Immer mehr Politikerstühle geraten in Brasilien ins Wackeln. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot hat für weitere Erschütterungen in der Politszene gesorgt und die Festnahme von vier Spitzenpolitikern der Partei der Interimsregierung (PMDB) beantragt: Ex-Präsident José Sarney, Ex-Minister Romero Jucá, Senatspräsident Renan Calheiros und dem suspendierten Präsident der Abgeordnetenkammer, Eduardo Cunha. Alle vier gelten als Köpfe der PMDB.
Vorgeworfen wird Sarney, Jucá und Calheiros, die Lava-Jato-Ermittlungen im Korruptionsskandal um den Ölkonzern Petrobras blockieren zu wollen, von denen auch sie betroffen sein sollen. Kronzeugenaussagen und aufgezeichnete Gespräche legen zudem nahe, dass die PMDB-Kuppel einen Sturz der mittlerweile suspendierten Präsidentin Dilma Rousseffs geplant hat, um die Lava-Jato-Ermittlungen zu stoppen oder zumindest einzuschränken.
Eduardo Cunha soll hingegen hinter den Kulissen weiter die Fäden gezogen haben, um seine eigene Enthebung zu vermeiden. Er muss sich vor der Ethikkommission wegen vorsätzlichem Verschweigen von Konten in der Schweiz verantworten. Untersuchungen laufen gegen ihn ebenso wegen vermeintlicher Geldwäsche.
Jetzt sind der Abstimmung in der Ethikkommission zum weiteren Verbleib Cunhas als Präsident der Abgeordnetenkammer die “leaks“ dazwischen gekommen, das Bekanntwerden der Anträge zur Sicherheitsverwahrung der Politiker. Die Informationen sind dabei, wie in der Vergangenheit schon öfter geschehen, einmal mehr den Medien zugespielt worden.
Die Entscheidung über die Anträge liegt in der Hand des Obersten Gerichtshofes STF und dort bei Richter Teori Zavascki. Ihm sollen sie bereits seit einer Woche vorliegen, wie es heißt. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot wollte am Montag indes nichts bestätigen, hat den Informationen jedoch auch nicht widersprochen.
Bei den Politikern des Kongresses haben die Ankündigungen indes Überraschung und Erstaunen ausgelöst. Während einige von “übertriebenen“ Maßnahmen sprechen, rufen andere zum Abwarten auf und dazu, kühlen Kopf zu bewahren. Dass amtierende Spitzenpolitiker tatsächlich Haftstrafen zu befürchten haben, war in Brasilien bislang nahezu undenkbar.
Sollten die Festnahmen tatsächlich bestätigt werden, wird dies auch die Interimsregierung Michel Temers schwächen, der ebenso wie Sarney, Jucá, Calheiros und Cunha der PMDB angehört. Zudem hat er mehrere Politiker als Minister berufen, die in Korruptionsskandale, unter anderem der Petrobras, verwickelt sein sollen. Zwei mussten bereits wegen der Enthüllung abgehörter Gespräche ihren Hut nehmen.