Herr Minister, welche Bilanz ziehen Sie aus der touristischen Präsenz in den Austragungsorten der WM bis zu diesem Moment?
Tourismus-Minister Vinícius Lages: “Die Berichte von der Interaktion zwischen den Besuchern und der brasilianischen Gastfreundschaft sind die bestmöglichsten, genauso, wie wir erhofft haben. Natürlich gibt es hier und dort ein paar Unannehmlichkeiten. Jedoch im Allgemeinen ist die Bilanz sehr positiv nach diesen ersten Tagen der Weltmeisterschaft. Noch haben wir die Zahlen der eingetroffenen Touristen nicht vorliegen. Unsere Erwartungen dahin, dass sich die geschätzte Anzahl von 600.000 internationalen Touristen und zirka 3 Millionen Brasilianern, die in unserem Land zirkulieren, bis zum Ende der WM bewahrheiten wird. Wir führen derzeit eine Feldstudie durch und beobachten auch die Ankommenden, also haben wir noch keine bestimmten Zahlen. Aber was wir bereits durch verkaufte Eintrittskarten an internationale Touristen wissen, werden wir die anvisierten 600.000 auf jeden Fall erreichen“.
Wie beurteilen Sie den Einfluss der WM auf den Tourismus-Sektor?
“Der direkte Einfluss der WM besteht aus den geschätzten R$ 6,7 Milliarden (2,2 Milliarden Euro), die von den ausländischen Gästen in den WM-Städten für den Konsum ausgegeben werden – ohne die Reisekosten mitzurechnen. Wir sind mit entsprechenden Untersuchungen beschäftigt. Ab dem 17. Juli werden wir die Resultate zur Veröffentlichung vorliegen haben. Also gibt es einen direkten Einfluss – wirtschaftlicher Art und auch in Bezug auf unser Image. Ich glaube, dass Brasilien zwei sehr starke Anziehungspunkte hat, betreffs seiner Positionierung als internationale Tourismus-Destination. Der eine sind seine Naturschönheiten. Der andere die Gastfreundlichkeit und die Kultur. Wir haben das gewisse Etwas, um den Besucher so zu behandeln, dass er sich bei uns zuhause fühlt. Das ist sehr wichtig für jede touristische Destination, und das pflegen wir.
Es ist wichtig, dass die Touristen fühlen, in einem Land zu sein, in dem sie sich wohlfühlen, in dem sie bleiben wollen. Viele von ihnen werden sogar ihren Besuch bei uns verlängern (nach der WM). Das ganze Land ist zu einem grossen Fenster geworden, durch das die Welt hereinsieht. Und es ist von fundamentaler Bedeutung, dass wir von dieser WM mit einer starken Promotion profitieren. Wenn wir nur die Arme verschränken, werden wir diese enorme Gelegenheit verpassen, die uns durch die WM beschert wird. Also bereiten wir uns vor – das Tourismus Ministerium zusammen mit der EMBRATUR – für eine Kampagne, die dazu bestimmt ist, jenes positive Image, das wir bis zum Ende der WM haben werden, weiter zu verbessern, um so den Fluss internationaler Touristen zu erhöhen und auch die Brasilianer selbst zu animieren, mehr zu reisen“.
Auf welche Art und Weise intensiviert die WM den Tourismus an anderen Orten des Landes – ausserhalb der 12 Veranstaltungs-Städte?
“Um ein Beispiel zu geben . . . Anlässlich des Confederations-Cup wurden 138 Städte von Touristen besucht. Bei der WM erwarten wir, dass zirka 300 Städte unseres Landes besucht werden. Das demonstriert die Vielfalt des Landes, mit seinem kulturellen und wirtschaftlichen Reichtum“.
Angesichts der bei der WM beobachteten Resultate, welches sind Ihre Erwartungen für die Olympischen Spiele 2016?
“Alles noch besser zu machen! Wir werden eine hoch qualifizierte Infrastruktur zurückbehalten. Die Olympischen Spiele sind nicht nur Rio de Janeiro – darauf mache ich stets aufmerksam. Aus dieser WM werden wir mit einer gut definierten Strategie herauskommen, um die Erfahrungen zu nutzen, die wir bereits beim Confederations-Cup, sowie beim Weltjugendtag sammeln konnten. Wir haben keine Zweifel, das Rio de Janeiro für Events dieser Grössenordnung vorbereitet ist. Allein der Karneval ist schon eine gigantische Veranstaltung. Und Brasilien wird bis dahin (2016) noch viel besser vorbereitet sein. Und wenn wir unsere Arbeit gut machen, werden wir auch auf dem touristischen Sektor noch mehr gewinnen. Wir werden uns anstrengen, um diese Vielfalt zu demonstrieren, die Brasilien auszeichnet, indem wir das “Fenster der WM’ nutzen“.
Welches sind die Resultate durch grosse Events für Brasilien auf längere Sicht?
“Es gibt Fragen hinsichtlich der Anstrengungen in der Amtsführung des Landes, wie zum Beispiel die Frage der Sicherheit, der Infrastruktur, der politischen Intelligenz und der schulischen Erziehung. Dieser Prozess ist inzwischen ein gesetzliches Vermächtnis und Brasilien muss sich darum kümmern. Die urbane Mobilität ist zweifellos eine Frage, die nach einer baldigen Verbesserung in den grossen Städten des Landes verlangt. Die Wirtschaft des Sports kann enorm wachsen, besonders wenn wir die Olympiade nutzen, um Brasilien aus seiner Prägung herauszuholen, lediglich das “Land des Fussballs“ zu sein.
Es ist auch das Land des Basket-Balls, und es ist das Land der Olympischen Spiele. Aus der Perspektive unserer Flughäfen besitzen wir ein grossartiges Erbe, ein Brasilien, das zunehmend mehr reist, und das zunehmend mehr Besucher empfangen kann. Dies ist das Vermächtnis auf längere Sicht. Nie zuvor wurde mehr in Infrastruktur, in Transporteinrichtungen, investiert, ohne irgendwelche Benachteiligungen der Investitionen in Erziehung und Gesundheit. Wir werden bald, sehr bald, zu den Ländern mit der weltgrössten Konkurrenzfähigkeit gehören“.
Was den Tourismus betrifft – kann Brasilien durch grosse Events seine Beliebtheit als Touristen-Destination steigern?
“Zweifellos! Es gibt Gruppen, die nie zuvor in Brasilien gewesen sind – jetzt sind sie gekommen. Unter diesen Gruppen gibt es Mexikaner, Australier und auch Amerikaner. Wir müssen im internationalen Tourismus noch gewaltig wachsen. Wir empfangen normalerweise pro Jahr etwas weniger als 6 Millionen ausländische Touristen. Das ist gar nichts gegenüber unserem Potenzial. Ich glaube, dass wir neue Märkte erschliessen können, wenn wir unsere Infrastruktur verbessern und unser “Fenster“ nutzen, in dem Brasilien als ein schönes Besuchsland zu sehen ist – ein “Spa“ für die Seele, wenn wir uns auf die Verbesserung bestimmter Missstände konzentrieren – und das werden wir tun.
Was die Amerikaner betrifft: die Visumfrage war eine Herausforderung. Ich glaube, dass die Vereinfachung durch elektronische Verarbeitung bereits eine grosse Hilfe sein wird. Wir müssen Fortschritte machen, um auf der Gegenseite Entgegenkommen zu provozieren – diese Visumsfrage muss fallen. Wir sind auch mit Märkten vorangekommen, aus denen heute unsere grössten Touristenkontingente stammen, wie zum Beispiel Asien. Auch der Markt unserer Nachbarn interessiert uns sehr. Wenn wir den Durchschnitt an Touristen erhalten, den andere Länder durch die WM bekommen haben, dann werden wir in den kommenden Jahren bereits ein Wachstum zwischen 5% und 10% an internationalen Besuchern verzeichnen können.