Vögel spielen eine entscheidende Rolle in vielen Ökosystemen. Sie vernetzen Lebensräume, Ressourcen und biologische Prozesse und tragen außerdem zu sogenannten Ökosystemleistungen bei – als natürliche Feinde von Schädlingen, Bestäuber von Früchten, Samentransporteure oder „Müllpolizei“.
Die Lebensgemeinschaften von Organismen mehrerer Arten (Biozönose) und ihrer unbelebten Umwelt hängen gesundheitlich von den Arten ab, die diese besiedeln und durch ihre biologischen Funktionen verschiedene notwendige Beiträge leisten. Untersuchungen zeigen außerdem, das die Anwesenheit von Vögeln in städtischen Parkanlagen auch zum menschlichen Wohlbefinden beitragen.
Wenn es um Vögel geht, dann spielt Südamerika ganz weit vorne mit. Länder wie Peru, Kolumbien, Ecuador und Brasilien gelten als Regionen mit der größten Vielfalt an Vogelarten weltweit. Es ist wenig verwunderlich, belegt das größte Land Südamerikas hinter Kolumbien den zweiten Platz in der Liste der Länder mit der größten Vielzahl von Vögeln. Darunter sind unter anderem die ausschließlich in Amerika vorkommenden Kolibris oder Tukane, aber auch die artenreichen Familien der Tyrannen und der Tangaren. Die Vogelbeobachtung in Brasilien nimmt immer mehr zu und die Vogelforschung hat Hochkonjunktur.
Studien haben nachgewiesen, dass die Fähigkeit, Laute zu bedeutungsvollen Signalen zu kombinieren, auch im Tierreich vorkommt. Das könnte ein Baustein sein, um die evolutionäre Entwicklung der menschlichen Sprache zu entschlüsseln. In den letzten zehn Jahren sind mehrere Anwendungen entstanden, die die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz nutzen, um verschiedene Vogelstimmen zu identifizieren, die von Wissenschaftlern und Vogelbeobachtern gleichermaßen genutzt werden.
Diese Werkzeuge (Apps) haben ihre Schwächen: Manchmal können sie zum Beispiel Arten falsch identifizieren. Die Forschung zeigt jedoch zunehmend, dass KI das Verhalten und die Verbreitung von Vögeln erkennen kann, was für den Naturschutz von grundlegender Bedeutung ist.
2018 wurde die offizielle BirdNET-App lanciert, die es Menschen aus aller Welt ermöglicht, ihre eigenen Aufnahmen von einer Vielzahl von Geräten, darunter Laptops und Smartphones, hochzuladen. Seitdem hat BirdNET rund 150 Millionen hochwertige Vogelstimmen gesammelt. Merlin, eine weitere KI-gestützte Vogelakustik-App, ergänzt diesen Datensatz und hat mehr als drei Millionen aktive Nutzer, die akustische Daten in das System einspeisen. Doch wie funktionieren diese scheinbar magischen Werkzeuge?
Die App wandelt den Gesang eines Vogels in ein Bild der Schallwellen, ein so genanntes Spektrogramm, um. Das Bild wird dann in den Algorithmus der App eingespeist, der die einzigartigen Frequenzänderungen, das Timing und die Amplitude eines bestimmten Gesangs erkennen kann. Diese Muster, die die Algorithmen finden, sind viel subtiler und raffinierter, als es ein Mensch könnte.
Nachteile der KI
Wie die meisten KI-basierten Technologien sind jedoch auch diese Anwendungen nicht ohne Tücken und Probleme. In seiner 2023 im International Journal of Avian Science veröffentlichten Studie analysierte der Ökologe Cristian Pérez-Granados eine Reihe von wissenschaftlicher Literatur zu BirdNET. Seine Untersuchung ergab, dass BirdNET den Gesang eines Vogels nicht immer aufzeichnete und ihn manchmal fälschlicherweise als eine andere Art identifizierte, was zu „falsch positiven Ergebnissen“ führte, so Pérez-Granados, der an der Universität von Alicante in Spanien arbeitet.
Laut der Audubon Society und anderen Organisationen haben auch Merlin-Benutzer über Fälle von Fehldiagnosen berichtet, die sich negativ auf Forschungsprojekte auswirken können, bei denen Daten von Bürgerwissenschaftlern verwendet werden. „BirdNET und einige andere Software haben in den letzten zwei oder drei Jahren viel bewirkt, aber sie müssen weiter wachsen und verbessert werden“, sagt Pérez-Granados.
Es gibt einige Möglichkeiten, diese Risiken zu verringern, z. B. die Berücksichtigung von Unsicherheiten durch statistische Modellierung oder die manuelle Überprüfung von Identifizierungen, um die Daten zu verifizieren. In der Tat tragen Millionen von Bürgerwissenschaftlern riesige Datenmengen zu Apps wie Merlin und BirdNET bei. Apps zur Identifizierung von Vogelgeräuschen haben die Vogelbeobachtung für viele Menschen zudem zugänglicher gemacht, insbesondere für Menschen mit Hörverlust.
Vor etwa fünf Jahren wachte Erin Rollins-Pletsch eines Morgens auf und stellte fest, dass sie aufgrund einer seltenen Krankheit etwa 80 Prozent ihres Hörvermögens verloren hatte. Zunächst fiel es ihr schwer, sich in der neuen, viel ruhigeren Welt zurechtzufinden. Dann fand sie ihren Weg zur Vogelbeobachtung. „Wenn ich draußen bin und mich auf die Vögel konzentriere, ist alles andere unwichtig“, sagt Rollins-Pletsch, eine Lehrerin, die etwa 40 Minuten östlich von San Francisco in Kalifornien lebt.
Allerdings kann sie die meisten Pfeif- und Hochfrequenzgeräusche nicht hören, die anderen Vogelbeobachtern helfen, eine Art aufzuspüren, wenn sie außer Sichtweite ist. Deshalb nimmt sie jetzt ihr Smartphone mit nach draußen und startet die Merlin-App. „Wenn ich bei der Gartenarbeit bin oder mich um meine Vogelfutterhäuschen im Garten kümmere, klicke ich einfach auf meinem Handy auf Aufnahme“, sagt Rollins-Pletsch. „Wenn die Vögel dann singen, erscheinen sie einer nach dem anderen auf meinem Telefon. [Die App] liest mir ihr Lied vor. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich das liebe.“