Südosten Brasiliens: Überschwemmungen, Erdrutsche und tausende Obdachlose

Seit sieben Tagen sorgen starke Niederschläge im Südosten Brasiliens für menschliche Dramen, Überschwemmungen und Erdrutsche. Während in vielen Munizipen versucht wird, die Schäden zu begrenzen und das entstandene Chaos zu beseitigen, warnen Meteorologen und Klimaexperten vor weiteren Extremereignissen.

Überschwemmungen Minas – Foto: Secom

Im Bundesstaat Minas Gerais ist in über hundert betroffenen Munizipen der Notstand ausgerufen worden. Über 53.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen und in Notunterkünften oder bei Freunden und Verwandten untergebracht werden.

Vielerorts zeigt sich ein Bild der Zerstörung: überschwemmte Straßen und Felder, abgerutschte Hänge und Böschungen, zerstörte Straßen mit enormen Kratern und übereinander gestapelten Asphaltschichten, von der Wucht des Wassers mitgerissene Brücken, Autos und Mauern.

Muren sind abgegangen und haben teilweise ganze Häuser verschluckt. Laut dem Katastrophenschutz sind 55 Menschen ums Leben gekommen. Sie wurden von Erdmassen verschüttet und von den Wassermassen mitgerissen.

Die von den Wetterinstituten vorgelegten Zahlen lassen das Ausmaß der Regenkatastrophe nur erahnen. Bis zum 29. Januar sind in Belo Horizonte 932 Millimeter Regen nieder gegangen, beinahe so viel wie 2019 in allen zwölf Monaten gemeinsam registriert wurden. In Teilbereichen wurden in den vergangenen Tagen in Belo Horizonte in nur wenigen Stunden sogar über 170 Millimeter gemessen.

Auch im Nachbarbundesstaat Espírito Santo leiden die Menschen unter den sintflutartigen Regenfällen. In wenigen Stunden stieg dort der Wasserstand des Rio Doce um sieben Meter und hat Dörfer und Städte unter Wasser gesetzt. Über 12.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

Weitere 2.000 haben alles verloren, sind obdachlos geworden. Zehn Menschen sind gestorben. Betroffen sind neben Minas Gerais und Espírito Santo ebenso Regionen im Norden des Bundesstaates Rio de Janeiro.

Überschwemmungen – Foto: Rodrigo Saenz/MOP

Während die staatliche Hilfe wie gewohnt nur schleppend anläuft, ist die Solidarität unter der Bevölkerung groß. Umgehend kam es zu zahlreichen Spenden von Kleidern, Lebensmitteln und Geld. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat sich hingegen erst nach einer Woche zu einem Überflug der unter Wasser stehenden Regionen durchgerungen.

Zahl starker Niederschläge und Katastrophen steigt

Laut den Wetterspezialisten nimmt die Zahl der starken Niederschläge mit mehr als einhundert Millimeter im Südosten Brasiliens zu. Sie gehen zudem davon aus, dass sie in Zukunft noch intensiver und häufiger auftreten werden und verweisen auf die Klimaveränderungen. Mehr Wärme in der Atmosphäre bedeute mehr Wasserverdampfung und somit stärkere Regen, erklärt Klimaspezialist Carlos Nobre.

Verstärkt wird die Katastrophe teilweise aber auch durch hausgemachte Probleme. Ein Beispiel ist die starke Versiedelung in den Städten und Siedlungen, durch die sich Wärmeinseln bilden. Darüber hinaus kann das Wasser nicht im Boden versickern, sondern sammelt sich in Kanälen und Straßen zu reißenden Bächen, so Marcelo Schneider vom Wetterinstitut Inmet.

In der am stärksten betroffenen Stadt, Belo Horizonte, sind in den vergangenen Jahrzehnten darüber hinaus Flüsse und Bäche kanalisiert und teilweise überbaut worden. Hinzu kommt eine ungeordnete Ausbreitung von Siedlungen. Bebaut wurden ebenso Gefahrstellen entlang von Uferstreifen und an Steilhängen. Auf sie weicht vor allem die ärmere Bevölkerung aus.

An Gesetzen, die dieses vermeiden sollen, fehlt es indes nicht. Auch wurden nach den zahlreichen Stark-Niederschlägen mit ihren katastrophalen Folgen in den vergangenen zehn Jahren Vorwarnsysteme eingerichtet und Gefahrenzonen ausgewiesen. Dies scheint aber nicht wirklich zu greifen.

Spezialisten und Stadtplaner fordern schon seit langem stärkere Kontrollen, eine wirksamere Stadtplanung und die Umsiedlung der in Gefahrengebieten lebenden Menschen. Sie sprechen ebenso von einer notwendigen Vorbereitung der Städte auf die zunehmend starken Niederschläge.

Notwendig wäre eine Politik der Anpassung, um die Menschen besser vor den Naturkatastrophen zu schützen, zumal deren Zahl bereits zugenommen hat und sie in Zukunft noch häufiger zu erwarten sind, wie Carlos Nobre sagt.

Währenddessen warnen die Meteorologen vor weiteren Starkniederschlägen. Auch der Februar soll im Südosten Brasiliens nach ihren Berechnungen durch Regenfälle gekennzeichnet sein.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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