die Festlichkeiten. Im “Metare“ hat man mehr Zeit für Jagd und Fischfang, und die grossen Körbe sind stets gefüllt mit Fleisch (das Fleisch Jagdbeute wird gehackt und dann geröstet, so bleibt es viele Tage haltbar).

Allein oder in Gruppen, mit oder ohne Kinder, begibt man sich vom Camp aus auf mehr oder weniger ausgedehnte Ausflüge, um unterwegs die verschiedensten Produkte des Waldes einzusammeln. Aus dem Wald kommt das Stroh der Körbe und der Häuser, die knotenlosen Schilfstengel für die Pfeilschäfte, das Harz zum Verkleben der Pfeilspitzen und die Jenipapo-und Urucum-Farben zur Körperbemalung, die Borsten vom Wildschwein zum Schmuck, die Bogenbespannung und das Bogenholz, die Tucumã-Palmnüsse, Panzer von Gürteltieren, Bienenwaben und Flussmuscheln, Stacheln vom Baumstachler für Ketten und Armreifen, etc.

Die Metare-Lichtung liegt nicht nur günstiger für diese Sammel-Exkursionen als das Dorf, sie ist auch der Ort, an dem die Feste vorbereitet und von dem aus sie eingeleitet werden. Fest und Arbeit sind eng miteinander verbunden. Im Metare werden die kunsthandwerklichen Objekte angefertigt, deren Bestimmung es ist, als Tauschgeschenke beim Mapimaí-Fest verwendet zu werden – wo die Mitglieder der einen Hälfte zur anderen Hälfte überwechseln, und umgekehrt – unter Gesängen, Tänzen und reichlichem Trinkgelage. Solche Feste werden zur Bepflanzung der Felder oder zur Ernte der Erträge gefeiert, Höhepunkt ist der gegenseitige Austausch von Geschenken und Nahrungsmitteln. Während des Festes kann man deutlich die Teilung der beiden Hälften beobachten.

Monate sind zur Vorbereitung des Festes nötig, denn dazu braucht man ungeheure Mengen an “Makaloba“, dem traditionalen fermentierten Getränk. Ein solches Fest dauert einige Tage lang hintereinander, mit ausgedehnten Zeremonien, zu denen alle Dorfbewohner sich ausgiebig mit Ketten, Kopfschmuck und bemalten Gürteln schmücken. Am Tag des festlichen Saufgelages bewegt sich ein riesiger Festzug vom Wald zum Dorf, begleitet von Gesang und Tanz. Die Frauen der Zeremonienmeister transportieren brennende Fackeln, die nicht erlöschen dürfen, denn das wäre einerseits ein Zeichen, dass die Trägerin früh sterben würde, und andererseits würde es auch bedeuten, dass der Gott der Schöpfung, “Palop“ (unser Vater), sich weigerte, ihr Dorf zu besuchen und es zu beschützen.

nach obenKosmologie und Rituale

So wie in vielen indigenen Gesellschaften, in denen das Schamanentum eine zentrale Rolle spielt, stehen die Fragen bezüglich Gesundheit und Krankheit auch für die Paiter in direkter Verbindung mit dem übernatürlichen Universum. Sie kennen eine Vielfalt an Geistern, welche die Menschen krank machen können, und dieselben sind auch in der Lage, die Krankheiten abzuwehren, wenn man sie anfleht. Es gibt von jedem dieser Wesen Erzählungen, die ihnen zugesprochen werden.

Nach der Kosmologie der Suruí Paiter müssen die Seelen einen Weg voller Gefahren gehen. Zum Beispiel vorbei an einem riesigen Geier, der sie verschlingen will – einem Felsen, der sie zerquetschen kann – ein Kothaufen eines riesigen Leguans kann sie begraben – eine Frau oder ein Mann bedrohen die Männer oder Frauen (je nachdem wer vorbeikommt) mit riesigen Geschlechtsorganen – unter vielen anderen Gefahren. Mutigen Personen gelingt es, an den Gefahren unbehelligt vorbei zu kommen, und sie erreichen dann eine ewige und sichere Wohnstätte, zusammen mit all jenen, die einst Schamanen gewesen sind. Die Feiglinge, oder solche, die einen Inzest begangen haben, sterben ein zweites Mal, oder sie leben weiter in den Dörfern der nichtsnutzigen Seelen. Die Namen der Verstorbenen darf man nicht mehr aussprechen, damit ihre Seelen die Lebenden nicht belästigen, und sie ihre Wanderung in Frieden vollenden können.

Was die so genannten Übergangsriten betrifft, ist hier das “Fest der Jungfrau“ zu nennen, eine Tradition, die sich bei allen Gruppen der linguistischen Familie Mondé findet, sowie auch bei anderen Tupi-Stämmen. Mit diesem Fest feiern sie den Übergang der Kindheit eines Mädchens zur jungen Frau – ab ihrer ersten Menstruation verbleibt das junge Mädchen während einer Periode von einigen Wochen der Öffentlichkeit entrückt, verborgen in einer kleinen Strohhütte hinter der elterlichen Maloca, nur betreut von ihrer Mutter, von der sie auch begleitet wird, wenn sie im Schutz der Nacht die Hütte verlässt, um ihre Notdurft zu verrichten. Auch die “Couvade“, eine Vorsichtsmassnahme zum Schutz eines neugeborenen Kindes, gehört zu den Übergangsriten: Nach einer Geburt müssen sich die Eltern sieben Tage lang aller körperlichen Anstrengungen enthalten, kein Wildfleisch essen, und sich nur ihrem Kind widmen, um dessen Leben nicht zu gefährden.

Begräbnisrituale sind kaum entwickelt, die “Hoeyateim“ dagegen besonders ausgeprägt – das sind Rituale zur Heilung und der Bitten um Wohlstand (zum Beispiel gute Ernten), und die können viele Tage und Nächte dauern. Sie haben eine starke Verbindung zum Wald, in dem alles beginnt und alles endet. Die Schamanen führen, ihren Stab schwingend, eine Männergruppe an, die bis zu vier Meter lange Schilfstängel gen Himmel halten, die, so glauben sie, von den Geistwesen besetzt werden. Eine andere Männergruppe bläst auf bis zu zwei Meter langen Bambusflöten, um die anwesenden Geistwesen mit ihrer Musik zu erfreuen.

Um die “Hoeyateim“ zu verstehen, muss man erklären, dass es sich bei den “Ho“ um eine bestimmte Klasse von Geistwesen handelt. Im Mai 1979, nach dem Erstkontakt, und nach der Wiedereinrichtung des “Metare“, veranstalteten die Suruí Paiter ein solches Fest. Es war die Zeit der Cará-Ernte (eine Knollenfrucht, wie die Süsskartoffel), zu Beginn der Trockenzeit, und das Ritual enthielt eine Bitte um eine reiche Ernte. Die Suruí berichteten, dass sie, nach jenen vielen Toten während der Zeit der Masernepidemie, endlich wieder genügend grosse Felder besassen, die gute Ernten erbrachten und ihnen Feste erlaubten und sich dem “Metare“ zu widmen. Ein Festtag ist den “Goanei“ gewidmet, den Geistern des Wassers, ein anderer den “Goarei“, Geistern des Himmels, die auf ihre Bitten ins Dorf kommen. In jeder dieser Klassen gibt es verschiedenartige Wesen, und zu jedem gehört ein bestimmter Gesang und eine bestimmte Geschichte. Diese Gesänge sind allen bekannt, und der Schamane bedient sich ihrer zur Heilung der Kranken.

Während Tagen und Nächten kriechen die Töne der Flöten und menschlichen Kehlen aus den Malocas und schweben über dem Dorf, mal anschwellend, dann wieder abflauend, irgendwie beruhigend und erregend zugleich – wie aus einer anderen Welt. Von weitem sieht man, über den Dächern, die Bewegung der Taquara-Schilfhalme wie im Wind, begleitet von den sich wiederholenden Kadenzen der Bambusflöten. In einem oder zwei der fünf Festtage wird die gesamte Bevölkerung von den vier Schamanen gesegnet und mit dem heiligen Rauch angeblasen – darüber hinaus erhalten sie ein paar heilige Steine und einen Talisman gegen Krankheiten. Nach dem Fest werden die Schilfstängel und die Flöten im Wald zerbrochen – sie dürfen nur einmal benutzt werden und kehren nun zurück zu ihrer Herkunft.

nach obenDie Feste heute

Der aktuelle “Festkalender“ der Suruí-Paiter enthält: ”Mapimaí” (die Erschaffung der Welt), ”Ngamangaré” (anlässlich neu vorbereiteter Felder), “Weyxomaré” (Körperbemalung), “Hoeyateim” (der Schamane kontrolliert die Dorfgeister), “Lawaãwewa” (anlässlich der Neuerrichtung eines Hauses), “Ytxaga“ (anlässlich eines Fischzuges mit Timbó). Traditionelle Feste und Tänze haben zahlreiche Veränderungen hinnehmen müssen, und viele werden zunehmend vernachlässigt wegen ideologischer Konflikte mit den von Missionaren in den indigenen Kommunen eingeführten Religionen. Das Mapimaí-Ritual, zum Beispiel, wurde seit 12 Jahren der Unterbrechung, erstmals wieder im Jahr 2002 durchgeführt – trotz Verbot jener Ignoranten – um die Toten ihres Volkes zu ehren und ihren Seelen den sicheren Weg ins Jenseits zu ermöglichen.

Die von der nicht-indigenen Gesellschaft gefeierten Feste des Jahres (Weinachten, Geburtstage, zivile Feiertage, etc.) wurden von den Paiter weitgehend übernommen.

nach obenMythen

In den Erzählungen der Paiter sind die Aspekte bezüglich ihres gesellschaftlichen Lebens klar, ihr mythologisches Universum fusst auf ihrer Tradition, sowie die Übergangsriten, die Erschaffung der Welt und andere Aspekte ihres kulturellen Lebens. Unter der Vielfalt ihrer Erzählungen haben wir die vom Mond herausgegriffen. Sie handelt von der Liebe zweier Geschwister, die verdammt wurden, weil sie sich des Inzests schuldig gemacht hatten. Sie wurden in den Mond verwandelt.

Gatukat – der Mond

So wie ich es erzählen werde, ist der Mond entstanden.

Es gab einmal eine Familie in der rituellen Hälfte des Íwai, zuständig für die Feldarbeit und die Ernährung, die waren damit beschäftigt, das Getränk für das Fest vorzubereiten, also begaben sie sich aufs Feld, um dort Cará-Wurzeln auszugraben und sie anschliessend zu kochen. In dieser Familie gab es zwei Brüder und zwei Schwestern. Eines der Mädchen, sie war sehr schön, befand sich im “Akapeab“ – Ausgeschlossen von der Öffentlichkeit nach ihrer ersten Menstruation. Danach sollte sie, wie es unsere Sitte gebietet, mit ihrem Onkel mütterlicherseits verheiratet werden.

Besagter Onkel, er gehörte zur anderen Hälfte unseres Dorfes, der Gruppe “Metare“, im Wald, und weil er der anderen Hälfte angehörte, war ihm erlaubt, sie zu heiraten – aber er war weit weg, auf der Lichtung im Wald fertigte er Pfeile und andere Geschenke, welche seine Hälfte der anderen zum Fest überreichen würde. Plötzlich eines Nachts erschien ein Mann in der Hütte des Mädchens, er legte sich zu ihr in die Hängematte, und sie fragte ihn ganz leise, damit es niemand hörte:

– Bist du mein Onkel, der das mit mir macht?
– Ja, der bin ich, der Bruder deiner Mutter, dein Onkel…

In vielen weiteren Nächten kam er wieder. Kaum war es dunkel, stellte er sich ein und legte sich zu ihr. Das Mädchen aber fragte jedesmal:

– Bist du es, Onkel?
– Ja, der bin ich… aber erzähle es niemandem, erst wenn du aus der Hütte raus darfst, um mich zu heiraten.

Das Mädchen wurde misstrauisch, und nach einiger Zeit fragte sie sich, ob dieser nächtliche Besucher wirklich ihr Onkel war. Also entschloss sie sich, ihm schwarze Pflanzenfarbe der Jenipapo-Frucht ins Gesicht zu schmieren. In der Nacht, wie gewöhnlich, liess sie die kleine Strohtür im hinteren Teil ihrer Hütte angelehnt, damit er leicht hereinkommen konnte. Es war schon spät, als er eintrat und sich zu ihr legte.

– Oi, Onkel, bist du das?
– Ja, ich bin’s!

Sie tauchte ihre Hand in die Jenipapo-Farbe und strich sie ihm auf die Stirn. Einen Moment schien er misstrauisch, aber sie sagte, es sei Wasser, um die Hitze etwas zu mildern. Am folgenden Morgen erzählte sie ihrer Mutter, was geschehen war.

– Mutter, ob es wirklich mein Onkel ist, der mit mir jede Nacht schläft?
– Nein, er kann es nicht sein, meine Tochter, ein Onkel macht das nicht mit seiner Nichte, nur wenn die Reclusion vorbei ist. Wenn es ein anderer wäre, könnte das möglich sein…
– Hast du ihn denn schon gefragt, ob er wirklich dein Onkel ist?
– Hab’ ich! Und er sagte, ich solle es niemandem erzählen!
– Warum sollte er es geheim halten wollen? Wenn er dein Onkel ist, bist du seine Frau, nicht die eines anderen, warte, bis die Reclusion vorbei ist !
– Heute habe ich Jenipapo auf seine Stirn geschmiert, Mutter! Jetzt kannst du zur “Metare“ (Waldlichtung) gehen und nachsehen, ob er es wirklich ist.

Die Mutter war überzeugt, dass es nicht der Onkel war, der würde sich nicht heimlich in die Hütte ihrer Tochter schleichen. Wenn es ein anderer Konkurrent wäre, ein Cousin zum Beispiel, dann vielleicht würde so einer versuchen, das Mädchen für sich zu gewinnen. Sie begab sich zur Lichtung, wo die andere Hälfte der Dorfbevölkerung sich während der Trockenzeit aufhielt, und kam schliesslich furchtbar erschrocken zurück:

– Meine Tochter, im Gesicht deines Onkels ist keine Spur von Jenipapo, keinerlei Bemalung. Aber die Stirn deines Bruders, hier in unserer Hälfte, die ist schwarz bemalt!

Das Mädchen fing an zu schluchzen und schrie verzweifelt:
– Dann ist es also mein eigener Bruder, der mit mir schläft, alle diese Nächte!

Auch ihre Mutter weinte und sagte, dass sie beide jetzt fort in den Himmel gehen müssten. Der Bruder hatte beim Morgenbad im See sein Spiegelbild betrachtet und den Jenipapo-Streifen auf seiner Stirn entdeckt – jetzt kam er an, mit allen seinen Sachen, seinen Körben, seinen Waffen und anderen Besitztümern. Die Schwester verliess ihre kleine Hütte, beendete damit ihre Reclusion – doch ohne sich als Braut bemalt und geschmückt zu haben, wie es bei ihrer Heirat mit dem Onkel Brauch gewesen wäre.

– Mutter! Durchbohre meinen Körper mit dieser Pfeilspitze, damit ich sterben kann – bat sie.
Und das wollte sie wirklich – sie wollte sterben.

– Nein, ihr werdet nicht sterben, niemals! – erwiderte die Mutter – ihr geht in den Himmel. Und die beiden Geschwister kletterten an einer Liane direkt zum Himmel hinauf. Und in der folgenden Nacht erschien zum ersten Mal der Mond am Himmel, der bisher nicht existiert hatte. Und man erkannte bald, dass die dunkle Seite des Mondes das Gesicht des Bruders darstellte, bemalt mit Jenipapo.
Erzähler: Dikboba – 1988

Die Notwendigkeit, die Kinder zu beschützen, kann man aus der folgenden Geschichte der Zikade entnehmen: Man erzählt sich unter den Suruí Paiter, dass in früheren Zeiten ihre Kinder dabei erwischt wurden, wie sie Erdnüsse von den Feldern der “Gamep“ stahlen, und wie diese, zur Bestrafung, sie an Bäumen festbanden und ihnen die Münder zunähten. Die Kinder schrien, aber die Schreie kamen nicht aus den Mündern heraus. Und als es dunkel wurde, verwandelten sie sich in Zikaden.
Dikboba – 1988

Nangará – die Zikade

Es ist schon lange Zeit her, da bepflanzten die “Gamep“ ein riesiges Feld mit den Samen von Erdnüssen. Als die Zeit der Ernte kam, hörten sie nicht mehr auf, Erdnüsse zu essen, und sie machten sogar “Makaloba“ aus Erdnüssen, ihr Lieblingsgetränk.

Die Kinder von anderen Gruppen, die im selben Gebiet lebten, beobachteten, welche Mengen von Erdnüssen die Gamep vertilgten und bekamen Lust auf die Nüsse. Sie entdeckten das Feld und gewöhnten sich an, dort Erdnüsse zu stehlen. Sie vertilgten sie heimlich in einem Versteck und wurden nie entdeckt. Aber die Gamep bemerkten den Diebstahl und legten sich auf die Lauer – eines Tages erwischten sie die Kinder in flagranti:

– Ihr klaut unsere Erdnüsse und verwüstet unser Feld – aber jetzt werden wir euch ein für alle Mal diesen Diebstahl abgewöhnen!

Die Besitzer des Feldes überlegten, was sie wohl tun könnten, um diese Kinder zu bestrafen. Dann nahmen sie sich die Kinder vor – es waren die jüngeren, denen es nicht gelungen war zu fliehen – fesselten sie an einen Baum und nähten ihnen den Mund zu. Die Armen wollten schreien, um ihre Eltern zu rufen, aber aus ihren Kehlen quoll nur ein gedämpftes Murmeln. Die Besitzer des Erdnussfeldes beobachteten sie von weitem, versteckt hinter Büschen.

Den ganzen Tag lang versuchten die gefesselten Kinder um Hilfe zu rufen, aber aus ihrem Mund drangen nur gedämpfte, guturale Töne: “ruuu… ruuu… ruuu“!

Und als es dunkel wurde, verwandelte ein barmherziger Geist des Baumes die Kinder in Zikaden, die aus ihren Fesseln krochen. Reuig und erschrocken kamen die Feldbesitzer hinter ihren Büschen hervor:

– Was ist mit euch? Wo wollt ihr hin?

Aber es war zu spät. Wieder frei, fest in die Rinde gekrallt, krochen die grossen Insekten am Baumstamm hinauf – und wieder fingen sie an zu schreien, doch ihre Schreie klangen jetzt eher wie ein vielstimmiges Pfeifen, so grell und durchdringend laut, dass sich die Gamep die Ohren zuhielten und in ihr Dorf zurück eilten.

Und wo immer man den “Nangará“ begegnet, kann man beobachten, wie sie sich an Baumstämmen und Ästen festzukrallen pflegen, um von da aus ihre schrillen Schreie ertönen zu lassen, in einem alle anderen Rufe der Natur übertönenden Chor, der uns ermahnt, immer in der Nähe unserer Kinder zu bleiben, besonders wenn sie noch zu klein sind, um das Böse in dieser Welt und die Gefahren, die aus ihm entstehen, zu begreifen.
Erzähler: Dikboba – 1990

Stolz auf den kriegerischen Charakter ihres Volkes, haben die Paiter eine ganze Reihe von Helden in ihrer Geschichte, die sie in ihren Erzählungen zu rühmen pflegen, die von Krieg und Tod berichten, von der Präsenz der Nicht-Indios, und wie diese Zerstörung und Tod bereits in uralten Zeiten über ihr Volk brachten. Die traditionellen Erzählungen werden immer wieder durch die neuen christlichen Religionen ersetzt, obgleich es einen gewissen Widerstand einiger Familien und Kommunen gibt.

Die Schamanen wurden von den Missionaren diskriminiert und standen unter deren kontinuierlichem Druck, und das führte dazu, dass sie alle ihre traditionelle Kultur hinter sich liessen und ihr tausendjähriges Wissen auf geistiger und gesundheitlicher Basis, verlorenging. Heute eine Geschichte von Schamanen zu hören, ist sehr selten geworden, denn die nicht-indigenen Religionen, in Anwesenheit von Missionaren im Indio-Gebiet, verbieten, dass sie den Jüngeren erzählt werden. Einige Mitglieder der Kommune widersetzen sich diesem Verbot und berichten den Jüngeren, was die christlichen Religionen ihrer Kultur angetan haben.

Die in den Paiter-Dörfern präsenten Religionsgemeinschaften (mittels periodischer Besuche von Missionaren) sind Baptisten, Katholiken, Lutheraner und die “Assembleia de Deus“ (Gottesversammlung).

nach obenMaterielle Kultur

Die Frauen der Paiter fertigen Halsketten aus verschiedenen Rohstoffen an, aus Nüssen der Tucumã-Palme, Affenzähnen, dem Panzer des Gürteltieres, Fell vom Baumstachler und Bienenwaben. Die Tucumã-Nüsse werden aufgebrochen, Stücke davon mit einem Messer bearbeitet, anschliessend durchbohrt und auf einen Bast- oder Baumwollfaden aufgezogen, der zwischen zwei Pfosten ausgespannt ist, und dann werden die einzelnen Teilchen abschliessend noch mit einem Stein auf einheitliche Grösse zurecht geschliffen – solche Ketten haben oft eine Länge von zehn Metern oder mehr.

Abends beschäftigen sich die Frauen – in der Regel die jüngeren Mädchen – mit dem Spinnen von Baumwollfäden. Sie drehen eine Spindel, flechten auch dickere Stricke und setzen dazu nicht nur die Finger sondern auch die Zehen als Hilfsmittel ein. Sie weben Hängematten, breite “Tipóias“ zum Tragen der Kleinkinder, und Gürtel für Männer und Frauen. Einige der Gürtel und Tipóias werden mit der roten Pflanzenfarbe Urucum beschichtet und geschmückt mit kleinen bunten Federn oder auf einen Faden aufgezogenen Pflanzensamen.

Ausser den Ketten und Webarbeiten gehört das Korbflechten ebenfalls zur femininen Kunst. Es gibt Körbe verschiedener Formen und Grössen, die zum Aufbewahren von Objekten dienen, von Nahrungsmitteln, Wildfleisch, Fischen und Feldfrüchten. Die Frauen flechten aber auch Matten, Fächer zum Anfachen des Feuers, Türen für die Hütteneingänge. Und sie verwenden die verschiedensten Techniken und Muster bei ihrer Flechtarbeit. Sie sind sehr geschickt und schnell – zum Beispiel stellen sie einen “Adô“ (grosser Korb zum Transportieren von Feldfrüchten) in weniger als einer Stunde her.

Unter ihrer gesamten Produktion stellt allerdings die dunkle Keramik der Suruí ihre weitaus grösste Kunst dar. Angefangen bei kleinen Töpfchen für die “Makaloba“ (das fermentierte Getränk aus Maniok oder Mais) bis zu den wunderschönen “Cuias“ (Kalebassen) – mit Schnabel oder ohne – in denen die Hausfrauen Früchte anbieten, die man mittels Löffelchen aus Stroh geniessen kann. Auf den Tellern aus Keramik werden Speisen angeboten – jede Person wartet geduldig bis sie drankommt. Die Keramikartikel werden per Rollentechnik angefertigt, zweimal gebrannt, im Dorf oder im Wald. Für die erste Brennung errichtet man rund um das aus Ton gefertigte Teil einen Reisighaufen, der angezündet wird. Zur zweiten Brennung wird das Teil mit seiner Oberseite nach unten auf die Glut postiert. Die Männer helfen den Frauen beim Heranschaffen der Tonerde, die im Gebiet der Suruí von exzellenter Qualität ist.

Die Männer fertigen ebenfalls kunsthandwerkliche Objekte an, wie zum Beispiel Bogen und Pfeile. Die Pfeilschäfte aus knotenfreien “Taquaras“ (Schilfhalmen) sind schwierig zu beschaffen, weil sie in einer Region geschnitten werden müssen, die viele Kilometer weit weg liegt. Die Pfeile werden mit Wildschweinborsten verziert, die unterschiedlichen Spitzen mit Baumharz verklebt und mit Baumwollfäden umwickelt, die mit Urucum gefärbt sind. Jeder Pfeil besitzt einen bestimmten Stil, dessen Autor man leicht identifizieren kann. Und jeder besitzt eine Form, eine Zeichnung und eine Bestimmung, die besonders durch die entsprechend verwendete Spitze kenntlich wird (zur Jagd unterschiedlicher Tiere, für Fische oder zum Kampf gegen Menschen).

Ein weiteres von den Männern angefertigtes Objekt ist die “Tembetá“, ein Schmuckpflock, der in ein Loch in der Unterlippe von Männern und Frauen eingeführt wird. Er besteht aus einem trockenen, harten Harztropfen des Jatobá-Baumes und wird während vieler Stunden sorgfältig zugeschliffen und poliert. Weitere Objekte, die von den Männern angefertigt werden, sind die “Mixangáp“ – Rasseln für die Beine (zu rituellen Tänzen) – Kopfschmuck aus Vogelfedern, Kämme, Kronen aus Strohgeflecht, die gewaschen, getrocknet und bemalt werden, und nicht zu vergessen, die grossen Bambusflöten für die Hoeyateim-Feste.

Die Männer bemalen die Frauen zu den Festen mit Ornamenten aus Jenipapo. Die Männer widmeten sich einst auch der Tätowierungen im Gesicht, und noch heute perforieren sie die Lippen einiger Kinder im Alter von sechs bis sieben Jahren. Ausser den erwähnten Objekten, konstruieren die Männer auch die Häuser, die Hütten der Reclusion und die “Tapiris“ (provisorische Hütten im Jagdcamp) – und sie roden Bäume und Büsche für ein neues Feld.

nach obenProduktive Aktivitäten

Die Paiter beherrschen den Ackerbau souverän, und ihre familiären Felder werden von verschwisterten Gruppen kultiviert. Auf ihnen pflanzen sie eine Vielfalt an Produkten, wie Mais, Maniok, Kartoffeln, Inhame, Bohnen, Reis, Bananen, Erdnüsse, Papayas, ausserdem Baumwolle und Tabak zum Eigengebrauch. Das Bepflanzungssystem entspricht der “Coivara“, dem Wanderfeldbau – jedes Feld lässt man nach zwei Jahren “ausruhen“, damit sich der Boden erneut mit Nährstoffen (Mineralien) anreichern kann.

Was die geschlechtliche Verteilung der Arbeiten betrifft, beschäftigen sich die Männer mit der Jagd, dem Entfernen der Bäume für den Ackerbau, und der Anfertigung von Bogen und Pfeilen – während das Spinnen, die Herstellung von Keramik und Körben, das Kochen und die Pflege und Aufsicht der Kinder, Frauenarbeit ist. Männer und Frauen pflanzen und fischen, widmen sich der Ernte von Früchten, wildem Honig, dem Sammeln von Larven, Palmenmark und anderen Produkten des Waldes. Nach 1981, nachdem sie die Kaffeeplantagen der ausgewiesenen Landbesetzer übernommen hatten, lieferten sie auch Kaffee für den Markt. Die finanziellen Einnahmen werden für den Kauf von Produkten verwendet, die inzwischen für sie unentbehrlich geworden sind, wie Kleidung, Werkzeug und ergänzende Lebensmittel, wie zum Beispiel Salz, Zucker und Speiseöl.

Die Paiter sind gute Jäger und Fischer. Eine Jagd kann Stunden dauern, oder einen ganzen Tag, oder auch Tage, manchmal auch mehrere Wochen. Die Frauen gehen gerne mit, manchmal sind auch die Kinder dabei, wenn sich eine Jagd länger hinzieht. Dann warten Frauen und Kinder an verabredeten Orten, während die Männer sich der eigentlichen Jagd widmen. Sie wenden verschiedene Jagdtechniken an, wie Fallen stellen oder aus einem Versteck heraus die Tiere belauern, dazu imitiert der Jäger die Stimmen entsprechender Tiere, um sie anzulocken. Sie erlegen das Wild inzwischen vorzugsweise mit einem Gewehr und begründen das mit den Schwierigkeiten, heutzutage gutes Schilfrohr für die Pfeilherstellung aufzutreiben.

Nach einer Jagd wird das Fleisch, nach einem Fischfang der Fisch, entsprechend der verwandtschaftlichen Verhältnisse verteilt. Beliebte Jagdbeute sind Wildschweine, Gürteltiere und für Frauen mit neugeborenen Kindern, ein “Inambu“ (verschiedene Vogelarten der Tinamidae-Familie, die sehr geschätzt werden). Jedoch verzehren sie auch “Mutum“ (Hokko-Hühner), “Caititu“ (Pekari), “Jacu“ (Cracidae), “Tamanduá“ (Ameisenbär) und einige Affenarten, von denen sie den “Quatá“ (Spinnenaffe) bevorzugen. Allerdings gibt es einige Affenarten, die ein Ernährungs-Tabu darstellen, ebenso der Jaguar, die Landschildkröten, der Tapir, die Kaimane und, für ihre Stammesbrüder, die Gamep, der Hirsch und das “Cutia“ (Aguti). Fleisch vom Hirsch, den Ameisenbären und dem Tapir ist verboten für Kinder (die beiden Letzen auch für Jugendliche). Fleisch vom “Jacamim“ (Vogel aus der Familie Psophiidae) darf nur von alten Menschen gegessen werden. Die Paiter essen keinerlei Reptilien oder Amphibien, auch keine Raubvögel, Ratten oder Fledermäuse, keine Enten oder andere Wasservögel, keine Tukane und auch keine “Capivaras“ (Wasserschweine), das ist eigentlich schade, denn die sind sehr zahlreich, fast eine Plage.

Nach einer Untersuchung der NGO Kanindé, verkonsumieren die Paiter nur Schuppenfische, sie betrachten die Hautfische als Träger von Krankheiten. Die von ihnen genutzten fischreichen Flüsse sind: der Rio Branco, Rio Lobo, Rio Gapó und der Rio Ribeirao. Kleinere Flüsschen in der Nähe der Dörfer, so genannte “Igarapés“, werden von den Kindern frequentiert, um ihre Geschicklichkeit des Fischfangs mit Pfeil und Bogen zu üben. Der Gebrauch von Timbó (Lianengift) gehört ebenfalls zu den traditionellen Methoden des Fischfangs während der Trockenzeit, wenn die Flüsse weniger Wasser führen. Angelhaken, Nylonschnur und Fangnetze wurden durch den Kontakt mit den Nicht-Indios eingeführt und erfreuen sich heute allgemeiner Beliebtheit.

Es gibt eine Fischzucht-Einheit im Suruí-Dorf Lapetanha. Die besteht aus einem Staubecken und einem Tank von 300 Quadratmetern, in dem 3.000 Jungfische aufgezogen werden – ein Pilot-Projekt, das von der Vereinigung “Paiter Metareilá“ eingeführt wurde, finanziert vom Agrar-Ministerium.

nach obenFelder

Die Zusammenarbeit auf dem Feld wird von verschiedenen Vorschriften innerhalb der Paiter-Gesellschaft geregelt. Die Identität zwischen Arbeit und gesellschaftlicher Organisation zeigt sich, wenn die gesamte Maloca-Bewohnerschaft zusammen auf die Felder zieht – oder durch die Verpflichtung, dass jeder Mann einige Tage Arbeit auf dem Feld seiner Verwandten zu opfern hat, mit denen er nicht zusammen wohnt. So helfen sich verheiratete Brüder, wenn sie in verschiedenen Häusern wohnen – Schwiegersöhne helfen ihren Schwiegervätern – Schwager gehen mit dem Ehemann der Schwester zur Arbeit auf dem Feld.

Die Regeln der Kooperation sind ausserordentlich vielseitig. Zum Beispiel geht der Chef eines Hauses zum Einbringen der Ernte mit seinen Söhnen aufs Feld, obwohl nur einer von ihnen mit ihm im gleichen Haus wohnt. Warum ist der verheiratete Sohn, der in einer anderen Maloca wohnt, bei ihm, anstatt mit seinen Mitbewohnern zu ernten? Weil es sich in diesem Fall um eine verwandtschaftliche Beziehung handelt, die ein “iatir“ vorbereitet (eine Gabe in Form einer Suppe oder eines Getränks für die Bewohner der anderen Malocas).

Der “iatir de milho“ (Getränk aus Mais) heisst in ihrer Sprache “meeg-aré“ (Begleiter zum Mais). “Áre“ ist das Wort, mit dem man Brüder bezeichnet – “áre“ und “aré“, ist dasselbe Wort, nur mit unterschiedlicher Betonung, und es enthüllt, dass die Zusammenarbeit eine Sache für die Angehörigen einer gleichen Linie ist (Brüder gehören der gleichen Linie an). Und man kann beobachten, dass alle Wörter für eine Gemeinschaftsarbeit sich auf Brüder beziehen: “meeg-aré“, “sogai-aré“ (Zusammenarbeit zur Pflanzung), “gã manga aré“ (gemeinsame Anlage eines Feldes), “soe-karé“ (gemeinsame Jagd) und so weiter.

Auf den Feldern für den Eigenbedarf werden folgende Spezies angebaut:

  • Maniok – einige Arten;
  • Cará – einige Arten; bedeutendes Nahrungsmittel
  • Mais – einige Arten;
  • Süsskartoffeln;
  • Erdnüsse;
  • Papayas;
  • Inhame;
  • Rote Bananen („mocoba-owa“)

Die von Nicht-Indios eingeführten Spezies sind:

  • Weitere Maniok-Arten;
  • Hybrid-Mais;
  • Bohnen;
  • Reis;
  • Kürbisse;
  • Bananen;
  • Zuckerrohr.

nach obenKaffee

Die ersten Erfahrungen mit der Kultivierung von Kaffee machten die Paiter 1981, nach der Ausweisung der in ihr Gebiet illegal eingewanderten Kolonisten, nachdem diese zahlreiche Kaffeepflanzungen im Innern des Indio-Territoriums zurück gelassen hatten. Die Indios teilten sich die Arbeit in den Kaffeeplantagen zwischen den Grossfamilien auf, nutzten die Ernten von 1982 und schützten ihr Territorium gegen neue Invasoren.

Ein paar Jahre schien das sehr gut zu funktionieren, die Paiter machten ihre Erfahrungen mit der Bewirtschaftung des Kaffees und brachten ihn auf den Markt, und das Produkt brachte ihnen einen ordentlichen Gewinn ein. Dann plötzlich fiel der Marktpreis des Kaffees drastisch, wodurch sich eine allgemeine Unlust breitmachte, die Plantagen weiter zu bewirtschaften. Viele Plantagen überliess man sich selbst. Erst in den 1990er Jahren stieg der Kaffeepreis wieder beträchtlich, sodass auch die Suruí wieder stimuliert wurden, sich um ihre Plantagen zu kümmern. Heute ist in den Dörfern, welche sich nicht mit Holzhandel beschäftigen, die Kaffeeproduktion die bedeutendste Aktivität zur Erwirtschaftung eines finanziellen Gewinns. Die Kaffeeplantagen sind Eigentum der Familien, aber nicht alle Familien besitzen eine.

Ein Teil des geernteten Kaffees wird im Distrikt Riozinho, im Munizip von Cacoal, weiter bearbeitet – in einer Maschine, die der indigenen Organisation “Metareilá“ von der FUNAI gespendet wurde. Der andere Teil der Produktion wird von den besitzenden indigenen Familien direkt an die Kaffee verarbeitenden Unternehmen verkauft.

nach obenViehzucht

In fast allen Dörfern wird eine extensive Rinderzucht betrieben. Einige besitzen einen Stall, mit Dach und betoniertem Boden, andere nicht. Die Herden sind relativ klein und im Besitz einzelner Familien – ihre Zahl schwankt zwischen ein paar Einheiten bis zu ein paar Dutzend Stück, einerseits zur Produktion von Milch für den Eigenbedarf und zum Verkauf als Schlachtvieh.

nach obenDie Organisation Metareilá

Trotz aller anderen Probleme gingen die Paiter im Jahr 1988 gegen die illegalen Holzfäller vor, indem sie die “Organização Metareilá do Povo Indígena Paiter“ gründeten. Diese Organisation des Suruí-Volkes versucht die Holzfäller aus ihrem Territorium zu vertreiben, deren Drahtzieher zu entlarven, die das Holz verkaufen, und Persönlichkeiten auszuwählen, die dem Schutz der Natur verpflichtet sind. Dies war keine einfache Entscheidung, denn es bedeutete, ab sofort weniger finanzielle Mittel für den Eigenbedarf zur Verfügung zu haben, an den sie sich bereits gewöhnt hatten. Sie schlossen sich mit den restlichen indigenen Völkern des Staates zusammen, um gemeinsam die Erhaltung der natürlichen Ressourcen zu verteidigen – sie machten die Öffentlichkeit auf den illegalen Holzverkauf aufmerksam, indem sie in den lokalen Medien protestierten.

Zwischen 1988 und 1990 fand kein Holzverkauf mehr im Einvernehmen mit den Paiter statt. Jedoch ab 1991, ohne Unterstützung ihrer anderen Aktivitäten und ohne Mittel zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse, verlor die Metareilá an Macht, und einige Führer begannen wieder Vereinbarungen mit den Holzfällern zu treffen.

Trotz alledem hat die Metareilá versucht, einen Ausweg für die Probleme der Paiter zu finden und fährt fort, sich für die Erhaltung der natürlichen Ressourcen einzusetzen. Die Organisation hat sich bemüht, die Ausführungen von Regierungsprojekten zu begleiten, wie zum Beispiel die “PLANAFLORO“ (Plano Sócio – Econômico Ecológico do Estado de Rondônia) und das “Projeto Úmidas“ (Agenda Úmida – Programa de planejamento até o ano 2021), sowie die nationale und regionale Politik bezüglich Gesundheit, Erziehung, Territorium, und weiterer Themen, die sich mit der indigenen Sache befassen. Dies erforderte Anstrengungen, und vor allem finanzielle Mittel, die man aus den Taschen der Direktoren bekam, trotzdem war es ein schwieriges Unterfangen wegen der fehlenden Mittel für Reisen, Verpflegung und Unterbringung.

Die Teilnahme der Paiter an der Begleitung der Planafloro war entscheidend für die Zustimmung, dass es diesem Volk gestattet ist, Projekte im “Programm zur Unterstützung kommunaler Initiativen“ zu präsentieren. Bei der Ausführung dieser Projekte jedoch, hatten die Paiter dann Schwierigkeiten, weil sie über keine administrative Erfahrung verfügten, und ihnen dieselbe bezüglich der technischen Anforderungen ebenfalls fehlte. Trotz aller Schwierigkeiten hat die Metareilá sich bemüht, die traditionelle Wirtschaft wieder anzukurbeln und weitere wirtschaftliche Alternativen von ambiental nachhaltigem Charakter, zu finden. Dafür versucht sie, sich mit nationalen und internationalen indigenen Organisationen in Verbindung zu setzen, ihr fehlt jedoch die technische Kapazität zur Erarbeitung von Projekten und zur Administration von finanziellen Mitteln.

Die Suruí Paiter sind Partnerschaften mit staatlichen und munizipalen Institutionen eingegangen, sowie mit nicht-staatlichen NGOs. Unter ihren bedeutendsten Partnern sind zu nennen: die PACA (Umweltschutz der Stadt Cacoa), die schon seit Jahren indigene Agenten als Sanitäter ausbildet, Erste-Hilfe-Posten in den Dörfern einrichtet und bei der Wiederbelebung ihrer Kultur assistiert – die Präfektur von Cacoal, die für Lehrer gesorgt hat, die in den Dörfern unterrichten – und erst kürzlich den KANINDÉ (Verein zur ethno-ambientalen Verteidigung), der ihnen bei der Formulierung von Projekten zur Seite steht.

Im Jahr 1999 gründete die indigene Kommune der “Linie 14“ eine weitere Institution, die „Associação Gamir“.

In verschiedenen Dörfern der Paiter wurde auch die APP (Vereinigung der Lehrer und Eltern) gegründet, die sich exklusiv mit der Erziehung der Indios befasst. 2003 schuf man das “Forum der Indigenen Suruí-Organisationen“.

Die Frauen der Paiter machen inzwischen mobil zur Gründung einer eigenen Vereinigung, mit Unterstützung und Motivation durch die “Associação Metareilá“.

nach obenGesundheit und Erziehung

Bis zum Jahr 1989 war es die FUNAI – anhand der exekutiven Administration von Cacoal – die für den Gesundheitszustand der Suruí-Bevölkerung verantwortlich war. In der Zeit zwischen 1989 und 1991 wurden sie dann durch das “Projekt für Gesundheit des Volkes Suruí Paiter“ betreut, entwickelt von der CERNIC (Centro de Reabilitação Neurológica Infantil de Cacoal), in Zusammenarbeit mit der IAMÁ (Instituto de Antropologia e Meio Ambiente), mit Finanzierung aus dem norwegischen Programm für Indigene Völker der NORAD (Norwegian Agency for Development Cooperation), dem es gelang, das niedrige Niveau der gesundheitlichen Betreuung der Suruí etwas anzuheben.

Die PACA (Proteção Ambiental Cacaolense) setzt seit 1992 diese Arbeit mit der indigenen Bevölkerung fort und bildet auch Sanitäter zu diesem Zweck aus, wodurch es bereits gelungen ist, die hohe indigene Sterblichkeitsrate zu verringern und ein signifikantes Bevölkerungswachstum zu erreichen.

Eine Untersuchung, durchgeführt in den Dörfern der Suruí Paiter selbst, hat ergeben, dass die Gesundheitsprobleme der Suruí-Kinder vor allem mit Verminose, Pneumonie, Deshydratation und Durchfall zu tun haben. Unter den Erwachsenen sind Grippe, Pneumonie, Rheumatismus und Tuberkulose am häufigsten. Es gibt Erste-Hilfe-Posten im IT Sete de Setembro, mit Ausnahme von zwei Dörfern der “Linie 11“ (Dorf Lobo und Dorf Amaral) und einem der beiden Dörfer auf der “Linie 14“ (Dorf Placa). Der zur Verfügung stehende Krankentransport, um von einem Arzt im “Casa de Saúde Indigena“, in Riozinho oder in Cacoal behandelt zu werden, wird von Fahrzeugen und Fahrern der FUNASA durchgeführt. In drei indigenen Posten – der Linha 11 (Dorf Lapetanha), Linha 14 (Dorf Gamir) und der Linha 09 – wurden von der FUNASA/PACA Radiotranszeptoren installiert, um in dringenden Fällen einen Notarzt oder Krankentransport rufen zu können.

Was die Erziehung betrifft, so hat die IAMÁ zwischen 1992 und 1996 ein Projekt zur Ausbildung von indigenen Lehrern koordiniert, unter Einbegreifung der Erlernung der nativen und der portugiesischen Sprache, sowie der Alphabetisierung in der indigenen Sprache.

Gegenwärtig vermitteln die Dorfschulen ihren Schülern die vier Klassen der Grundschule – “die 1. bis 4. Serie“, wie es in Brasilien heisst. Die Lehrer in den Dörfern gehören dem munizipalen Unterrichtszirkel von Cacoal an. Die indigene Monitoren werden vom Staat unter Vertrag genommen. Die Infrastruktur der Dorfschulen ist in der Regel improvisiert, der Unterricht findet in unterschiedlichen Arten von Behausungen statt. Meistens haben diese Räume Wände aus Holz, einen Boden aus geglättetem Zement und ein Dach aus Asbest. Im Fall jener Dörfer ohne Schuleinrichtung, müssen sich die Schüler zum Unterricht in ein Nachbardorf begeben.

Die Schulspeisung wird von der SEDUC (Secretaria Estadual de Educação de Rondônia), mittels ihrer regionalen Niederlassung in Cacoal koordiniert. Diese Einrichtung hat bisher ohne Unterbrechung funktioniert und hat bei den Schülern für bessere Lernbereitschaft und entsprechend positive Ergebnisse gesorgt.

nach obenQuellenangaben

Dieser Bericht über die Suruí Paiter wurde dank gemeinsamer Anstrengungen von der Metareilá (einer Organisation des Indigenen Paiter-Volkes), der ethno-ambientalen Vereinigung Kaninde und der Anthropologin Betty Mindlin, erarbeitet. Ein jeder dieser Kollaborateure hat dafür seine Erfahrungen eingebracht, die er unter den Paiter gemacht hat, in der Absicht, dieses indigene Volk so wirklichkeitsgetreu wie möglich darzustellen.

Die in diesen Text eingeflossene Feldarbeit von Betty Mindlin stellt ihre Doktorarbeit “Die Surí von Rondônia“ dar (1984), ausserdem eine spätere Publikation “Wir Paiter: Die Suruí von Rondônia“ (1985), die eigentlich eine Buch-Version derselben Doktorarbeit ist. Die in diesen Text aufgenommenen mythologischen Erzählungen wurden aus dem Buch “Stimmen der Herkunft, unaufgeschriebene Geschichten“ (1996) entnommen, organisiert von Betty Mindlin, an der Seite verschiedener Suruí-Erzähler. Das erwähnte Buch enthält eine bemerkenswerte Reihe mythologischer Erzählungen der Suruí, welche die verschiedensten Aspekte ihrer Kultur beschreiben.

Ausser den Arbeiten von Betty Mindlin sei an dieser Stelle die Mitarbeit der Kaninde (Associação de Defesa Etnoambiental) hervorzuheben, die mit ihrem Projekt “Projeto Diagnóstico Etno Ambiental Paiter“ wesentlich zu diesem Profil der Suruí Paiter beigetragen hat. Die Arbeit dieser NGO besteht aus einer Untersuchung, zusammen mit der Organisation Metareilá, die eine Erhebung der aktuellen Situation des indigenen Volkes und des IT Sete de Setembro beabsichtigt. Die Daten bezüglich der Agrarprojekte, des indigenen Vereinswesens und der gesellschaftlichen Institutionen wurden aus diesem Bericht entnommen.

Ausser diesen Quellenangaben haben auch führende Köpfe der Suruí Paiter selbst diese Texte begutachtet und ihren Beitrag zu der endgültigen Fassung geleistet.

© Betty Mindlin – Antropóloga. Ex-professora visitante do Instituto de Estudos Avançados da USP. Kanindé Associação de Defesa Etnoambiental – August 2003
Deutsche Übersetzung/Bearbeitung Klaus D. Günther
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