Wenn Sie unsere Einführung „Aus der Geschichte“ des Bundesstaates Espirito Santo gelesen haben, dann wissen Sie jetzt, dass „Vila Velha“ die erste Siedlung jenes „Fernandes Vasco Coutinho“ auf dem Festland war, die er am 23. Mai 1535 gründete, und die er zuerst „Vila do Espirito Santo“ (Stadt des Heiligen Geistes) genannt hatte.
Mit dem Umzug der Regierung auf die Insel in der Bucht von Espirito Santo, ab 1550, der von seinem Nachfolger „Duarte Lemos“ durchgeführt wurde, bekam die Stadt den Namen „Vila Velha do Espirito Santo“ (Alte Stadt des Heiligen Geistes) und die Neugründung wurde „Vila Nova de Nossa Senhora da Vitória“ (Neue Stadt unserer siegreichen Gottesmutter) genannt. Später ging man bei beiden auf die Kurzformen „Vila Velha“ und „Vila Nova“ über – und das positive „Vitória“, der Hauptstadt, hat sich dann ab dem 19. Jahrhundert, während der Republik, eingebürgert.
Zwischen dem Ende des 19. und dem Anfang des 20. Jahrhunderts war Vila Velha eine Kleinstadt mit bescheidenen Lebensbedingungen. Wenigen Häusern, schöne gerade Strassen, Fisch im Überfluss und eine attraktive Landschaft, wohin das Auge blickte. Dann veränderte die erste Stadtplanung, sie stammt aus dem Jahr 1894, zuerst einmal das für die hochfahrenden Pläne des damaligen Gouverneurs zu enge Stadtzentrum, in dem schliesslich die wichtigsten Aktivitäten der Bürger stattfanden. Breitere Strassen wurden angelegt, schöne historische Gebäude abgerissen, weil sie den neuen Ideen die Richtung versperrten – der gesamte urbane Raum wurde neu konzipiert und für die Zukunft erweitert.
Seit ihrer Einweihung im Jahr 1912, bis in die 50er Jahre, hat sich dann die Strassenbahn als ein exzellentes städtisches Verkehrsmittel bewiesen und als ein gewissermassen romantischer Abschnitt im Leben der Bürger von Vila Velha. Die Strassenbahn – die man in Brasilien „Bonde“ nennt – war von besonderer Bedeutung für die Bürger von Vila Velha, weil es sich zum grössten Teil um einfache Leute handelte – ohne andere Transport-Möglichkeiten. Die Strassenbahn und die eiserne Brücke, deren vorgefertigte Metallteile während der Amtszeit des Gouverneurs „Florentino Ávidos“ aus dem fernen „Alemanha“ (Deutschland) importiert wurden, werden als erste Schritte einer urbanen Entwicklung von Vila Velha angesehen. Die Brücke bekam offiziell den Namen des Politikers, wurde aber vom praktisch veranlagten Volk einfach „Fünfte Brücke“ genannt.
Bis ins Jahr 1950 hatte sich das Wachstum des Distrikts von Vila Velha relativ langsam vollzogen. Das änderte sich schlagartig, als 1951 der Bau der Fernstrasse „Carlos Lindenberg“ beendet war – jetzt bevorzugte die Bevölkerung den Omnibus, und das war auch der Anfang vom Ende der alten Strassenbahn. Strassen wurden gebaut: die Landstrasse „Rodovia do Sol“ erschloss die gesamte Ferienküste im südlichen Abschnitt des Bundesstaates (1960). Die Konstruktion der Brücke „Castelo Mendonça“ verkürzte die Entfernung zur Hauptstadt Vitória beträchtlich und wertete die Strände von Vila Velha ebenfalls auf, die jetzt auch von der Hauptstadt aus schnell zu erreichen waren. Vila Velha wuchs in weniger als 50 Jahren – von 24.611 Einwohnern (1950) auf 297.052 Einwohner (1996) – eine runde Verzehnfachung!
Heute ist Vila Velha eine progressive Stadt, die sich den verschiedenen Ansprüchen ihrer europäischen Einwanderer genauso anzupassen versteht, wie denen ihrer alteingesessenen Bürger. In der Wirtschaft des Distrikts nehmen die Sektoren Möbelindustrie, Textilindustrie, Lebensmittelherstellung und Baugewerbe eine bedeutende Stellung ein – und, die Fischerei. Darüber hinaus setzt die Präfektur auf die Entwicklung des Tourismus in einer erfolgreichen Zukunft, welche die Schutzheilige „Nossa Senhora da Penha“ für alle „Canelas-Verdes“ („Grünbeine“ – Spitzname der Bürger von Vila Velha) bereithalten möge!
Vila Velha liegt auf dem Festland, 5 Meter über dem Meeresspiegel, die Stadt dehnt sich bis zum Meer hin aus und ist mit der Insel-Hauptstadt Vitória (9 km) durch verschiedene Brücken verbunden. Als älteste Stadtgründung von Espirito Santo hat sie auch eine der längsten Geschichten Brasiliens zu erzählen, aber leider sind hier, so wie auch in Vitória, die Zeitzeugen nicht mehr so zahlreich vorhanden, wie vielleicht erwartet – und auch nicht mehr in so gutem Konservierungszustand, wie zum Beispiel in den historischen Städtchen von Minas Gerais. Das hat mit der salzhaltigen Luft am Meer zu tun, mit der zerstörenden Einwirkung von Angreifern, aber auch mit der Nachlässigkeit und manchmal sogar Ignoranz der Verantwortlichen.
Was wir aber an dieser Stelle für Sie herausgegriffen haben, sollten Sie sich ansehen. Die Sehenswürdigkeiten befinden sich alle im Zentrum der Stadt, das seine Bürger mit „Prainha“ bezeichnen, hier begann die Kolonisation des Bundesstaates Espirito Santo.
Das Stadtzentrum Prainha
Convento da Penha
Wird als das bedeutendste religiöse Monument des Bundesstaates bezeichnet, Symbol der Verehrung seiner Schutzheiligen, „Nossa Senhora da Penha“. Acht Tage nach Ostern strömen die Gläubigen aus allen Teilen des Landes zu diesem Kloster, um die Heilige zu besuchen, zu ehren und eine Gnade zu erbitten. Es befindet sich auf dem Gipfel eines Hügels von 154 Metern Höhe, von dem aus man einen wunderbaren Blick ins Land und aufs Meer hat. Innerhalb derselben Mauern befindet auch ein Museum mit verschiedenen Exponaten sakraler Kunst. Zweifellos eines der schönsten Beispiele kolonialer Architektur.
Der alte steile Aufstieg zum Kloster, angelegt von indianischen Sklaven, wird „Ladeira das Sete Voltas“ genannt. Gemeint sind die „Sieben Freuden der Jungfrau Maria“: Verkündung durch den Engel Gabriel, Besuch ihrer Cousine Isabel, Geburt Christi, Empfang des Heiligen Geistes durch Christus, die Vorstellung Jesus im Tempel, die Auferstehung Christi, ihre eigene Himmelfahrt. (Nach den Vorstellungen des Franziskaner-Ordens)
„Parque da Prainha“ – täglich 5:30 bis 17:00).
Igreja Nossa Senhora do Rosário
Ist die älteste Kirche des Bundesstaates, die Bauarbeiten wurden gleich nach der Ankunft von Fernandes Vasco Coutinho in Form einer Kapelle eingeleitet (1535).
Mit Hilfe des Jesuiten „Afonso Brás“ und einem Mitbruder, mit Namen „Simão Gonçalves“, erhielt der Bau dann ein grösseres Kirchenschiff und wurde in „Igreja Santa Catarina“ umbenannt – und wieder ein Jahrhundert später „Igreja do Rosário“.
Der Platz vor dem Gotteshaus ist von Königspalmen gesäumt und präsentiert einen Obelisken zu Ehren des Staatsgründers Fernandes Vasco Coutinho. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.
(„Rua Almirante Tamandaré“ historisches Zentrum „Prainha“).
Forte de São Francisco de Xavier
Dieses Fort aus der Gründerzeit befindet sich am Fuss des „Morro da Penha“, südlich der „Baía de Vitória. Es ging aus einer ersten kleineren Befestigungsanlage hervor, die Fernandes Vasco Coutinho 1535 bauen liess. Eine Erweiterung wurde im Jahr 1700 in Angriff genommen, und 1703 war die neue Anlage sozusagen in ihrer Endphase, als sie von den Holländern wieder zusammengeschossen wurde. Der „Conde Sabugosa“ liess den Bau dann 1726 wieder restaurieren, gab ihm eine kreisrunde Form und bestückte ihn mit 15 Kanonen. 1862 wurde die Festung der Marine übergeben – diente eine Zeitlang als Lager – und bald darauf als Ausbildungsstätte für Marinesoldaten – bis 1866. Erst im Jahr 1909 wurde diese Schule wieder eröffnet – mit wenig Erfolg, sodass man sie 1913 zum zweiten Mal aufgab. Das alte Fort fing durch die Nichtbenutzung an zu verfallen. Es hatte seine bedeutende Zeit während des 17. und 18. Jahrhunderts, als es den Zugang zu den Goldminen in Minas Gerais bewachte.
(„Parque da Prainha“ – Besuchszeiten Montags bis Freitags zwischen 8:00 und 17:00).
Museu e Atelier Homero Massena
Das Haus, in dem der Maler „Homero Massena“ die letzten 20 Jahre seines Lebens verbracht hat, wurde in ein Museum verwandelt. Dieser Künstler war einer der berühmtesten von Espirito Santo, er gründete, unter anderem, die „Schule der Schönen Künste“ des Bundesstaates – die siebte in Brasilien – die sich in ein künstlerisches Zentrum der staatlichen Universität verwandelte und insgesamt mit 28 Medaillen ausgezeichnet wurde. Das Interieur des Hauses ist so belassen, wie zu Lebzeiten des Künstlers, mit vielen persönlichen Objekten und zirka 20 Originalbildern, die nach seinem Tod hier zurückblieben. Es ist das erste „Museum für Bildende Kunst“ in Espirito Santo.
(„Rua Antônio Ferreira Queiroz, 281 im „Parque da Prainha“).
Casa da Memória
Das „Haus der Erinnerung“ ist ein mehr als 100 Jahre altes Gebäude, in dem man in eine Art „Heimat-Museum“ eingerichtet hat, mit allem, was in der Geschichte, der Kultur, der gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Entwicklung in und um Vila Velha abgelaufen ist. In diesem Sinne werden in diesem Gebäude auch Vorträge, Ausstellungen, Filme und folkloristische Manifestationen präsentiert.
(„Rua Luciana das Neves“ mit „Avenida Beira-Mar“ – „Parque da Prainha“).
Pedra de Inhoá
Der „Fels des Tausendfüsslers“, so haben ihn die Indianer genannt, ist ein natürlicher Aussichtspunkt, von dem aus man eine sehr schöne Sicht auf die Bucht von Vitória hat – zur anderen Seite auf das Penha-Kloster und viele andere Einzelheiten der Stadt.
(„Rua Castro Aílson Simões“ in „Prainha“).