Brasilien demontiert Italien und sichert sich Gruppensieg

Pretoria, 21. Juni 2009

Die brasilianische Fussball-Nationalmannschaft hat am Sonntag ihr letztes Vorrundenspiel beim Konföderationen-Pokal in Südafrika gegen Weltmeister Italien klar mit 3:0 (3:0) gewonnen und sich dadurch den Gruppensieg gesichert. Die Seleção trifft nun am Donnerstag im Halbfinale auf Südafrika. Italien hingegen ist überraschend aus dem Turnier ausgeschieden. Die “Azzurri“ mussten durch die hohe Niederlage den zweiten Tabellenplatz an die USA abgeben, die wiederum sensationell gegen Ägypten gewinnen konnten. Die Pharaonen unterlagen den US-Boys mit 0:3 (0:1) und verpassten damit ebenfalls die Chance auf das Halbfinale.

In der Gruppe B war vor dem letzten Spieltag rechnerisch faktisch alles noch möglich. Alle vier Mannschaften hatten es in der Hand, durch eigene und fremde Hilfe die Endrunde zu erreichen. Besonders zittern musste jedoch die Auswahl Italiens, stand mit Brasilien ein mächtiger Gegner auf dem Turnierplan. Die Kanariengelben konnten sich zuletzt im Februar bei einem Freundschaftsspiel in London mit 2:0 gegen die Lippi-Elf durchsetzen, und so mancher wird sich auch mit Frösteln an die verlorenen WM-Finals von 1970 und 1994 erinnert haben. Letztmalig hatte Italien vor 27 Jahren gegen Brasilien gewonnen, und nach 4 Siegen in Folge gegen Uruguay, Paraguay, Ägypten und die USA wollte Trainer Carlos Dunga keinesfalls gegen den amtierenden Weltmeister verlieren.

Dementsprechend spannend waren dann auch schon die ersten Minuten der Partie. Dunga hatte die Bestformation auf den Platz geschickt, lediglich Elano musste Ramires weichen, der im Spiel gegen die USA durch eine hervorragende Leistung seinen Anspruch auf einen Platz in der Startelf anmeldete. Im Sturm sollten Robinho und Luis Fabiano für Tore sorgen, im Mittelfeld Kaká und Felipe Melo die Fäden ziehen. Und neben Julio César im Tor lag es an Kapitän Lucio, die Abwehr gegen den gefährlichen italienischen Sturm in ein Bollwerk zu verwandeln.

Auf Seiten der Italiener hatte Marcelo Lippi entschieden, diesmal Luca Toni von Beginn an spielen zu lassen. Neben dem Bayern-Stürmer wurde Vincenzo Iaquinta für den Angriff aufgestellt, Gennaro Gattuso sowie Giuseppe Rossi saßen erst einmal auf der Bank. Die “Azzurri“ gingen damit aus taktischer Sicht schon ein weniger vorsichtiger in die wichtige Partie, die Seleção hingegen demonstrierte mit ihren Offensivkräften schon vor dem Anpfiff den Hunger nach vielen Toren.

Vorweg gesagt, es war ein Fussballfest der Superlative. Brasilien knüpfte zumindest in der ersten Halbzeit nahtlos an die Erfolge der WM vor 39 Jahren an. Damals auf den Tag genau am 21. Juni 1970 wurde Italien klar mit 4:1 geschlagen, die Kanariengelben wurden zum dritten Mal Weltmeister. Nach einem Spiel darf man sich immer fragen, ob die eine Mannschaft sehr gut oder die andere sehr schlecht gespielt hat, im Loftus Versfeld Stadion in Pretoria stand jedoch eine Seleção auf dem Platz, wie man sie seit Monaten nicht mehr gesehen hat. Zur Freude der Zuschauer, wie immer mit den berühmt berüchtigten Vuvuzelas “bewaffnet“, gab es schon in der Anfangsphase zahlreiche Torchancen auf brasilianischer Seite.

Nach einem Zuspiel von Luis Fabiano hatte Ramires schon in der fünften Minute die Chance zum Führungstreffer, doch der Ball klatschte gegen die Torlatte. Minuten später kam Luis Fabiano selbst zu einer Riesenchance nach Vorlage von Kaká, doch diesmal war der italienische Keeper Buffon zur Stelle. Ob im Angriff oder in der Abwehr, die Seleção lieferte ein hervorragendes Spiel ab. Im Mittelfeld begeisterte Felipe Melo, der seinen Gegenspielern immer wieder die Bälle stahl und nach vorne spielte. Besonders über die Flügel war die Seleção extrem gefährlich.

In der 23. Minute dann ein Schockmoment für die Fans. Juan musst mit Schmerzen im Oberschenkel ausgewechselt werden, für ihn kam Luisão, der zwar auch eine gute Partie spielte, den Verletzten jedoch keinesfalls ersetzen konnte. So hatten auch die Italiener gut drei Minuten danach ihre erste grosse Chance und verschafften Julio César einen ersten Schreckmoment. Doch der Ball flog über das Tor hinweg.

In der 32. Minute fasste sich dann Lúcio ein Herz und stürmte mit vor in den gegnerischen Strafraum. Eine Vorlage von Ramires spielte er quer in den Fünfmeterraum, traf allerdings Cannavaro, der den Ball an den Pfosten lenkte. Abermals lag die brasilianische Führung in der Luft, zumal die Seleção nicht aufhörte, ihre Gegner massiv unter Druck zu setzen. Es war somit nur noch eine Frage der Zeit, bis das erste Tor fallen sollte.

In der 37. Minute war es dann soweit. Maicon versuchte sich aus der Distanz, doch der schwach geschossene Ball diente Luis Fabiano inmitten des Strafraums als ideale Vorlage. Annehmen, rumdrehen, schiessen – der Ball landete unhaltbar für Buffon im linken unteren Eck. Schon kurz darauf sollte sich der italienische Schlussmann erneut ärgern. Bei einem schnell ausgespielten Konter gab Robinho an Kaká weiter und dieser wollte den Ball wieder zum Torschützenkönig der Copa Ámerica 2007 von der linken Seite in den Strafraum passen. Robinho liess den Ball jedoch durch, so dass das Leder direkt vor den Füssen von Luis Fabiano landete, der abermals Buffon keine Chance liess (43.).

Innerhalb von sechs Minuten stand es 2:0 für Brasilien und Italiens Halbfinalträume wackelten schon bedenklich. Die Abwehr der “Azzurri“ war völlig neben der Reihe, wie sich zwei Minuten später erweisen sollte. Kaká spielte auf Robinho im Mittelfeld, der steil sprintete und dabei Ramires mutterseelenallein im gegnerischen Strafraum sah. Die hereingegebene Flanke konnte vom herbeieilenden italienischen Abwehrspieler Dossena jedoch in letzter Sekunde noch abgefälscht werden – allerdings ins eigene Tor. Auch beim 3:0 kurz vor dem Halbzeitpfiff war Buffon absolut machtlos.

Drei Tore in den ersten 45 Minuten hatte Italien seit einem Spiel gegen Jugoslawien 1957 nicht mehr kassiert. Dementsprechend geknickt verzogen sich die “Azzurri“ auch in die Kabine. Dort mag der nach der 0:1 Niederlage gegen Ägypten stark in die Kritik geratene Lippi seinen Mannen mächtig den Marsch geblasen haben, denn in der zweiten Halbzeit drehten die Italiener dann doch noch mal etwas auf. Allerdings liess sich Brasilien auch um einiges zurückfallen und schenkte den verzweifelten Italienern faktisch das Mittelfeld. Doch die Seleção blieb bei einigen wenigen Angriffen weiter extrem torgefährlich.

In der 55. Minute schoss zunächst Robinho knapp am Tor vorbei, in der 76. Minute verfehlte Kaká mit einem Gewaltschuss nur um Zentimeter den Kasten. Doch zwischenzeitlich hatten sich die Italiener einige gute Chancen herausgearbeitet, Julio César hatte plötzlich alle Hände voll zu tun. Hier zeigte sich Brasilien nicht konsequent genug und liess den Gegnern mächtig viel Raum. Italien benötigte zu diesem Zeitpunkt nur ein einziges Tor, um doch noch das Halbfinale zu erreichen, dementsprechend hielten die Weltmeister bis zum Schlusspfiff den Druck aufrecht.

Am Ende langte es jedoch nicht. Brasilien ging als verdienter Sieger vom Platz, Italien fährt nun frühzeitig nach Hause. Während die Seleção mit voller Punktzahl die Vorrunde abschloss, schwächelte eine enttäuschende “Squadra Azzurra“ über weite Strecken. In Italien wird es nun darum gehen, wie eine Mannschaft für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr aussehen dürfte. Und wer sie trainiert.

Für den brasilianischen Trainer Carlos Dunga ist es zunächst einmal nur ein weiterer Triumph gegen Italien. Im Vorfeld des Spiels erinnerte sich der ehemalige Profi vom VfB Stuttgart daran, wie er bei der WM 1994 in den USA als Kapitän die Seleção ins Finale gegen die “Azzurri“ führte und das entscheidende Tor beim Elfmeterschiessen erzielte. Und wie er danach den Pokal in Händen hielt. Denn am Ende zählt nur der Titel. Dies stellte er auch vor dem nun gewonnen Spiel ganz nüchtern klar: “Italien hat die beste Mannschaft der Welt. Wenn wir die Besten sein wollen, müssen wir nächstes Jahr die WM gewinnen.”

Dietmar Lang für BrasilienPortal

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Stadion: Loftus Versfeld
Zuschauer: 42.000

Tore: Luis Fabiano, in der 37´ und 43´, Dossena (Eigentor) in der 45´ der 1. Halbzeit

MANNSCHAFTSAUFSTELLUNGEN
Brasilien

Júlio César, Maicon, Lúcio, Juan (Luisão), André Santos; Gilberto Silva (Kleberson), Felipe Melo, Ramires (Josué), Kaká; Robinho, Luís Fabiano
Trainer: Carlos Dunga

Italien
Buffon; Zambrotta, Cannavaro, Chiellini, Dossena; De Rossi, Montolivo (Pepe), Pirlo; Camoranesi, Iaquinta (Rossi), Toni (Gilardino)
Trainer: Marcello Lippi

Gelbe Karten: Chiellini und Dossena (Italien)

STATISTIK DER BEGEGNUNGEN
Freundschaftsspiel

10/02/2009: Brasilien 2 x 0 Italien
Tore: Elano 12′, Robinho 26′

Frankreich-Tournee
08/06/1997: Brasilien 3 x 3 Italien
Tore: Alessandro del Piero 6′ & (P) 61′, Demetrio Albertini 23′, Lombardo 35′, Ronaldo 70′ & Romário 84′

Weltmeisterschaft
17/07/1994: Brasilien 0 x 0 Italien
Tore: Fehlanzeige

Freundschaftsspiel
14/10/1989: Brasilien 1 x 0 Italien
Tor: André Cruz 77′

Weltmeisterschaft
05/07/1982: Italien 3 x 2 Brasilien
Tore: Paolo Rossi 5′, 25′ & 75′, Sócrates 12′ & Falcão 68′

Weltmeisterschaft
24/06/1978: Brasilien 2 x 1 Italien
Tore: Franco Causio 38′, Nelinho 64′ & Dirceu 71′

Vorbereitungsspiel auf die WM
31/05/1976: Brasilien 4 x 1 Italien
Tore: Fabio Capello 2′, Gil 29′ & 53′, Zico 73′ & Roberto Dinamite 75′

Freundschaftsspiel
09/06/1973: Brasilien 0 x 2 Italien
Tore: Gigi Riva 16′ e Fabio Capello 76′

Weltmeisterschaft
21/06/1970: Brasilien 4 x 1 Italien
Tore: Pelé 17′, Roberto Bonisegna 37′, Gérson 65′, Jairzinho 71′ & Carlos Alberto Torres 88′

Freundschaftsspiel
12/05/1963: Brasilien 0 x 3 Italien
Tore: Angelo Benedetto Sormani 35′, Sandrino Mazzola 39′ & Giacomo Bulgarelli 76′

Freundschaftsspiel
01/07/1956: Brasilien 2 x 0 Italien
Tore: Ferreira 29′ & Canário 77′

Freundschaftsspiel
25/04/1956: Brasilien 0 x 3 Italien
Tore: Giuseppe Virgili 13′ e 62′ & De Sordi (Eigentor) 76′

Weltmeisterschaft
16/06/1938: Italien 2 x 1 Brasilien
Tore: Gino Colaussi 55′, Giuseppe Meazza 60′ (P) & Romeu 87′

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AutorIn: Dietmar Lang

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