Amazoniens verborgener Schatz verbirgt sich unter dem grossen, grünen Teppich – ein Reichtum an Mineralien, der zum grossen Teil noch intakt ist. Der ausgedehnte und undurchdringliche Regenwald, welcher den grössten Teil Amazoniens bedeckt, übt eine beinahe hypnotische Wirkung aus auf gewisse Menschen, die sich von einer so unerforschten Natur und ihrer ungeheuren Biodiversifikation geradezu magisch angezogen fühlen – und die Vorstellung, der erste zu sein, der die Wunder dieser unberührten Wildnis entdeckt, hat für sie einen unbeschreiblich verlockenden Geschmack nach Abenteuer. Aber Amazonien ist nicht nur das, was man auf seiner Oberfläche sieht, auch unter derselben verbirgt sich das Abenteuer – ein unschätzbarer Reichtum an wertvollen Mineralien, der noch weniger erforscht ist als seine Oberfläche.
Die Experten der Wissenschaft nennen sie “Geodiversifikation“ – sie ist das subterrane Äquivalent der Biodiversifikation. Gold, Niob, Bauxit, Thorium, Cassiterit, Eisen und Erdgas stehen unter anderen auf der Liste mit 23 Mineralien, welche sich in beachtlichen Mengen im amazonensischen Boden befinden – diese Auskunft stammt von der brasilianischen “Secretaria Executiva de Geodiversidade e Recursos Hídricos do Amazonas“ (SEGRHA).
Im Osten des Bundesstaates Manaus, wo der Rio Madeira in den Amazonas mündet, enthält ein Territorium in Nova Olinda do Norte und Itacoatiara, welches der staatlichen brasilianischen PETROBRAS gehört, Unmengen von Kalium. Die Gesellschaft verhandelt bereits mit grossen Unternehmen auf diesem Sektor. Heute importiert Brasilien 90% seines Kaliumverbrauchs, das zur Herstellung von Düngemitteln verwendet wird, und bezahlt dafür mehr als eine Milliarde US$ pro Jahr, sagt ein Geologe von der SEGRHA.
Nach Auskunft des Geologen ist die Lage dieser Reserven strategisch ideal, denn sie befindet sich in der Nähe der landwirtschaftlichen Grenzen – der Gebrauch von Düngemitteln aus diesem Kaliumvorrat würden den Druck auf die Abholzung des Waldes zur landwirtschaftlichen Flächenerweiterung, verringern. “Hierbei handelt es sich um ein Projekt mit unterirdischem Abbau, der dem Wald nur wenig Schaden zufügen wird“, ergänzt er. Diese Mine wird ausserdem Arbeitsplätze und Einnahmen bringen – und Aktivitäten einschränken, welche die Umwelt schädigen.
Zirka vierzig Kilometer von Manaus entfernt, im landwirtschaftlichen Distrikt von Suframa, liegen 3,3 Milliarden Tonnen Kaolin (Porzellanerde) – Rohstoff für Weisskeramik und Porzellan, für Kosmetik und Medikamente, und vieles andere. Davon sind zirka 70 Millionen Tonnen vom Typ “Coating“ (benutzt zur Beschichtung von Spezialpapieren), bestens geeignet zum Export bemerkt der Geologe.
Wie er sagt, gibt es Untersuchungen hinsichtlich des Bauxits (Mineral zur Aluminiumproduktion), “mit besten Anzeichen zur wirtschaftlichen Nutzung“, entwickelt von der brasilianischen “Companhia Vale do Rio Doce“ und der “Alcoa“ im Nordosten des Bundesstaates Amazonas, in den Munizipien von Figueiredo, Urucará, São Sebastião do Uatumã und Nhamundá.
Heute beschränkt sich die bedeutendste Bergbau-Aktivität des Bundesstaates auf die Mine von Pitinga, in den Munizipien Presidente Figueiredo und Urucará, wo Cassiterit (Mineral zur Zinnproduktion) abgebaut wird. Die Mine versorgt zirka 70% des nationalen Bedarfs.
Im Westen des Bundesstaates Roraima hat das “Projekt Catrinâni-Urariqüera“ ein reichliches Vorkommen von Cassiterit und Gold enthüllt. Und man sollte auch “Carajás“ (Bundesstaat Pará) nicht vergessen, wo die grössten Eisenreserven der Welt liegen – ausserdem ansehnliche Volumen von Mangan, Gold, Kupfer und Nickel.
Der Mineralienabbau in Amazonien ist verbunden mit der Degradierung der Umwelt wegen desaströsen Projekten der 70er Jahre, und wegen der illegalen Goldsucher, die Flüsse vergifteten und sowohl Probleme für den Wald als auch seine Bewohner verursachten. Nach einer Studie von Geologen der “Superintendência Regional de Manaus do Serviço Geológico do Brasil” (CPRM) würde ein Projekt zum Abbau von Mineralien in grossem Stil maximal 15 Quadratkilometer besetzen, so dass 20 dieser grossen Projekte nicht einmal 0,01% der mehr als 5 Millionen Quadratkilometer grossen Fläche Amazoniens beanspruchen würden.
“Um zu überleben, war die Mineralien, Öl und Erdgas fördernde Industrie gezwungen, sich zu erneuern, umzudenken, und die Erkenntnisse für eine erhaltende Entwicklung anzuwenden“, argumentiert der Geologe und Entwicklungsleiter der CPRM in Manaus und einer der Autoren der Studie.
Die Studie gibt ausserdem an, dass 2,5 Milliarden US$ für die Förderung von Mineralien bereit stehen, von denen 500 Millionen US$ für die weitere Feldforschung verwendet werden sollen.
Damit diese Ressourcen auch entsprechend sinnvoll genutzt werden, sind noch weitere Forschungen unerlässlich. Gegenwärtig sind zirka 60% der Region – betreffs der Becken von Amazonas, Solimões und dem Bundesstaat Acre – mit geologischen Gutachten innerhalb der adäquaten Skala zur Logistik Amazoniens abgedeckt worden (1:100.000 und 1:250.000), bestätigt die Studie der CPRM. Jedoch sind das drei Jahrzehnte alte Daten, gesammelt vom “Projekt Radam Brasil“ und von den Programmen zur Basischen Geologischen Aufstellung, durchgeführt von der CPRM.
“Dringend notwendig sind staatliche und private Investitionen für die Produktion geowissenschaftlicher Erkenntnisse über die Region, so wie man sie in den 70er und 80er Jahren durchgeführt hat“, ergänzt der Geologe und Entwicklungsleiter die Studie. “Eine Aktualisierung unserer Kenntnisse der Geodiversifikation Amazoniens wird obligatorisch auch eine detaillierte kartographische Erfassung der Region voraussetzen, sowie auch eine Wiederaufnahme der systematischen geochemischen Untersuchungen. Und das ist eine Arbeit, die wenigstens ein Jahrzehnt erfordert“.