„Roter April“: Landlose kündigen erneut Besetzung von Farmen an

Die Landlosenbewegung MST von São Paulo hat angekündigt, erneut Farmen zu besetzen. Nach Ostern sollen erste Ländereien als Beginn einer nationalen Aktionsreihe unter dem Namen „roter April“ in Pontal do Paranapanema im äussersten Südwesten des Bundesstaates okkupiert werden. Die Aktion „roter April“ erinnert an die gewalttätigen Zusammenstösse zwischen Landlosen und der Militärpolizei im April 1996 in Eldorado dos Carajás. Damals kamen 19 Landbesetzer ums Leben.

Zudem will die MST auf die stockende Agrarreform in der Region, die jetzt besetzt werden soll, aufmerksam machen. „Die Agrarreform in Pontal steht still, weil die Regierung die Vermessungen nicht beschleunigt“ erklärt Valmir Ulisses Sebastião, regionaler Koordinierungsleiter der MST. Nach seiner Aussage gibt es zwei Farmen in den Gemeinden Rosana und Santo Expedito, die schon seit 3 Jahren dafür vorgesehen sind, allerdings wurden bis heute keine Familien dort angesiedelt. Das zuständige Amt für die Bodenverteilung im Bundesstaat werde angeblich durch das Umweltamt behindert. „Dies sagen sie zumindest, aber glauben können wir es nicht.“ Laut Sabastião sollen dort 174 Familien ansässig werden, jedoch nur 41 hätten inzwischen eine Zuteilung erhalten.

Die MST plant neben den Besetzungen auch Protestmärsche und Demonstrationen. Seit Beginn hat die Bewegung alleine in der Region Pontal 22 Grundtücke besetzt. Die Mehrzahl der Aktionen fand in Zusammenarbeit mit der Arbeiterorganisation CUT und deren angeschlossen Gewerkschaften statt. Deren Anführer José Rainha Junior hält sich derzeit bedeckt. „Wir haben auf unsere Sache aufmerksam gemacht, nun sind wir mit der Regierung am verhandeln“. Eine Beteiligung an der Aktion „roter April“ sei derzeit nicht geplant.

Die Landlosenbewegung (eigentlich „Bewegung der Landarbeiter ohne Boden“) wurde im Jahr 1984 mit dem Ziel gegründet, unproduktiven Großgrundbesitz zu beseitigen und Landarbeitern und Bauern ein Stück Land zuzuteilen. Die MST ist heute in 23 der 26 brasilianischen Bundesstaaten aktiv. In Gebieten, wo die Landreform schon umgesetzt wurde, findet man die Organisation in den neu errichteten Siedlungen. In den anderen Fällen bauen die Mitglieder auf besetzten Ländereien sog. Acampamentos, einfache Lager aus Bretterhütten oder Zelten.

Die Besetzungen von Farmen durch die MST sind in Brasilien vor allem in der Bevölkerung sehr umstritten. Oftmals kommt es bei solchen Aktionen zu Auseinandersetzungen mit den Eigentümern oder der Polizei. In der Kritik steht die MST auch wegen dem gezielten Einsatz von Kindern bei Protesten und Konfrontationen mit der Polizei. Der Nachwuchs bildet meist die Vorhut, militante Anhänger im hinteren Teil werfen dann über die Köpfe der Kinder hinweg Steine und ähnliches auf die Polizisten, die dann nicht entsprechend reagieren können.

Nach entsprechenden gerichtlichen Räumungsanordnungen von besetztem Land kam es in der Vergangenheit auch schon zur Geiselnahme der Eigentümer und zu Vandalismus auf den Gehöften und Feldern. Zudem haftet den Mitgliedern der Bewegung der Ruf an, sich Land auf Kosten der Allgemeinheit und nicht durch geregelte Arbeit verschaffen zu wollen.

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AutorIn: Dietmar Lang

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