“Bildung ist der Schlüssel gegen Stereotypen“
An jedem 19. April feiert man in Brasilien und verschiedenen anderen Ländern des amerikanischen Kontinents den “Tag der indigenen Völker”. Es gibt ein anderes Datum auf internationaler Ebene, welches durch die UNO 1995 festgelegt wurde, dabei handelt es sich um den 09. August. Im Juli 2022 wurde mit dem Gesetz 14.402/22 der 19. April als “Tag der indigenen Völker“ – und nicht mehr als Tag der Indianer – festgelegt, um die Kultur und das Erbe dieser Völker zu feiern.
Die vom Nationalkongress gebilligte Maßnahme lässt den Begriff Indianer, der als Vorurteil gegen die indigenen Völker empfunden wird, in einem anderen Licht erscheinen. Für den leitenden Koordinator der “Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens“ (Apib), wird das Vorurteil durch Stereotypen verstärkt, die immer noch in Gedenkfeiern und in Schulbüchern fortbestehen.
Einige Schulen fantasieren – Kinder wollen die Indianer in ein Format stecken, in eine kleine Schachtel. Indigene Menschen sind diejenigen, die im Wald leben, die laufen, die keine Kleidung haben. Das schafft ein rassistisches Szenario, denn diese Kinder wachsen mit der Ideologie eines indigenen Menschen mit glattem Haar, schrägen Augen, rötlicher Haut, auf.
Wir entstanden durch einen Prozess der Rassenvermischung. Wir haben einen Prozess der Gewalt durchgemacht. Wie viele indigene Frauen haben keinen sexuellen Missbrauch erlitten? Sie wurden zwangsverheiratet“. Die Existenz der indigenen Völker ist von jahrhundertelanger Gewalt geprägt. Für den Koordinator besteht diese Gewalt in Form von Rassismus fort, als Überbleibsel der portugiesischen Kolonisierung.
“Ein Prozess großer Gewalt, der erzwungenen Akkulturation, des Entzugs der Sprache, des Missbrauchs der indigenen Völker in einer Realität, die ihnen nicht gehört, der Demarkierung indigener Territorien, keine Förderung öffentlicher Maßnahmen, die zur Förderung der Kultur indigener Völker beitrugen. Dieses ganze Szenario trägt also dazu bei, dass diese Gewalt innerhalb und außerhalb indigener Gebiete verbreitet wird“.
Völkermord
Der Geschichtsprofessor an der Bundesuniversität “Recôncavo da Bahia bekräftigt, dass die Ankunft der Portugiesen eine Reihe von Gewalttaten gegen die indigenen Völker mit sich brachte, die zu einem Völkermord führten. Während im Jahr 1500 noch 5 Millionen Indigene in Brasilien lebten, sind es heute weniger als 1 Million.
“Es handelt sich vor allem um eine symbolische Gewalt der Abgrenzung in einem Land, in dem bereits andere Menschen lebten. Und diese Gewalt neigt dazu, zu wachsen. Sowohl die vorsätzliche Gewalt des Krieges, der Versklavung, als auch die Gewalt, die nicht geplant war, aber eine absurde Auswirkung auf die einheimische Bevölkerung hatte, die Ankunft neuer Infektionserreger. Es gibt eine Dimension des Völkermords, daran besteht kein Zweifel“.
Der Professor erinnert daran, dass vor den Einwanderern und den Menschen vom afrikanischen Kontinent, die Ureinwohner die ersten waren, die von den Portugiesen in Brasilien versklavt wurden. Dem Fachmann zufolge wurden die ersten Zuckermühlen des Landes mit indigenen Arbeitskräften, meist Sklaven, errichtet.
Im Jahr 1500 glaubten die Portugiesen, die hier ankamen, sie hätten die Indios erreicht. Aus diesem Grund nannten sie die Indios nach denen, die bereits hier lebten. Der korrekte Begriff ist jedoch “Indigene“, was auf Lateinisch bedeutet, dass sie von dem Ort stammen, an dem sie leben!“.