Nach der historischen Niederlage der brasilianischen Nationalmannschaft war der gestrige Tag (09.07.) geprägt von Klagen der Laden- und Kioskbesitzer. Im “Saara“ (Sociedade dos Amigos das Adjacências da Rua da Alfândega) – einem der populärsten und bewegtesten, offenen Märkte im Zentrum von Rio de Janeiro, dürften einige Kioske morgen (10.07.) einen Ausverkauf organisieren, mit dem Versuch, etwas von jenen gelb-grünen Produkten zu retten, deren Umsatz plötzlich ins Stocken geraten ist.
Nach Meinung des Präsidenten der “Saara”, hat die diesjährige WM kein so grosses Echo in der Bevölkerung ausgelöst, und das hat sich in deutlicher Form beim Verkauf niedergeschlagen, der um 30% bis 40% unter den Erwartungen geblieben ist. “Wir werden sehen, dass dieser Ausverkauf tatsächlich stattfinden kann – mit Rabatten zwischen 10% und 40%. Diese WM war bei weitem nicht das, was wir erwartet hatten. Seit ihrem Beginn sind die Menschen hier zwischen den Ständen herumgelaufen, aber ohne Begeisterung. Wir hatten einen unerfreulichen WM-Beginn, was den Verkauf betrifft“, sagte er.
In vielen Geschäften konnte man Angestellte beobachten, die Blasinstrumente, Trikots, Fahnen, Perücken und alles, was an gelb-grünen Artikeln noch übrig geblieben war, in Kisten verpackten. Trotz des allgemeinen Trauerklimas behielten einige Geschäfte ihre Dekoration in den brasilianischen Farben bei – allerdings etwas diskreter. So auch der Laden, in dem Luciana Geschäftsführerin ist und lieber auf das Ende der WM, am kommenden Sonntag (13.07.) warten will, bevor sie die Produkte wegschliessen will, die plötzlich zu Ladenhütern geworden sind.
“Wir haben erwartet, das Doppelte zu verkaufen, wie bei der letzten WM, haben dieses Ziel jedoch nicht einmal annähernd erreicht. Ich glaube, dass die Protestaktionen, die erklärten Feiertage während der WM und die Einkäufe in letzter Minute, irgendwie einen schädigenden Einfluss auf unseren Umsatz hatten. Aber weil es Produkte sind, die nicht verderben, können wir sie für die Olympiade 2016 oder die nächste WM aufheben“.
Eine andere Verkäuferin 25 Jahre alt, wusste nicht einmal genau, warum sie alle diese Produkte des Geschäfts einpacken sollte, in dem sie Tätig ist. “Die haben uns nur gesagt, dass wir alles aus dem Angebot nehmen sollten. Was übrig ist soll auch nicht zum Ausverkauf kommen – es ist sehr viel übrig geblieben“!
Nach und nach nehmen nun die Artikel für die “Festas Juninas“ (Junifestlichkeiten) den Platz ein, auf dem die Artikel in den brasilianischen Farben gestanden haben. Der Ladenbesitzer Maiko, dessen Geschäftsfront ganz von den Farben der “Seleção“ bedeckt gewesen war, änderte seine Dekoration schon am Morgen nach der Niederlage. “Logisch, dass ich als Brasilianer sämtliche Artikel der Seleção gerne aufbewahren möchte. Aber ich werde diese Artikel in einer kleineren Abteilung meines Geschäfts zusammenstellen, wegen der Touristen. Heute habe ich rein gar nichts von Brasilien verkauft. Das Einzige, was sich weiterhin verkauft, ist die Kopie des WM-Pokals – die Gringos kaufen ihn oft“, sagte er.
Für Maiko war diese WM die schlechteste aller Zeiten für sein Geschäft. “Ich erinnere mich, dass wir bei der WM von 1998 ein Seil im Laden aufspannen mussten, um die Leute in Schlangen zurückzuhalten, die alle etwas kaufen wollten. Das Ergebnis Brasiliens beim Spiel gestern, hat genau das reflektiert, was der Verkauf für uns bei dieser WM gewesen ist. Einige Geschäfte hier in der “Saara“ haben bis zu R$ 5 Millionen (1,7 Millionen Euro) in ihre Artikel investiert. Das Geschäft ging sehr schlecht, die Menschen haben nichts gekauft, um ihre Wohnungen und Häuser zu dekorieren. Eine Woche vor Beginn der WM wurde es dann ein bisschen besser – aber nach dem Spiel gegen Chile nahm es wieder ab. Der Verkaufshöhepunkt der WM erreichte nicht einmal in etwa die Umsätze an Weihnachten oder an Karneval“, verglich er.
Unter den Menschen, die heute durch die “Saara“ zirkulierten, waren nur wenige, die sich für Artikel in Verbindung mit der Seleção interessierten. Nicht so die Hausfrau Suely), sie fing an zu rennen, als sie eine Gondel voll gelb-grüner Flip-Flops erblickte, um ein Paar in ihrer Grösse zu ergattern. “Die werde ich kaufen, denn sie sind ungewöhnlich preiswert. Vorher kosteten diese “Chinelos“ noch R$ 25.90 – heute, im Ausverkauf, sind sie runter auf R$ 9,90. Logisch, dass wir traurig sind über die Niederlage von Brasilien – und noch mehr über die Art und Weise wie es passiert ist. Aber das Leben geht weiter. Der Brasilianer muss lernen, mit der Niederlage umzugehen“, sagte sie, bevor sie in der Menge untertauchte.