Brasilien im Covid-19-Chaos: Überfüllte Krankenhäuser und Rekordzahlen

In nur einer Woche sind etwa 10.000 Menschen an Covid-19 gestorben, wurden nach den offiziellen Zahlen des Gesundheitsministerius über 430.000 Menschen positiv getestet. Beinahe eine Million gelten derzeit als aktive Fälle.

Friedhof in Manaus – Foto: Alex Pazuello/Semcom

Spezialisten sprechen von der bisher schlimmsten Situation. Dabei könnte es noch schlimmer kommen. Bis Ende März wird ein weiterer explosionsartiger Anstieg von Erkrankungen und Todesopfern befürchtet. Die Kapazitäten der Krankenhäuser sind indes schon jetzt in mehreren Regionen des Landes ausgelastet.

In mehr als der Hälfte der 26 Bundesstaaten und des Hauptstadtdestriktes liegt die Belegungsquote der Intensivstationen bereits bei über 80 Prozent. In den Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Paraná sind die Kapazitäten mit hundert Prozent ausgeschöpft. In ganz Brasilien warten hunderte Erkrankte auf einen Platz im Krankenhaus. Allein in Paraná stehen 989 Covid-Patienten auf der Warteliste.

Es fehlt aber nicht nur an Krankenhausplätzen, sondern ebenso an Ärzten und Pflegepersonal. In São Paulo gab es bereits einen Aufruf, dass sich Krankenpfleger doch freiwillig für einen ehrenamtlichen Einsatz melden sollten.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro lässt sich von all dem und den hinter den Zahlen verborgenen, menschlichen Tragödien nicht beeindrucken. Er hat dazu aufgerufen, das “Jammern“ doch zu lassen und hat einmal mehr das Ende der Pandemie verkündet. Das ist lange noch nicht in Sicht. Spezialisten sprechen von einer dritten Welle. Sie befürchten, dass bis April täglich einhunderttausend Neuinfektionen und 3.000 Tote registriert werden könnten.

Eine nationale Politik zur Bekämpfung der Virusausbreitung fehlt. Ein Lockdown wird von Bolsonaro weiterhin verteufelt. Bundesstaaten mit härteren Distanzierungsmaßnahmen hat er sogar Konsequenzen angedroht. Die Gouverneure von 23 Bundesstaaten haben dem nun einen Zusammenschluß entgegengestellt. Sie wollen gemeinsam einheitliche Maßnahmen zur Reduzierung der Übertragungsraten erlassen.

In einzelnen Bundesstaaten gibt es bereits Einschränkungen, wie eine nächtliche Ausgangssperre oder Beschränkungen auf wesentliche Dienste. In vielen dürfen jedoch Shoppings, Restaurants und Fitnesscenter weiter funktionieren.

Einen Zusammenschluss gibt es auch in Sachen Impfstoff. Die Impfungen verlaufen bisher nur schleppend. Das Problem: der von der Regierung gekaufte Impfstoff ist knapp. Den Munizipen laufen die Verhandlungen des Gesundheitsministeriums zum Kauf weiterer Dosen zu langsam.

1.703 der 5.570 Munizipe Brasiliens haben deshalb ein Konsortium gebildet, das selbst Impfstoffe erwerben will, um tatsächliche Massenimpfungen durchführen zu können. Bisher sind lediglich 8,2 Millionen der 210 Millionen Einwohner Brasiliens geimpft worden.

Über elf Millionen Brasilianer sind seit Ausbruch der Pandemie in Brasilien positiv getestet worden, über 265.000 an Covid-19 gestorben. Wegen der nach wie vor geringen Testrate gehen Epidemiologen allerdings davor aus, dass die tatsächlichen Zahlen mindestens doppelt so hoch sind.

Seit 45 Tagen sterben täglich zudem im Sieben-Tages-Durchschnitt weit über tausend Menschen an Covid-19. Bei der Zahl der Neu-Infektionen werden derzeit ebenso traurige Rekorde verzeichnet. Am Sonntag (7. März) wurden laut Gesundheitsministerium 80.508 Neuzugänge innerhalb von 24 Stunden registriert. Verantwortlich gemacht werden für den explosionsartigen Anstieg ein Mangel an Distanzierungsmaßnahmen und Virus-Mutationen.

Das Profil der Covid-19-Patienten scheint sich ebenso geändert zu haben. Ärzte verschiedener Krankenhäuser berichten davon, dass mittlerweile viele der UTI-Patienten unter 50 Jahre alt sind.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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