Korruptionsskandal: Präsident Michel Temer als Mitwisser belastet

Ein gewaltiger Donnerschlag hat am Mittwochabend die Politelite und allen voran Präsident Michel Temer erschüttert. Nach Medienberichten gibt es Gesprächsmitschnitte, nach denen Temer einer Schweigegeldzahlung an den ehemaligen Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha zugestimmt hat. Der ist sitzt wegen Schmiergeld, Geldwäsche, Geheimkonten und anderen Vorwürfen in Untersuchungshaft.

Michel Temer – Foto: Marcos Correa/PR

Cunha gilt als einflußreich, war früher Temers Verbündeter und hat schon in der Vergangenheit damit gedroht, auszupacken. Nach einem Artikel im Journal “O Globo“ soll Temer deshalb ein Schweigegeld für gut befunden haben. Die Anschuldigung gehen auf die Kronzeugenaussagen von Joesley und Wesley Batista zurück, den Chefs des größten Fleischprozenten der Welt (JBS).

Joesley Batista hatte sich im März mit Präsident Michel Temer getroffen und das Gespräch mitgeschnitten. Dabei hatte er erwähnt, an den inhaftierten Cunha Schweigegeld zu zahlen, woraufhin Temer geantwortet haben soll, dass die Zahlungen beibehalten werden sollen. So steht es in dem Bericht des Journalisten Lauro Jardim, der um 19:30 Uhr veröffentlicht worden ist.

Von dem Zeitpunkt an, ging im Kongress nichts mehr. Sitzungen im Parlament und im Senat wurden eiligst beendet und Notbesprechungen der Parteien einberufen. Gleiches tat Temer und versammelte Minister und Kamerapräsident Rodrigo Maia um sich. Zwei Stunden später gab es dann eine offizielle Regierungsmitteilung, in der Temer die Vorwürfe von sich weist und mit einer rigorosen Untersuchung des Vorgangs droht.

Bei den Aussagen werden ebenso Schmiergeldzahlungen genannt. Die sind zwar nicht direkt an Temer überreicht worden, aber an einen seiner Vertrauensmänner, wie es heißt. Bei den Aussagen alleine bleibt es nicht. Dieses Mal haben sich die Ermittler noch vor bekannt werden der Kronzeugenaussagen an die Beweissicherung gemacht und Geldübergaben mit Chips verfolgt und gefilmt.

Betroffen ist ebenso Aécio Neves, Präsident der Mitte-Rechtspartei PSDB, Ex-Präsidentschaftskandidat und seit Amtsantritt Temers dessen Aliierter. Er soll beim JBS-Chef um zwei Millionen Reais (umgerechnet derzeit etwa 588.000 Euro) angehalten haben, um sich im Korruptionsskandal Lava-Jato verteidigen zu können. Auch das Gespräch soll Joesley Batista aufgenommen haben. Die Bundespolizei hat darüber hinaus die Geldübergabe an einen Cousin Aécios gefilmt.

Weder Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot noch der Oberste Richter Edson Fachin haben zu den Berichten bisher Stellung genommen. Medien berichten aber von einer Bestätigung durch Polizeibehörden.

Mit den neuesten Enthüllungen kommt Temer gleich doppelt ins Wanken. Die Opposition hat gegen den im Volk ohnehin sehr unbeliebten Präsidenten gleich die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens beantragt. Ob dem statt gegeben wird, liegt in der Hand des Kamerapräsidenten Rodrigo Maia, der noch als Verbündeter Temers gilt.

Noch in der gleichen Nacht ist es vor dem Kongress in Brasília zu Hupkonzerten und einer Demonstration gekommen. Auch in São Paulo sind Menschen auf die Straßen gegangen und forderten die Absetzung Temers und Neuwahlen forderten. Über direkte und indirekte Neuwahlen haben in der gleichen Nacht auch verschiedene Parteien diskutiert.

Die Zahl der Demonstranten war zwar gering, doch bröckelt Temer auch im Kongress die Basis weg. Die hätte er eigentlich bitter notwendig, um seine neoliberalen Reformen durchzusetzen, mit denen die Wirtschaft angekurbelt und das Rentengesetz angepasst werden soll.

Statt einer Wirtschaftsankurbelung befürchten die Brasilianer jetzt ein noch tieferes Absinken. Vor allem aber wird einmal mehr bestätigt, dass sich die Korruption durch alle Parteien zieht.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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