Ähnlich dem amerikanischen „Valentine’s Day“, der auf den 12. Juni fällt, ist „São João“ einer der drei Heiligen, die man in Brasilien mit den so genannten „Festas Juninas“ ehrt: Der Tag des „Santo Antônio“ (Sankt Anton) fällt auf den 13. Juni, der Tag des „São João“ (Sankt Johannes) auf den 24. Juni, „São Pedro“ (Sankt Peter) und „São Paulo“ (Sankt Paul) fallen auf den 29. Juni. Die Wurzeln dieser Verehrung, welche im brasilianischen Interior ihren Ursprung hat und eben dort bis zu einem Monat lang zelebriert wird, reichen zurück bis in die Kolonialzeit.
Die „Festas Juninas“ sind also ursprünglich ein Fest der Landbevölkerung – der Bauern, die man hierzulande mit „Caipiras“ bezeichnet. Die gesamte Choreographie, die Musik und der Tanz, ja sogar Essen und Trinken dieses zweitgrössten brasilianischen Festes (neben dem Karneval) geht auf die Folklore der Landbevölkerung zurück. Und wenn die Städter – egal in welchem Teil des Landes – nun „São João“ feiern, dann gehört es sich, dass man der Landbevölkerung zu Ehren, als „Caipira“ verkleidet erscheint! Und nicht nur das: überall in den brasilianischen Städten gehören zum „São João“ auch jene typischen Tänze (zum Beispiel Forró und Quadrilha) und die Musikinstrumente (Sanfona, Pífano, Zabumba, etc.) der „Caipiras“ und das typische Essen (Pamonha, Canjica) und Trinken (Quentão)!
Ein typisches „Bauern-Produkt“ ist der Mais, er kommt praktisch in allen Interior-Gebieten vor, und deshalb stellt man die typischen „Juni-Leckereien“ fast ausschliesslich aus Mais her:
Pamonha
Ist eine Masse aus grünem (unreifen) süssen Mais, der im Mixer zerkleinert, mit Kokosflocken gemischt, in faustgrossen Portionen, innerhalb zwei bis drei Lagen von Maisblättern, in Wasser gar gekocht wird. Man serviert die Portion heiss.
Canjica
In diesem Fall wird der zerkleinerte grüne Mais in Milch gekocht, mit etwas Butter und mit Zucker abgeschmeckt. Es entsteht ein angenehm schmeckender Brei, den man noch mit Kokosflocken oder ein wenig Zimt verbessern kann.
Quentão
Je nach Qualität und Zusammenstellung der Ingredienzien, kann dieses heiss konsumierte, stark alkoholische Getränk, den ahnungslosen Gast in einen Zustand zwischen lustig und unverantwortlich versetzen! Grundsubstanz ist der in Brasilien überall erhältliche und sehr billige Zuckerrohr-Schnaps – der „Cachaça“ oder „Pinga“.
Ihm werden unterschiedliche Würzmischungen zugesetzt, wie zum Beispiel Inwer, Zimt oder Nelken und dann erhitzt man den „Pinga“, wie einen Glühwein – manche Leute mischen auch mit anderem Alkohol (und dieses Gesöff ist gefährlich!).
Die Interior-Städte „Caruaru“ in Pernambuco und „Campina Grande“ in Paraíba halten den absoluten Qualitätsrekord in punkto „Festas Juninas!“ Der pernambukanischen Stadt „Caruaru“ gelingt es, 1 Million Besucher zu ihren berühmten Juni-Festwochen zu empfangen. Die kleine Stadt besitzt sogar ein spezielles „Forró-Dorf“, ein nach antikem Modell nachgebautes Bauerndorf, das allein den Juni-Festlichkeiten Rechnung trägt und in dem alles nach alter „Caipira-Art“ funktioniert – sogar das Postamt!
Im „Forró-Dorf“ endet auch die Eisenbahn, in der die „Forró-Trios“ aus allen Teilen des Landes anreisen, und die schon auf dem Weg dorthin die anderen Passagiere in die richtige Stimmung bringen. Man kann den „Forró-Zug“ während dieser Zeit vom Zentralbahnhof in Recife nach Caruaru nehmen.
Während der Juni-Festwochen wird man, besonders in Caruaru, die Musik des „Forró-Königs“ Luiz Gonzaga überall zu hören bekommen – er starb 1989, wird aber im Herzen seines Volkes der unvergessene „Caipira“ des Nordostens bleiben. Mit seinem typischen São João Song „Olha pro Céu“ (Schau auf zum Himmel) beginnen oder enden die Juni-Festwochen fast überall.