Der Acre besitzt gegenwärtig mehr als 200 katalogisierte Heilpflanzen-Spezies! Die Waldbewohner kennen ihre vielseitige Anwendung genau und haben gelernt, wie sie diesen von der Natur gegebenen Reichtum auch in wirtschaftlichen Nutzen umsetzen können. In der gesamten Region sind so genannte „Medicamentos Caseiros“ (Hausmittel) allgemein in Gebrauch, die sich der Heilpflanzen und –kräuter Amazoniens als Medizin gegen alle erdenklichen Krankheiten bedienen.
Aus dem Kern der „Açaí“-Palmfrucht presst man, zum Beispiel, ein dunkelgrünes Öl, welches in der Hausmedizin für viele Übel verwendet wird, besonders gegen Durchfall. Der Saft aus der Açaí – von exotischem Geschmack – besitzt einen sehr nutritiven Wert und enthält hohe Konzentrationen von Eisen. Man setzt ihn zur Bekämpfung von Anämie ein.
Der Sirup aus dem „Jatobá“- Baum oder aus dem „Cerejeira“ wird im Acre als Mittel gegen Grippe und als Kraftspender benutzt. Eine grosse Zahl von Heilpflanzen und deren Extrakte kennt man gegen Sinusitis, Magen- und Darmkrämpfe und zur Herstellung von Heilsalben. Sogar gegen die Malaria hat man ein Gegenmittel aus Extrakten lokaler Heilpflanzen entdeckt. Der „Picão“ ist eine Stechpflanze – ähnlich unserer Distel – die von den Ärzten im Acre als Mittel zur Heilung von Hepatitis verschrieben wird.
Verschiedene Kosmetika werden aus dem Öl des „Copaíba“- Baumes, als Rohstoff, hergestellt und der „Pau-Rosa“ (Rosenholz) ist ebenfalls als Rohstoff für viele Parfums und Essenzen unentbehrlich.
Jedes Jahr veranstaltet die Präfektur von Rio Branco, zusammen mit verschiedenen Sponsoren, die „Feira de Produtos da Floresta do Acre“ (Ausstellung der Produkte aus den Wäldern des Acre) – kurz „FLORA“ – auf der auch die einheimischen Kunsthandwerker Gelegenheit bekommen, ihre Produkt auszustellen. Mit steigendem Erfolg.
Das Ziel der Organisatoren ist es, Studien und Untersuchungen hinsichtlich der Regenwaldprodukte – die eine Ausholzung des Waldes nicht beinhalten – zu verbreiten, Märkte für regionale Produkte zu schaffen, den Konsum dieser Produkte anzuregen und Investoren zu stimulieren. Die „FLORA“, jährlich im Monat Juli, ist ein eindrucksvolles Schaufenster für regionale Produkte aller Art. Sie gibt den Waldbewohnern auch Gelegenheit, ihre Kenntnisse über den Regenwald zu präsentieren und ihnen die Mittel zur weiteren Existenz im Wald – in ihrem Original-Ambiente – einzubringen und so die Landflucht in die Städte zu verhindern.
Den „Daime“ darf man nicht vergessen, wenn man vom Acre erzählt: sicher haben alle Besucher diese eigentümlichen Landstrichs irgendwann einmal von diesem Getränk indianischen Ursprungs gehört, oder es vielleicht sogar schon einmal probiert? Seine „beruhigenden Eigenschaften“ am eigenen Leib erfahren? Aber wussten Sie, dass im Acre sogar eine religiöse Sekte existiert, die sich um den „Santo Daime“ gruppiert?
Dieser Tee wird von den Eingeborenen „Ayuwasca“ genannt. Er ist eine Mixtur aus der „Jagube“- Liane (auch „Erva de Santa Maria“) und den Pflanzenblättern der „Chacrona“. Diese Blätter sind besonders schwer zu finden, weil – so sagen die Indianer – „die Pflanze eigentlich ein Zwerg (Duende) sei, der sich im Wald verbirgt“. Es gibt im Acre verschiedene Gemeinschaften, die den „Santo Daime“- Kult betreiben. In ihren Hymnen verehren sie den Wald, ihren Gott und die Lebensfreude in ökologischer Inspiration.