Um nach Parintins — zum Festival Parintins – am unteren Amazonas zu kommen, gibt es zwei Alternativen: entweder per Flugzeug oder per Schiff. Im ersteren Fall hat man die Wahl zwischen 3 Flügen pro Woche – von etwa 1 Stunde und 15 Minuten Dauer. Im zweiten Fall hat man die Wahl zwischen simplen regionalen Booten bis zu luxuriösen Katamaranen.
Per Schiff dauert die Hinfahrt etwa 12 Stunden, flussab, und etwa 18 Stunden müssen für die Rückfahrt, stromauf, kalkuliert werden. Die Preise für den Transport sind sehr variabel und reichen vom Platz in der Hängematte unter Deck, über ein 7-Tage-Pakete mit einem Frühstück inbegriffen. Darüber hinaus kann man Boote privat mieten, die eine komplette Vollpension mit Übernachtung an Bord, offerieren.
Das Festival findet – nach dem 2-jährigen Unterbruch wegen Corona – dieses Jahr mit der 56. Ausgabe des Folk Festival am 30. Juni, 1. und 2. Juli 2023 statt.
Parintins liegt am rechten Ufer des Rio Amazonas, auf der Insel „Tupinambarana“, 420 km von Manaus, auf dem Flussweg, entfernt. Die lokale Vegetation, typisch für die untere Amazonasregion, wird von Regenwald des Typs „Várzea“ und „Terra Firme“ bestimmt. In seinem Umfeld befinden sich Seen und andere Inseln, sowie ein kleines Mittelgebirge.
Die Region selbst besitzt viele Natur-Attraktionen. Im nahen Rio Uaiacurapá zeigen sich in der Trockenperiode wunderschöne Sandstrände. Ausserdem werden von den Badegästen die Inseln „Pacoval, Das Onças, Do Marinho und Das Guaribas“ gerne aufgesucht.
Diese haben ausserdem eine sehenswerte Flora und Fauna. Für die Sportangler gibt es ebenfalls viele Optionen: „Mucurany, Aninga, Parananema, Zé, Açu, Valeria und Uaiacurapa“ sind einige der vielen fischreichen Seen der Gegend.
Die Serra Parintins ist eine weitere Naturschönheit, die jeden Besuch lohnt. Ein kleine Gebirgsformation, die mit einer durchschnitllichen Höhe von 150 Metern schöne Ausblicke bereithält und von einer dichten Dschungelvegetation bedeckt ist. Der „Lago da Valéria“ erstreckt sich auf ihrem Plateau – ein Geheimtip für Sportangler.
Parintins ist eine saubere und anheimelnde Stadt und hat alles, um den Besucher zu entzücken. Sehen Sie sich die „Igreja do Sagrado Coração de Jesus“ einmal genauer an, die kleine Kirche stammt aus dem Jahr 1883. Dann die Häuser in der Rua Benjamim da Silva und den Platz Eduardo Ribeiro, die Ruinen der „Vila Amazônica“ – einer Gründung der japanischen Emigranten in dieser Region, die durch die Jute-Pflanzungen angezogen wurden (1930). Mit einer nur kleinen und bescheidenen Hotel-Infrastruktur gerüstet, ist Parintins während der Festlichkeiten meistens völlig ausgebucht.
Nun zum Festival selbst
Es findet jährlich zwischen dem 23. und 30. Juni statt und hat seinen Ursprung in der Kultur der lokalen Indianer. Die Natur des Regenwaldes und seine Mystik und Magie sind die Grundelemente der Folklore Parintins, einer Insel von 60.979 Quadratmetern Fläche.
Es ist eines der eindrucksvollsten und spektakulärsten Feste von Amazonien. Beeindruckend durch seine menschliche Wärme und Freude, die man überall auch unter den Zuschauern und Besuchern spüren kann. Überhaupt, die Zuschauer: sie unterteilen sich in ROTE und BLAUE, in Gewändern, welche extra für das Fest, nur in diesen zwei erlaubten Farben, hergestellt wurden – je nachdem, für welche Partei der wetteifernden Darsteller sie sich entschieden haben und die sie dann lautstark anfeuern – eine Extra-Show, diese Zuschauer, Tausende einheimische und angereiste. Sie singen sämtliche Melodien enthusiastisch mit, klatschen den Rhythmus und geben dem Fest erst seine gewaltige Imponenz.
In der letzten Juniwoche werden „Quadrilhas, Tribos, Danças de Passaros“ und andere Manifeste der amazonensischen Folklore vorgetragen. Aber die letzten Tage 28. + 29. +30. Juni sind die interessantesten des ganzen Festivals, denn jetzt richtet sich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf die Vorstellung der „Bumbás“.
Während 3 Stunden pro Nacht tanzen an die 10.000 Darsteller zum ohrenbetäubenden Sound sämtlicher anwesenden Percussions-Instrumente, begleitet vom Chor der Zuschauer in Blau und Rot. Legenden, wie die der „Grossen Schlange“, erwachen zum Leben durch die mitreissende Darstellungskraft der verschiedensten Tänzer.
Dann wird die Ankunft des „Boi“ (Ochsen) in die Arena durch eine Salve von Feuerwerk angekündigt. Die Zuschauer stimmen eine Art Kriegsgebrüll an, dass einem die Ohren wegfliegen. Und wenn dann der „BOI“ selbst in Erscheinung tritt, hallt ein respektvolles Raunen über die Tribünen. Ein künstlerisch wunderschön ausgebildeter Ochsen-Hohlkörper wird von einem Darsteller (der im lokalen Volksmund „Ochsengedärm“ heisst) so unwahrscheinlich „ochsenähnlich“ hin und her, vor und zurück bewegt, dass man nach kurzer Zeit den Darsteller ganz vergisst und den lebenden Ochsen vor sich sieht!
Der „Boi“ wird zum Entzücken der Zuschauer (die übrigens dann den Namen „Galera“ bekommen) von verschiedenen Darstellern (Ochsengedärm) präsentiert – und hier scheiden sich dann die ROTEN von den BLAUEN, die jeweils ihre „Boi“s anfeuern und dem andern den Tod wünschen. Und zum Schluss haben entweder die ROTEN oder die BLAUEN gewonnen und können ein ganzes Jahr lang ihren Kopf ein bisschen höher tragen.
Höhepunkt ist die Inszenierung vom Tod des Ochsen – die Geschichte ist einfach und entstammt einer alten Legende:
Die Darstellerin „Mãe Caterina“ ist schwanger und verspürt eine unbezähmbare Lust auf Ochsenzunge. „Pai Francisco“, ihr Mann, aus Angst um die Gesundheit des Babies, befriedigt ihr Verlangen und tötet den Lieblingsochsen seines Herrn, der die schändliche Tat entdeckt und Pai Francisco mit Hilfe von Indianern aufspürt und in Ketten legt. Nach vielem Leiden wird dieser durch einen Pater und einen Medizinmann befreit, dem es gelingt, den Ochsen wiederzubeleben. Mit dem nun auferstandenen Ochsen belebt sich auch das Fest wieder und die Zuschauer schweben in einem frenetischen Taumel der Rhythmen, des einmaligen Sound und der faszinierenden Farben.
Übrigens hat sogar das Kulturzentrum von Parintins, gegründet 1988 – kurz „Bumbódromo“ – wo die Darbietungen stattfinden, das stilisierte äussere Format einer Ochsen-Silhouette: den Kopf bildet die Tribühne, die Hörner werden von den lateralen Zugängen dargestellt, und den Körperumfang formen die Arena und allgemeinen Zuschauerränge rundherum.