Kadiwéu

Zuletzt bearbeitet: 3. Dezember 2020

Die Kadiwéu werden auch als “Reiter-Indianer” bezeichnet, wegen ihrer Geschicklichkeit im Umgang mit Pferden. Sie bewahren in ihrer Mythologie, in der Kunst und ihren Ritualen die Haltung einer hierarchischen Gesellschaft von Herren und Tributpflichtigen. Einst gefürchtete Kieger, kämpften sie als Aliierte Brasiliens im Paraguay-Krieg – deshalb, so erzählen sie, hat man ihnen auch ihr heutiges Territorium zugeteilt.

Kadiwéu

Andere Namen: Ejiwajigi (Selbstbezeichnung), Kaduveo, Caduveo, Kadivéu, Kadiveo
Sprache: aus der linguistischen Familie Guaicuru
Population: 1.346 (2009)
Region: Westen des Bundesstaates Mato Grosso do Sul (Grenze zu Paraguay)
INHALTSVERZEICHNIS
Die Gesellschaft ihrer Vorfahren
Lebensraum
Bevölkerung
Geschichte des Erstkontakts
Gesellschaftliche und politische Organisation
Kunst
Erzählte Mythologie
Riten
Zeitgenössische Aspekte
Quellenangaben

Velha Kadiuéu (Anoã)
Berta Ribeiro entre os Kadiwéu
Caduveo Ueddi
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nach obenDie Gesellschaft ihrer Vorfahren

Als Nachfahren der Mbayá, eines Zweiges der Guaikurú, bewahren die Kadiwéu die Erinnerung an eine ruhmreiche Vergangenheit. Einst organisiert in einer Gesellschaft, welche auf der einen Seite aus Noblen bestand, auf der andern aus Arbeitern, die ihnen tributpflichtig waren, lebten die Noblen von den Abgaben derer, die im Schweisse ihres Angesichts die Felder bestellten. Und von diesen machten sie sogar ihre eigene biologische Fortpflanzung abhängig, denn ihre eigenen Frauen pflegten keine Kinder in die Welt zu setzen, oder sie erlaubten höchstens das Überleben eines einzigen Kindes, gegen Ende ihrer Fruchtbarkeit. Diese Frauen widmeten sich ganz der Körper- und Gesichtsbemalung, deren aussergewöhnliche geometrischen Elemente Lévi-Strauss als “charak-teristisch für hierarchische Gesellschaften” bezeichnete. Es sind Zeichnungen die mit ihrem Reichtum an Formen und Details beeindrucken – schauen Sie sich dazu mal die grosse Kollektion von Darcy Ribeiro an, die er in seinem Buch über die Kadiwéu publiziert hat.

Die Kriegsgefangenen der Vergangenheit – vorzugsweise Kinder und Frauen – wurden in diese Gesellschaft integriert, und zwar als eine besondere Kategorie der “Tributpflichtigen”, genannt “Gootagi” (unsere Untergebenen). Die Guaikurú-Mbayá holten sich “Untergebene” aus verschiedenen anderen Indianervölkern, vor allem von den Xamakôko, Bewohnern des paraguayischen Territoriums, ihrer ergiebigsten Quelle. Aber auch Weisse machten sie zu ihren “Gootagi” – Portugiesen und Spanier, Brasilianer und Paraguayer – wie historische Chroniken berichten und die Erinnerung der Kadiwéu bestätigt. Die Mbayá unterhielten noch eine andere Art von Relation, eine, die sie mit den Terena verband (einer Untergruppe der damals Guaná oder Txané genannten Indianer), eine Gesellschaft, die ebenfalls in Schichten gegliedert war. Sie befürworteten eine Heirat zwischen ihren Noblen und Frauen aus der höchsten Schicht der Terena – und gewannen damit das Recht aus Dienstleistungen, vor allem auf Feldprodukte aus der Produktion dieses Volkes.

Im Paraguay-Krieg schlugen sie sich auf die Seite der Brasilianer und waren damit die ersten Indianer, denen man ein eigenes Territorium zur Verfügung stellte, obwohl ihre Grundrechte darauf bis heute nicht garantiert sind. Eine Arbeitskleidung im “Western Style” der Kadiwéu-Männer der Gegenwart beweist ihre typische Lebensart im Zusammenhang mit der Pferdezucht – sie unterhalten noch immer Herden, jedoch kleinere als in der Vergangenheit.
Sprache

Die Kadiwéu gehören zur linguistischen Familie der Guaikurú, wie noch viele andere eingeborene Völker des “Chaco” – zum Beispiel die Toba (in Paraguay und Argentinien), die Emók oder Toba-Miri (Paraguay), die Mocoví (Argentinien), die Abipón (ausgerottet) und die Payaguá (ausgerottet). Unter diesen Guaikurú-Gruppen sind die Kadiwéu die nördlichsten und einzigen im Osten des Paraguay-Flusses, in Brasilien.

Einige Alte, Frauen und vor allem Kinder, sprechen nur Kadiwéu. Eine gute Zahl unter ihnen kann sich jedoch in Portugiesisch verständigen. In ihrer Originalsprache gibt es viele geschlechtspezifische Unterschiede. Interessant ist die Feststellung, dass Abkömmlinge des Terena-Volkes, die unter den Kadiwéu leben, nur Portugiesisch sprechen, um im Dorf der Kadiwéu zu kommunizieren (sie gebrauchen dann ihre eigene Sprache nicht einmal unter sich selbst). Trotzdem sie es nicht sprechen, verstehen sie jedoch alles in Kadiwéu, denn sie werden ja immer wieder auf sie angesprochen.

nach obenLebensraum

Die spanischen Kolonisatoren nannten sie “Mbayá” (Terminus wahrscheinlich aus der Tupi-Sprache) die von den Portugiesen als “Guaikurú” (ebenfalls aus der Tupi-Sprache) bezeichnet wurden, von ihnen stammen die Kadiwéu ab. Ursprünglich auf der okzidentalen Seite des Rio Paraguay, begab sich ein Teil der Mbayá auf sein orientales Ufer, im 17. Jahrhundert. Durch den Druck der kolonisierenden Fronten wanderten sie weiter nach Norden, und diejenigen, welche noch nicht zur Ostseite des Flusses ausgewandert waren, taten dies gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit breitete sich ihr Territorium von den Gebirgen, welche die Flüsse Paraná und Paraguay trennen, bis zum 18. Breitengrad Süd aus. Die Mbayá waren in verschiedene “Horden” aufgeteilt, jede mit ihrem spezifischen Namen, die sich auf natürliche, geografische Eigentümlichkeiten der Landschaften bezogen, in denen sie zuhause waren. Eine dieser Horden, die “Cadiguegodis” besassen im 18. Jahrhundert ein Territorium, welches von einem Bach bewässert wurde, den die Indianer “Cadigugi” nannten. Alles deutet darauf hin, dass die Mitglieder jener Horde die direkten Vorfahren der gegenwärtigen Kadiwéu gewesen sind. Die Horde der Kadiwéu war die letzte, die auf die Ostseite des Rio Paraguay abgewandert ist, und sie war die einzige überlebende Gruppe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Jene Kadiwéu die von der historischen Literatur einstmals als “Reiter-Indianer” bezeichnet wurden, weil sie grosse Pferdeherden besassen und geschickte Reiter waren, leben heute in einem Territorium innerhalb des Bundesstaates Mato Grosso do Sul, einem Gebiet, welches partiell in das naturgeschützte Pantanal von Mato Grosso übergeht. Ihr Territorium besitzt als natürliche Grenzen gegen Westen die Flüsse Rio Paraguay und Rio Nabileque, gegen Osten die Serra da Bodoquena, gegen Norden den Rio Neutaka und gegen Süden den Rio Aquidavão. Innerhalb dieses Territoriums verteilt sich die eingeborene Bevölkerung auf vier Dörfer. Das grösste, Bodoquena, liegt im Nordosten des IT, am Fuss der Serra da Bodoquena, in der Nachbarschaft des Dorfes Campina, auf dem Gipfel dieses Gebirges. Das Dorf Tomázia liegt im Süden des IT. Ebenfalls im Süden dann noch das Dorf São João. Im letzten Dorf leben in erster Linie Terena-Indianer und Überlebende der Kinikanáo. Wenige andere Familien der Kadiwéu bilden kleinere Gruppen im Innern des IT, weiter weg von den grösseren Dörfern, und dort züchten sie Rinder.

Das Indianer-Territorium (IT) Kadiwéu befindet sich im Distrikt von Porto Murtinho. Bodoquena ist die nächste Stadt des grössten Indianerdorfes gleichen Namens (60 km), gefolgt von Miranda und Aquidauana. Campo Grande (310 km) ist das urbane Zentrum von grösserer strategisch-administrativer Bedeutung, auch für die Kadiwéu. Dort befinden sich die Administration der FUNAI, unter deren Verwaltung sie fallen, die Vereinigung der Viehzüchter (ACRIVAN – Associação dos Criadores do Vale do Aquidaban e Nabileque) und die ACIRK (Associação das Comunidades Indígenas da Reserva Kadiwéu), die Vereinigung aller Kadiwéu-Indianer.

nach obenBevölkerung

Die Zahlen der FUNAI geben an, dass im Jahr 1999 unter der Verwaltung des Indianerpostens Bodoquena (der die Dörfer Bodoquena und Campina erfasst) eine Gesamtbevölkerung von 1.041 Personen gezählt wurde, die dem Volk der Kadiwéu angehören. Die zum Posten São João gehörige Bevölkerung – der die Dörfer São João und Tomázia verwaltet – beträgt heute, nach derselben Quelle, 551 Personen. Bleibt zu bemerken, dass im Dorf São João besonders Terena- und Kinikináo-Indianer leben, die bei der Zählung von insgesamt 1.592 Individuen mitgezählt werden mussten – ausserdem enthält diese Zahl auch diejenigen Kadiwéu, welche ausserhalb ihrer Dörfer leben. Im Jahr 1992, als Mônica Thereza Pechincha ihre Forschungen unter den Kadiwéu durchführte, lebten 633 Kadiwéu im Dorf Bodoquena, 39 im Dorf Campina, 60 im Dorf Tomázia und 67 an anderen Orten im Innern des IT – ausserdem im Dorf São João, welches zu jener Zeit insgesamt 170 Einwohner hatte. Zum Zweck einer Beobachtung des demografischen Wachstums präsentiere ich noch Daten von 1995, gesammelt in der Regional-Administration der FUNAI in Campo Grande, die angeben, dass zu dieser Zeit die Zahl der Bevölkerung unter dem Indianerposten Bodoquena 951 Personen und unter dem Posten São João 388 Personen betrug.

nach obenGeschichte des Erstkontakts

Die ersten Nachrichten, welche man von den Guaikurú hat, stammen aus dem 16. Jahrhundert – von einer europäischen Expedition, die jene Region des Chaco durchforschte, auf der Suche nach Edelmetallen im Innern des Kontinents. Viele Mbayá-Gruppen gerieten unter den Einfluss der Jesuiten-Missionare ab dem 18. Jahrhundert. Noch im gleichen Jahrhundert, und am Anfang des nächste, vertiefte sich der Kontakt mit den Kolonisationsfronten und der Errichtung von Militär-Forts entlang des Rio Paraguay – ob portugiesischen oder spanischen Baustils – die eine Definition der Grenzen untermauerten. Die in derselben Region gegründeten Städte waren Teil eines Szenarios voller Konflikte – und manchmal auch des einen oder anderen Abkommens, wie dem von 1779 zwischen den Mbayá und den Spaniern oder 1791 mit den Portugiesen.

Ein Meilenstein von grossem Gewicht in der Geschichte der Indianer und ihres Kontakts mit der brasilianischen Gesellschaft – man erinnert sich seiner mit Stolz auf beiden Seiten – war die Beteiligung der Kadiwéu am Paraguay-Krieg. Ihre Teilnahme führte zur Registrierung dieses stolzen Indianervolkes in unzähligen historischen Berichten und Erzählungen, die viele Details des Geschehens unvergessen machen und die Kadiwéu zu Nationalhelden hochstilisieren. Diese erzählen ihrerseits besondere Episoden aus diesem Krieg, in dem sie auf der Seite der Brasilianer kämpften und dafür das Land bekamen, auf dem sie heute leben. Der Paraguay-Krieg ist stets das bedeutendste Argument für ihr unbestrittenes Besitzrecht, das doch so oft missachtet wird.

Das IT Kadiwéu wurde einer ersten offiziellen Musterung gegen Ende des 19. Jahrhunderts unterzogen – auf eine Verfügung der Regierung von Mato Grosso hin. Demarkiert wurde das Gebiet im Jahr 1900 und dann 1903 als Indianerland dekretiert – schon mit den bereits erwähnten natürlichen Grenzen. Am 9.April 1931 ratifizierte man mit dem Dekret No 54 dieselben Grenzen. Aber die Probleme um dieses Besitzrecht ziehen sich durch die Geschichte der Kadiwéu wie ein roter Faden. Sie haben die vielen Invasionsversuche nicht vergessen und die Konflikte, die seit Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder aufflammten. Auch in jüngerer Zeit, nachdem die Regierung 1981 noch einmal die Demarkation ihres Territoriums bestätigte, provozierte sie damit von allen Seiten Druck der Invasoren – ausserdem vergass sie, eine Kadiwéu-Dorf mit Namen “Xatelôdo in das IT einzubeziehen, es liegt in der Serra Bodoquena. Schon im Jahr 1983 war die Zahl der Landbesetzer auf 1.868 gestiegen, die sich illegal im IT Kadiwéu aufhielten oder niedergelassen hatten. Die Konflikte zwischen Landbesetzern und Indianern (1982 und 1983) wurden überall in der Presse aufgegriffen.

Ihre Geschichte wurde besonders geprägt von den unausweichlichen Konflikten mit Fazendeiros (Farmern), welche sich auf ihrem Land festsetzten. Die Viehzüchter invadierten das Territorium der Kadiwéu bereits seit fünf Jahrzehnten – es gibt Aufzeichnungen von einer ersten Invasion bereits aus dem Jahr 1952. Und gegen Ende der 50er Jahre besetzten diese das Land sogar mit offizieller Genehmigung des SPI (Organ, das vor der FUNAI die Indianergebiete verwaltete und wegen seiner verbreiteten Korruption dann abgeschafft wurde). 1961 gab es bereits 61 individuelle Verträge mit solchen Landbesetzern. Anfang der 90er Jahre war die Zahl der “gepachteten Fazendas” im Innern des Kadiwéu-Territoriums auf 89 gestiegen – die Indianer konnten sich nur noch in ihre Dörfer zurückziehen.

nach obenGesellschaftliche und politische Organisation

In der Vergangenheit unterteilten sich die Horden der Mbayá in Grossfamilien, die lebten in einem kollektiven Haus und bildeten die kleinste politische und wirtschaftliche Einheit, bestehend aus der Verwandtschaft eines “Capitão” (Oberhaupt) und seinen Tributpflichtigen. Die Familien von “Capitães” bestanden aus geborenen Mbayá – an die man sich heute als “reine Kadiwéu” erinnert, als “Goniwtagodepodi ejiwajigi” (unsere Herren Kadiwéu) – “Ejiwajigi” ist ihre Selbstbezeichnung. “Goniwtagodi oder goniwaagodi – je nach männlicher oder weiblicher Aussprache (es gibt linguistische Unterschiede zwischen beiden), ist eine Art der höflichen Behandlung, welche die Kadiwéu jedem Mann zukommen lassen, auch Fremden und Ausländern. Die Frauen werden auf dieselbe Weise angesprochen – “Goniwtagodo” (wenn ein Mann spricht) oder “Goniwaagodo” (wenn eine Frau die Anrede gebraucht). Sogar die Kinder benutzen schon diese Termini, die man als “Herr” und “Herrin” übersetzen kann (goniwtagodi = unser Herr, iniwtagodi = mein Herr). Die « Capitães » waren ohne Ausnahme Abkömmlinge von anderen “Capitães“ irgendeiner Linie oder Grades, auch die weiblichen Geschlechts (die “Capitãs“). Da aber der “reine“ Kadiwéu-Kern imer kleiner wurde, wegen der niedrigen Geburtenrate, haben sich bestimmt auch gewisse Tributpflichtige eingeschlichen, wahrscheinlich durch Heirat, was aber sicher nicht die Regel war. Denn die Kadiwéu selbst behaupten, dass die “Herren“ sich damals nicht mit den Tributpflichtigen vermischten, eine Regel, die heute nicht mehr nachgeprüft werden kann. Noch immer gilt in ihrer Gesellschaft ein hierarchischer Unterschied zwischen denen, die sich selbst als “reine Kadiwéu“ bezeichnen und denen, die von Tributpflichtigen abstammen. Gegenwärtig nehmen allerdings im Dorf Bodoquena nur zwei Familien diesen Status für sich in Anspruch. Beide disputieren die polistsche Hegemonie innerhalb der Gruppe.

1992 verteilten sich die Kadiwéu des Dorfes Bodoquena auf 110 Häuser, welche in ihrer Mehrheit Kernfamilien beherbergten, umgeben von ihren Verwandten, die sich vorzugsweise der Regel einer matrilokalen Wohngemeinschaft unterordneten. Sehr häufig waren eheliche Gemeinschaften mit den Terena. Zu dieser Zeit gab es allein im Dorf Bodoquena 28 Familien, von denen einer der beiden Partner Terena war. Und viele hatten auch nur Vorfahren jenes Volkes.

Die politischen Entscheidungen, und solche des Allgemeininteresses, gehen von der zentralen Figur des “Capitão” und seinen Assessoren aus. Das Recht der Führung vererbt sich. Heutzutage wird dieses Recht als “natürlichem Nachfolger” dem erstgeborenen Urenkel des “Capitãozinho” zuerkannt, dem ehrwürdigen Führer der Vergangenheit. Aber die Regeln haben sich auch im Sinne des Wahlrechts verändert – auch, was den Häuptling betrifft. Die “Capitães”, ein Terminus mit dem man den Chef oder Kaziken anredet, werden gegenwärtig häufig innerhalb ihrer Gruppe gewählt und, im Verlauf ihrer jüngeren Geschichte, haben sich verschiedene “Capitães” innerhalb kurzen Perioden abgewechselt. Und die gehören nicht immer “Familien von Häuptlingen” an – und wenn nicht, ändert ihre politische Position nichts an ihrem gesellschaftlichen Status. Der Häuptling ist von einem Rat umgeben – der setzt sich vorzugsweise aus älteren, erfahreneren Männern zusammen. Allerdings muss man darauf hinweisen, dass es bereits junge Führer mit politischem Prestige gibt, das ihnen aus ihrem Erziehungsgrad erwächst (einige von ihnen haben sogar das Gymnasium besucht) und aus der Beherrschung der portugiesischen Sprache, was ihnen bei Verhandlungen mit regionalen Nicht-Indianern zugute kommt.

nach obenKunst

Die feine Körperbemalung, welche nur die Kadiwéu so detailliert anzufertigen verstehen, sind ein ganz besonderer Ausdruck ihrer Kunst. Fast alle Stammesmitglieder sind talentierte Zeichner und verstehen sich darauf, Gesichter mit feinsten Details und in unglaublicher Symetrie zu bemalen, sie benutzen dazu eine Farbe, die sie aus einer Mischung des Genipapo-Safts mit Hozkohlenstaub anfertigen – zum Aufbringen auf die Haut benutzen sie ein feines Stäbchen aus Holz oder Schilfrohr. In der Vergangenheit unterschied diese Bemalung die Edlen von den Untergebenen.

Die Kadiwéu-Frauen sind aussergewöhnlich geschickte Töpferinnen, die eine ebenso bewundernswerte Keramik anzufertigen verstehen: Krüge und Töpfe in verschiedenen Grössen und Formen, Teller und Schalen verschiedener Grösse und Tiefe, Tiere und andere Naturmotive. Die unterschiedlichen Formen werden mit den ihnen vertrauten geometrischen Mustern dekoriert, in unterschiedlichen Farben ausgefüllt – sie haben ein festes, aber sehr reichhaltiges Repertoire. Das Rohmaterial stammt aus ihrer Umgebung – allerdings stellen sie ganz besondere Anforderungen an die Güte und Farben des Tons – die Pigmente für die Bemalung gewinnen sie aus verschieden farbigen Sandqualitäten – einige Details werden sogar mit einer Firniss aus dem Harz deines bestimmten Baumes überzogen.

Die Kunst der Kadiwéu drückt sich auch in den Gesängen der alten Frauen aus, in der Musik der Flöten und der Trommeln, sowie in vielen kollektiven Tänzen.

nach obenErzählte Mythologie

Das Fundament zur Organisation ihrer Gesellschaft bestand bei den Kadiwéu aus Krieg und Gefangennahmen. Die Erinnerung an den Krieg ist bei allen sehr lebendig und wird zu Selbstdarstellungen immer wieder gern bemüht – besonders auch innerhalb der gegenwärtigen Relation mit der nationalen Gesellschaft. Dem Idealbild des “Kriegers” gebührt ihrer aller Wertschätzung und Respekt, viele Mythen erwähnen die “Godapoagenigi”, jene edlen Krieger, die mit ihrem Mut und ihrer physischen Kraft über sich hinaus wuchsen.

Bei den Erzählungen, die ich aus ihrem reichen Repertoire hören durfte, unterscheiden sie zumindest zwei Arten – eine davon nennen sie “Geschichten zum Bewundern” oder “Geschichten die Wunder wirken”, “Heilige Geschichten” – die sind eher in die Kategorie “Mythologie” einzustufen. Die andere Art ist die der “Geschichten, die wirklich passiert sind”, die sich wie eine “Historische Beschreibung” präsentieren, von Geschehnissen, wie zum Beispiel ihre Kriege der Vergangenheit.

Aus ihren “Geschichten zum Bewundern” holen die Kadiwéu ihre Eigennamen her – ich habe sie deshalb auch “Mythen der Namensgebung” genannt. Viele dieser Mythen sind Eigentum von Familien der “Capitães”, und die Eigennamen, welche von ihnen stammen, dürfen von ihren Nachkommen und ihren Untergebenen gebraucht werden. In vielen dieser Geschichten sind die Protagonisten mythologische Stammväter solcher noblen Familien. In diesen Mythen enthalten sind Lehren, Lebensweisheiten und Regeln. Alle Geschichten enthalten Erklärungen und Vorschriften zu einem grundsätzlichen Verhaltensmuster: der Krieg und die Gefangennahme von Kindern, die weibliche Initiation, der Gebrauch eines alkoholischen Getränks aus Honig, bestimmte Heilmittel und Nahrungsmittel-Tabus. Der Mythos der Schöpfung, ebenfalls aus dieser Kategorie, erzählt vom Beginn der Kadiwéu-Gesellschaft und warum sie sich von allen anderen Gesellschaften unterscheidet, mit denen sie Kontakt hatten oder noch haben – über sie werden ausführliche Kommentare abgegeben.

nach obenRiten

Ein Mitglied des Kadiwéu-Volkes erhält einen Namen anlässlich seiner Geburt und wenn ein Angehöriger seiner Familie stirbt. Während der Beisetzungs-Riten erscheinen die Angehörigen des Toten mit rasierten Köpfen. Wer seinen Kopf kahl schert, zum Zeichen der Trauer, wird von den anderen als “Okojege” bezeichnet. Die alten Frauen, die sich in diesen Riten gut auskennen, versammeln sich während der Beerdigung, um die passenden Namen für die Trauernden auszusuchen. Wer einen nächsten Verwandten verliert, kann sich auch eine andere Person als Ersatz aussuchen (unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Grad der Verwandtschaft – auch Aussenstehende werden akzeptiert, um die Lücke des oder der Toten auszufüllen). Ein unter diesen Umständen adoptierter Verwandter wird “Godokogenigi” genannt – und man rasiert ihm ebenfalls die Haare ab. Es gibt noch eine andere Art, sich eine “Adoptiv-Verwandtschaft” zuzulegen: nämlich durch eine “Imedi” oder “Imeeti”-Verbindung (im Fall der Frauen) – das Wort bedeutet “Freund / Freundin”. Dazu entschliessen sich zwei Familien, sie erklären jeweils einen ihrer Söhne als “Imedi” des anderen – die beiden gehen miteinander eine “brüderliche Verbindung” ein, mit allen entsprechenden Konsequenzen. Und die Nachkommen zweier “Imedi” sind alle ebenfalls “Imedi” untereinander.

Das “Festa da Moça” ist ein anderes bedeutendes Ritual der Kadiwéu – ein Initiations-Ritual, in das die heranwachsenden jungen Mädchen ab dem Moment ihrer ersten Menstruation einbezogen werden und das sie unter anderem auch zu einer Reklusion von zwei Tagen sowie einer rigorosen Diät verpflichtet. Ausserdem darf die Kandidatin weder den Boden mit den Füssen berühren, noch irgendein Tier zu Gesicht bekommen. Auf dem Höhepunkt des Rituals wird die junge Frau mit einem roten Tuch “gereinigt” (man wedelt sie damit von allen Seiten ab), das mit Keramikperlen bestickt ist (“Wajuide” genannt) – dann hockt sie sich auf alle Viere hin, um von einer Frau heftig und lange in Höhe der Nieren gedrückt zu werden – diese ältere Frau ist vorher von den Eltern des Mädchens sorgfältig ausgesucht worden, denn mit der Presserei gehen ihre Eigenschaften in den Charakter ihres Kindes über.

“Etogo” (das Schiff) ist das Ritual, mit dem sich die Kadiwéu besonders identifizieren, von dem sie sagen, dass es besonders typisch ihre Andersartigkeit betont – ein Ritual, dass sie als “wirkliche Indianer” charakterisiert. 1992 wurde es, seit einer Unterbrechung von mehr als 50 Jahren, zum ersten Mal wieder inszeniert, aber seit diesem Datum auch nicht mehr wiederholt. Die damalige Motivation für die Veranstaltung war eine Einladung vieler “weisser Häuptlinge” (Regierungsvertreter aus Brasília), und denen musste man zeigen, was man “als Indianer drauf hatte” – mit dem expressivsten aller Rituale.

“Das Schiff” ist vor allem ein sehr langes Ritual. Es bezieht sich auf den Paraguay-Krieg, das erkennt man sofort an den, an jeder Seite des symbolischen Schiffes angebrachten, stilisierten Fahnen von Paraguay und Brasilien. Das Schiff selbst wird angedeutet durch einen von Bambusstangen eingerahmten rituellen Raum – es ist ein Kriegsschiff, so wie es die Kadiwéu damals gesehen haben, wie sie sagen – und es fährt auf dem Rio Paraguai. Der Kapitän des Schiffes ist ein Mann mit Namen “Maxiotagi” – der “Macho”. Ein Akteur der Kadiwéu stellt diese Persönlichkeit aus dem Volk der Xamakôko dar, derselben Ethnie, welche den Kadiwéu in der Vergangenheit die meisten Tributpflichtigen stellte. Seine Funktion beim Ritual ist die Befehlsgewalt über den Szenenwechsel und ihre Weiterentwicklung. “Maxiotagi”, der selbst blind ist, hat seine Assistenten: “Ligecoge”, die Augen des Chefs, und “Lionigawanigi”, der Kleine – die helfen ihm bei seinen Aufgaben und sind selbst bunt und äusserst kurios gekleidet. Auf dem “Schiff” gibt es ausserdem den Polizeiinspektor, des Sergeanten (Jajentege), ein paar Hauptleute und Schreiber (Nidikuna). Und natürlich “Ixotece Gonibedona Gonibegi” – oder “Finger im Arsch” – der sich um das Wohl aller kümmert. Erste Regel an Bord: es darf auf keinen Fall gelacht werden! Wer dagegen verstösst, wird gefangen genommen und muss eine schlimme Busse zahlen, die sofort eingelöst wird: Er muss eine Kuh von seiner Herde abgeben, die sofort geschlachtet und als kollektiver Churrasco allen Beteiligten über die vielen Tage des Rituals hinweg hilft.

Während Rituale stattfinden, ist die Routine des Dorfes wie umgekrempelt und alle verhalten sich als stünden sie unter einem zwanghaften Kommando – jetzt bewegen sie sich einzig und allein nach den Befehlen des Häuptlings. Während das „Fest des Schiffs“ abläuft, werden alle Männer des Dorfes „Soldaten“ genannt und alle Frauen „Gaxianaxe“ (Praguayerinnen) – und sie repräsentieren die Kriegsgefangenen. Und für die älteren Frauen gibt es eine Sonderrolle: sie gehören der Gruppe an, welche die heiligen Gesänge des Volkes aufbewahrt. Sie sind die Einzigen, welche die Sprache der Gesänge kennen, eine Sprache, die von den Jungen nicht verstanden wird – und diese Alten stimmen jedesmal ihren Gesang an, wenn ein Szenenwechsel stattfindet oder ein besonderes Ereignis seinen Anfang nimmt. Ihr Gesang lässt historische Fakten wieder aufleben, verkündet die Heldentaten vergangener „Capitães“ und kommentiert auch aktuelle Geschehnisse auf der Basis ihrer Geschichte und Mythologie. Die alten Frauen singen (oder „beten“) auf dem Schiff um die Freilassung der Gefangenen.

Das Ritual wird von männlichen (Nabacenaganaga oder „Holzschlagen“) und weiblichen Tänzen bestimmt, durch Musik aus typischen Instrumenten, der Flöte (Natena) und der Trommel (Goge), von Spielen und Wettkämpfen (vor allem solche, welche die physische Geschicklichkeit der Männer demonstrieren, an die “Godapoagenigi” erinnern) und von der Präsentation der Dummen (Bobotegi). Dies sind Figuren, die sich nicht nur auf dem “Schiff” befinden – sie sind vollkommen unkenntlich durch ihre Maskierung und tanzen auch innerhalb der Zuschauer herum, erschrecken die Kinder und bitten jedermann um ein Almosen.

Auch einen Padre gibt es auf dem Schiff, der tauft, wie das die christlichen Padres zu tun pflegen, und simmuliert Heilungen, wie der, der Schamane der Kadiwéu. Der “Nijienigi” ist in der Lage, mit Hilfe der spirituellen Mächte, die ihn führen, in die Zukunft zu sehen. Deshalb spielte er als Kriegsstratege eine bedeutende Rolle in der Vergangenheit. Die “Nijienigi” heilen ebenfalls und werden im Dorf bei einem Krankheitsfall immer noch gerufen.

nach obenZeitgenössische Aspekte

In der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts erlebten die Kadiwéu, wie sich die Posten des SPI in ihrem Territorium einrichteten, gefolgt in den 70er Jahren von denen der FUNAI. Gegenwärtig werden die Posten innerhalb des Indianer-Territoriums von den Indianern selbst geleitet.

Es gibt Indianer-Schulen in ihrem IT. Im Dorf Bodoquena bietet die Schule die ersten vier Volksschuljahre an. Alle Lehrer sind Indianer, Kadiwéu und Terena. Die Schulen in Bodoquena und Campina wurden über einige Zeit von einem Erziehungsprogramm betreut, das vom “Centro de Trabalho Indigenista” (CTI) entwickelt worden ist. Einigen der Lehrer ist es gelungen, sich bei Distrikts-Stellen anzuschliessen, sodass sie durch diese eine Bezahlung erhalten – andere sind Volontäre, die von den Bewohnern der Dörfer ausgesucht worden sind.

Seit dem Jahr 1971 agiert die deutsche “Evangelische Mission zur Rettung der Indianer” in diesem Gebiet. Zu Anfang richteten sich die Missionare im Dorf Bodoquena selbst ein – heute befindet sich das Camp der Mission in der Nachbarschaft desselben Dorfes, ausserhalb des IT. Es gibt ein Gebäude, das als Kirche dient, in dem zweimal wöchentlich Gottesdienste abgehalten werden. Diese Missionare leisten den Kadiwéu medizinische Hilfe und Vorsorge, haben eine gut eingerichtete Krankenstation mit Betten und eine Apotheke.

Gegenwärtig wartet man auf eine bedeutungsvolle Entscheidung des Bundesgerichtshofs über einen signifikanten Teil nördlich des Kadiwéu-Territoriums – fast 150.000 Hektar, die dem jetzigen IT angeschlossen werden sollen (damit betrüge seine Gesamtfläche 538.536 Hektar). Ende der 80er Jahre wurden die Pachtsummen, die traditionell von den Viehzüchtern an die FUNAI bezahlt wurden, von der ACIRK (Associação das Comunidades Indígenas da Reserva Kadiwéu) – also den Indianern selbst, übernommen, und die Kadiwéu fingen an, das Geld in seiner Gesamtheit wahrzunehmen. Es wurde zu ihrer grössten Einnahmequelle – die Zahlungen gingen alle sechs Monate ein.

Weil die Einnahmen für diese lange Periode von sechs Monaten schon immer knapp waren, haben die Kadiwéu zwischendurch ihre nötigsten Dinge mit dem sporadischen Verkauf von schönen Keramikartikeln bestritten, welche ihre Frauen herzustellen verstehen – aber leider können sie da nicht auf einen sicheren Markt zählen. In der Vergangenheit waren sie Besitzer einer grossen Herde bester Pferde – heute besitzen sie im Vergleich dagegen nur noch eine sehr geringe Zahl von Tieren. Einige Familien züchten eigene Rinder, aber ebenfalls in geringer Stückzahl. Solche Herdenbesitzer sehen in der Pflege ihrer Tiere ihre Hauptbeschäftigung. Die Nachkommen der Terena dagegen arbeiten vorzugsweise auf ihren Feldern.

In den letzten Jahren haben sich die Kadiwéu auf die Umkehrung ihrer Abhängigkeit von den Weidepächtern konzentriert und sich besonders mit Ideen zur Eigennutzung ihres Territoriums beschäftigt. Es ist schwierig, die genaue Zahl der Rinder auf den verpachteten Arealen zu schätzen (die, wie schon gesagt, fast das gesamte Indianer-Territorium vereinnahmten), denn die Pächter hielten die reelle Pro-Kopf-Zahl stets grösser als in den Verträgen vereinbart. Und solche Mengen von Vieh erschöpften die Ressourcen der Natur und führten vielerorten zu profunden ambientalen Veränderungen. Das Pachtgeld für die Indianer stand in keinem Verhältnis zu den vielen Problemen, die ihnen durch diese Situation entstanden.

1993 begann man mit dem Prozess der Vertreibung der Viehzüchter auf dem gepachteten Land. Und in den folgenden Jahren, bis zum heutigen Tag, hat man etwa 70% dieser Naturschänder aus dem Indianer-Territorium vertreiben können (Daten der DEPIMA, FUNAI). Nun ist ein historischer Moment für die Kadiwéu gekommen, welcher ihnen endlich ihre Autonomie zurückgeben kann – besonders ihre wirtschaftliche – mit selbst entwickelten Ideen zur Selbsterhaltung. Im Angesicht dieser Möglichkeit haben die Kadiwéu allerdings noch unzählige Schwierigkeiten zu überwinden. Auf der einen Seite stehen sie vor der Notwendigkeit, ihren Lebensunterhalt zu garantieren – heute, ohne die gewohnte Pachtabgabe besonders schwierig – auf der andern erfahren sie einen starken Druck von Seiten der vertriebenen Ex- und Möchtegern-Pächter – ein problematisches Bild. Zur Festigung einer für sie günstigeren, neuen Situation, welche in der Tat ihren legalen Interessen entspricht, müssen die Kadiwéu es schaffen, sich eine wirtschaftliche Struktur zu geben, die ihre Selbsterhaltung innerhalb ihrers IT garantiert. Dafür werden sie Rinder brauchen und einen entsprechenden technischen Beistand. Kurz gesagt brauchen sie effektive Zuwendung, vor allem von der Regierung.

nach obenQuellenangaben

Der bedeutendste historische Bericht über die Kadiwéu (oder die Guaikurú-Mbayá) findet sich im Werk des Padre José Sanchez-Labrador und heisst “El Paraguay Católico” – er wird als eine der besten schriftlichen Ethnographien des 18. Jahrhunderts bezeichnet. Verschiedene Chronisten zeichneten im 19. Jahrhundert ihre Eindrücke von diesen Indianern auf – mit mehr oder weniger Einzelheiten – ihre Art zu leben, ihr Umgang mit den Kolonisatoren. Unter ihnen sind erwähnenswert: Ricardo Franco de Almeida Serra, Francisco Rodrigues do Prado, Alexandre Rodrigues Ferreira, Francis Castelnau, Alfred d’Escragnole Taunay (der Episoden von der Beteiligung der Indianer am Paraguay-Krieg schrieb) und ganz besonders Guido Boggiani. Letzterer verbrachte ein paar Monate unter den Kadiwéu, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, und hat uns sein reiches Feld-Tagebuch hinterlassen, das sich mit diesem Besuch bei den Indianern befasst – es wurde publiziert unter dem Titel “Die Caduveos”.

Boggiani hatte eine representative Sammlung von Kunst und Kunsthandwerk der Kadiwéu zusammengetragen – heute befindet sich diese signifikante Kollektion im Museum “Luigi Pigorini” in Rom. Man kann aber auch gute historische Informationen in den Aufzeichnungen der Präsidenten der Provinz von Mato Grosso finden, die im brasilianischen Nationalarchiv aufbewahrt werden. Im Hinblick auf anthropologische Arbeiten bieten die Studien von Alfred Metraux Erfahrungen unter den Indianern des Gran Chaco (Paraguay) – besonders hinsichtlich der Religion. Claude Levi-Strauss besuchte die Kadiwéu im Jahr 1937 und schrieb über ihre Kunst. Darcy Ribeiro widmete sich einer Feldarbeit unter den Kadiwéu gegen Ende der 40er Jahre seine bedeutendsten Arbeiten finden sich in seinem Buch “Kadiwéu: Ethnologische Studien über das Wissen, das Unglück und die Schönheit” – wie der Titel schon vermuten lässt, handelt es sich dabei um die Mythologie, das Schamanentum und die Kunst. Er schrieb auch einen Artikel über “Das familiäre System Kadiwéu” (1948).

In jüngerer Zeit gab es zwei Doktorarbeiten: eine von Jaime Siqueira Jr. (USP 1993) – behandelt die Konstruktion der Zeit und des Raums unter den Kadiwéu – und die andere von Mônica Thereza Pechincha, mit dem Titel “Histórias de admirar: Mythos, Ritual und Geschichte der Kadiwéu“ (UNB 1994). Die Sprache der Kadiwéu wurde von Silvia L.B. Braggio (1981) studiert. Bezüglich technischer Relatorien sollte man unbedingt Alain Moreau erwähnen, der seit vielen Jahren schon in der Gesellschaft der Kadiwéu lebt und ihnen aus eigener Initiative wertvollen juristischen Beistand geleistet hat – besonders hinsichtlich des Prozesses der Vertreibung der illegalen Landbesetzer aus dem Kadiwéu-Territorium.

© Mônica Thereza Soares Pechincha, Universidade de Brasília, Doktorantin in Anthropologie, März 1999
Deutsche Übersetzung/Bearbeitung, Klaus D. Günther
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