WM-Splitter-Ende: Aus der Traum für ein fussballverrücktes Land

Dass Brasilien ein fussballverrücktes Land ist, ist hinlänglich bekannt. Aber was passiert, wenn WM-Spiele der Seleção zeitlich auf 11:00 Uhr morgens fallen, zu einer Zeit, an der die Anzügetragende Gesellschaft erst eine Stunde oder weniger bei der Arbeit ist? Ganz einfach: Die Büros, Institutionen, Verkaufsläden, Shopping-Center, Kitas uvm. schliessen während der Spielzeit mehrheitlich den Arbeitsort, um sich einmal mehr der Aufgabe «Hexa» – den 6 WM-Titel – zu konzentrieren.

Marias-Fanshop – Foto: sabiá brasilinfo

Wie sich das in einer Shopping-Galerie in São Paulo verhält, möchten wir mit dem nachfolgenden Erfahrungsbericht verraten.

Es ist kurz vor 08:00 Uhr am Viertelfinaltag gegen Kroatien. Im L’Hotel in São Paulo bekommt der reichgedeckte Frühstückstisch langsam Lücken. Besonders beliebt sind bei den Früchten und Säften die einheimischen Vitaminspender sowohl unter den Feriengästen wie auch bei den Business Aufenthaltern.

Allmählich leert sich der Frühstücksraum wie immer, so dass um 10:30 Uhr das wieselflinke Personal schon mit dem Abräumen, Reinigen von den Frühstücksresten beschäftigt ist. Wir machen uns auch auf den Weg zu einer gut frequentierten Shopping-Galerie, um am Puls der Fans zu sein und um zu erfahren wer das Spiel gewinnt. Ein Sieger steht schon jetzt fest: das brasilianische Volk. Das steht auch dieses Mal – nach anfänglichen Schwierigkeiten – geschlossen hinter ihrer Mannschaft.

Egal ob Arbeiter, Krankenschwester, Hotelkellner oder Busfahrer u.v.m alle feuern sie ihre Seleção im Kreise ihrer Möglichkeiten oder gemeinsam an einem der vielen kleinen und grossen Public-Viewing Plätze an.

Leider nützte alles anfeuern und beten nichts, die Seleção ist beim Elfmeterschiessen mit zwei nicht verwandelten Schüssen wie bekannt aus dem Turnier ausgeschieden. Die Spieler sind nach diesem verlorenen Spiel betroffen, traurig und frustriert, aber nach einer kurzen Zeit kommen neue Spiele, Meisterschaften und Turniere, so dass diese Niederlage immer mehr in den Hintergrund gerät.

Bei kleinen und kleinst Betrieben hingegen kommen nebst der Trauer über den verlorenen Sieg noch Existenzangst dazu, den mit dem Ausscheiden der Seleção bleibt z.B. Maria auf ihren Fan-Artikeln liegen, die – wäre Brasilien im Final – restlos über den Ladentisch gingen. Oder die Pizzeria in der Shopping-Galerie, die an den nun ausfallenden Finaltagen bis zu 80% weniger «Copa-Pizzen» verkauft.

Team der Pizzeria – Foto: sabiá brasilinfo

Auch die Public-Viewing Plätze bleiben an den Finaltagen leer, die Infrastruktur und andere Ausgaben müssen aber trotzdem bezahlt werden. Robsen – ein Sportverkäufer – meint augenzwinkernd, dass er nun die 3-mal freien Arbeitsstunden durch das vorzeitige sportliche Aus auch noch verliert. Bento sagte trocken: jetzt kommt der Karneval, freuen wir uns darauf.

Wir vereinbarten mit den Beteiligten, uns in 4 Jahren für die WM-2026 wieder in der Shopping-Galerie zu treffen und uns ein weiteres Mal gemeinsam der Aufgabe «Hexa» – den 6 WM-Titel – zu widmen. Wir freuen uns!

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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