Seleção zurück in Brasilien auf dem Boden der Tatsachen

Rio de Janeiro, 04. Juli 2010Fans bei der NiederlageBrasiliens Nationalelf ist nach dem frühen Ausscheiden bei der Fussball-Nationalmannschaft am Sonntag in Brasilien gelandet und somit auf dem Boden der Tatsachen zurück gekehrt. Die Profis wurden am Flughafen teils mit Beifall, aber auch mit Pfiffen empfangen. Der brasilianische Fußballverband CBF hat indessen den ganzen Trainerstab suspendiert.

Nach 10 Stunden Flug und rund 36 Stunden nach der beschämenden Niederlage im Viertelfinale der Fussball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika ist die brasilianische Nationalmannschaft nach Brasilien zurückgekehrt. Mit einer Sondermaschine der TAM, die den Kader Ende Mai auch nach Südafrika gebracht hatte, traten die Besiegten die schwere Heimreise an. Gegen 2 Uhr morgens kamen die ersten Vertreter auf dem Internationalen Flughafen Tom Jobim in Rio de Janeiro an und sorgten direkt für einen Tumult. Spieler und Trainerstab wurden bejubelt, beklatscht, bedrängt, ausgepfiffen. Rund 300 Fans und wesentlich mehr Pressevertreter hatten seit Stunden in der Eingangshalle des Airports ausgeharrt. Co-Trainer Jorginho konnte kaum zu seinen Kindern vordringen und zunächst von Journalisten mit Fragen gelöchert. Er verteidigte Trainer Dunga, der nicht mit ausgestiegen war sondern nach São Paulo weiter flog.

„Immer wenn man keinen Erfolg hat, stellt man die Arbeit in Frage. Wir haben aber auch gute Leistungen gezeigt. Wir haben die Copa América gewonnen, den Confed-Cup, haben die Qualifikation auf Platz 1 abgeschlossen. Von 60 Spielen habnen wir gerade sechs verloren. Das war keine schlechte Arbeit. Natürlich wollen alle in Brasilien immer die beste Leistung in den ersten Platz. Ich kann aber nicht sagen, dass eine schlechte Arbeit geleistet wurde. Leider haben wir das Hauptziel nicht erreicht“ so der Co-Trainer in einem ersten Statement.

Zuvor waren unter anderem Gilberto, Juan, Thiago Silva, Julio César, Kleberson und der zum Sündenbock erklärte Felipe Melo in Rio von Bord gegangen. Während Julio César von den rund 100 Fans beklatscht wurde, ertönten beim Erscheinen des Mittelfeldspielers, der im Viertelfinale nicht nur ein Eigentor schoss sondern anschliessend auch noch wegen einer Tätlichkeit vom Platz gestellt wurde, gellende Pfiffe und wüste Beschimpfungen. Der Profi von Juventus Turin reagierte sichtlich erschrocken und flüchtete schnell in ein bereitgestelltes Fahrzeug.

In São Paulo gingen dann die restlichen Spieler und Trainer Dunga von Bord. Allerdings nahmen sie aufgrund der Vorfälle in Rio de Janeiro einen anderen Weg als vorgesehen und gingen somit den Fans vorsichtshalber aus dem Weg. Dunga flog nach Porto Alegre weiter, andere Spieler nutzten den Airport ebenfalls für eine Anschlussverbindungen oder fuhren mit Privat-PKW oder Omnibussen nach Hause. Ganz im Süden des Landes in Rio Grande do Sul wurde der Weltmeister von 1994 überraschenderweise mit Beifall empfangen. Er schüttelte viele Hände, gab Autogramme, posierte für Fotos und stand sogar für Interviews zur Verfügung.

Besonders um die Zukunft des Seleção drehten sich die Fragen, dabei schloss Dunga entgegen seiner ersten Reaktion nach der Niederlage nun eine Fortführung des Amtes nicht mehr kategorisch aus. „Jetzt ist erst einmal Zeit zum Ausruhen. In ein oder zwei Wochen, wenn der Präsident (des CBF, Ricardo Teixeira) aus Südafrika zurückkommt, werden wir uns unterhalten. Mein Projekt waren vier Jahre, dass habe ich von Anfang an gesagt. Aber das ist auch abhängig von der Unterhaltung mit dem Präsidenten (Teixeira).“

Doch dieser hat wohl andere Pläne. Bereits am Sonntagnachmittag und nur wenige Stunden nach der Ankunft der Delegation in Brasilien erfolgte seitens des CBF die überraschende Suspendierung des kompletten Trainerstabes. Wie der Verband auf seiner Webseite mitteilte, ist „die technische Kommission der Nationalmannschaft abgesetzt“. Der im August 2006 begonnene Arbeitszyklus habe mit dem Ausscheiden der Seleção bei der Fussball-WM seinen Abschluss gefunden. Daher seien Trainer und Betreuer mit sofortiger Wirkung „suspendiert“. Der neue Trainerstab soll spätestens Ende Juli bekannt gegeben werden.

In der brasilianischen Presse kursierten diesbezüglich binnen kürzester Zeit fünf Namen: Luiz Felipe Scolari, Mano Menezes, Muricy Ramalho, Ricardo Gomes und Leonardo. Diese sollen für Verbandspräsidenten Ricardo Teixeira die augenfälligsten Kandidaten als Ersatz für Dunga sein. Für Teixeira kommt allerdings für die Seleção nur ein Trainer mit gehöriger Erfahrung in Frage. Denn derjenige soll gleichermaßen mit dem Druck einer Weltmeisterschaft klar kommen als auch gut mit jungen Spielern zusammen arbeiten können.

Dietmar Lang für BrasilienPortal

Foto: Div./RioTur

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AutorIn: Dietmar Lang

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