Der brasilianische Bundesstaat Roraima ist der mit dem grössten Anteil eingeborener indianischer Bevölkerung. Seine Einwohnerzahl setzt sich aus Indianern, Mischlingen (so genannten „Caboclos“) und Einwandern aus den verschiedensten Regionen Brasiliens – vorwiegend denen des Nordostens – zusammen.
Besonders die indianische Bevölkerung hat in Roraima die Sitten und Gebräuche und die Kultur seiner Einwohner geprägt. Hier kann man sogar ein gesundes Miteinander zwischen eingeborenen Indianern und Immigranten beobachten. Die einzigen Eingeborenen, die sich zurückhalten, sind die noch abseits im Regenwald lebenden Yanomámis, die man heute auf eine Zahl von nur noch 9.000 Individuen schätzt. Die Grenzgebiete zwischen Venezuela und dem Bundesstaat Amazonas sind ihr angestammter Lebensraum, in dem 1991 der „Parque Indígena Yanomámi“ (Nationalpark) mit einer Fläche von 95.000 km2 gegründet wurde.
Die anderen Indianer leben mit den Nichtindianern schon seit Jahrzehnten friedlich zusammen. Unter ihnen sind die „Macuxi“, mit 11.598 Individuen die zahlenmässig einflussreichsten. Sie leben in organisierten „Malocas“ – Dörfern, denen jeweils ein so genannter „Tuxauá“, der Häuptling und Führer der Gemeinschaft vorsteht. Der grösste Teil dieser „Macuxi-Dörfer“ besitzt seine eigenen Schulen und seine Mitglieder befassen sich vorwiegend mit der Landwirtschaft.
Eine zweite Eingeborenen-Gemeinschaft bilden die Tauperang. Sie leben an der Grenze zum Nachbarland Venezuela und tun sich eher in der Kommerzialisierung und im Handel mit ihrem Kunsthandwerk hervor. Des Weiteren die Ingarikó-Indianer und die Wapixana, beide in den landwirtschaftlich genutzten Regionen ansässig, also in den Bezirken von Amajarí, Normandia, Bonfim und Pacaraima. Unter ihnen zeigt besonders die Gemeinschaft der Wapixana grosses Interesse am Kulturaustausch mit den Macuxi. Schliesslich darf man die Waimiri-Atroari nicht vergessen, ein Indianervolk, welches an der Grenze zwischen Roraima und Amazonas lebt – die Bundesstrasse BR-174 geht mitten durch ihr angestammtes Gebiet hindurch und provozierte schon so manchen blutigen Zusammenstoss – man kann sogar auf ihre Hütten entlang dieser Strasse treffen. Noch weniger Kontakt besteht zwischen den Bewohnern von Roraima und den sich im Regenwald verbergenden Maiongong und den Wai-wai.
Unter den „Nichtindianern“ prädominieren die „Nordestinos“ (aus dem brasilianischen Nordosten stammende Einwanderer). Sie kamen aus den Bundesstaaten Maranhão, Ceará, Piauí, Rio Grande do Norte, Paraíba und anderen hierher, und dementsprechend findet man auch in Roraima heute eine interessante Mischung ihrer angestammten Tradition, ihrer Sitten und Gebräuche und ihrer typischen Feste und Feierlichkeiten. Einen starken Einfluss in der jungen Kultur des neuen Amazonas-Staates hatten auch die aus dem brasilianischen Süden eingewanderten „Gaúchos“ – aus den Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Paraná.
Nach Statistiken des brasilianischen Instituts IBGE hat dieser Einwandererstrom mit der Eröffnung der Bundesstrasse BR-174, im Jahr 1977, eingesetzt und intensivierte sich noch während der 80er Jahre – bis Anfang der 90er – und erklärt sich aus den damals plötzlich entdeckten Goldreserven in dieser Gegend, sowie einer Mund zu Mund Propaganda, die mehr Lebensqualität, leichte Jobs und schnellen Reichtum in Roraima in Aussicht stellte. Und die Regierung schloss sich mit einer gezielten Werbekampagne an, in der sie schnell Entschlossenen Kredite zur Landerwerbung und Pläne zur landwirtschaftlichen Entwicklung versprach.