Am Samstag, dem 15. Dezember, ist eine Legende der modernen Architektur 100 Jahre alt geworden – eine lebende Legende, denn der Patriarch Oscar Niemeyer erfreut sich allerbester Gesundheit und hatte zu diesem Anlass Freunde und Bekannte zu einem geselligen Beisammensein im “Casa das Canoas“ eingeladen, einem Gebäudekomplex, den er 1951 im Stadtteil Recreio dos Bandeirantes als seine persönliche Residenz projektierte, und der gegenwärtig der Öffentlichkeit zugänglich ist.
Niemeyer selbst scheint diesem Datum allerdings wenig Bedeutung beizumessen. “Hundert Jahre, was ist das schon? Wenn man siebzig geworden ist, fängt man an, sich von seinen Freunden zu verabschieden. Was zählt, ist das Leben in seinem Gesamt – jede Minute – und ich glaube, mir war es vergönnt, gut durchzukommen“ meint er.
Künstler und Architekten trafen sich zur Ehrung des genialen Architekten mit Weltruf am “Denkmal Lateinamerikas“ in São Paulo, eine seiner Schöpfungen.
Am Mittwoch, dem 12. Dezember wurde Niemeyer von Frankreichs Botschafter in Brasilien, Antoine Pouillieute mit dem Titel “Comendadore Nacional da Legião de Honra“ geehrt, einer der bedeutendsten Ehrentitel der französischen Regierung. Gleichzeitig brachte der SESC in Brasília eine Postkarte mit dem Logo des “Jahres des Jahrhunderts von Niemeyer“ heraus, die unter Touristen verteilt wird, welche den Kongress besuchen. Am 30. November hatte Niemeyer ausserdem aus den Händen von Präsident Inázio Lula da Silva die “Medaille für seine Verdienste an der Kultur Brasiliens“ entgegengenommen.
LEBEN UND WERK
Geboren im Jahr 1907 in Rio de Janeiro, hat Oscar Niemeyer seine Jugend als ein typischer Carioca-Junge jener Epoche verbracht: ein Bohemien, ohne die geringste Sorge um die Richtung in seinem Leben. Er schloss sein Gymnasium erst im Alter von 21 Jahren ab – und noch im gleichen Jahr heiratete er Annita Baldo, mit der er eine Tochter hatte, die Galerstin Anna Maria Niemeyer. Ein Jahr später schreibt sich Niemeyer in der “Escola Nacional de Belas Artes“ von Rio de Janeiro ein. 1934 verlässt er sie mit dem Diplom eines “Ingenieur-Architekten“ in der Hand.
1935 beginnt Osacr Niemeyer seine berufliche Laufbahn im Büro von Lúcio Costa und Carlos Leão. “Ich hatte nicht vor, wie die meisten meiner Kollegen, mich an jene kommerzielle Architektur anzulehnen, die ich überall um mich sah. Und trotz meiner finanziellen Schwierigkeiten zog ich es vor, gratis im Büro von Lúcio Costa und Carlos Leão zu arbeiten, weil ich hoffte, dort die Antworten auf meine Fragen und Zweifel eines Architekturstudenten zu finden. Den beiden bin ich sehr dankbar“, sagt er.
1937 projektiert Oscar Niemeyer die “Obra do Berço“ in Rio de Janeiro. Zwei Jahre später reist er mit Lúcio Costa nach New York, um dort den brasilianischen Pavillon bei der Weltausstellung zu entwerfen. 1940 lernt er den damaligen Präfekten der Stadt Belo Horizonte kennen, Juscelino Kubitschek, der ein erstes individuelles Projekt bei ihm in Auftrag gab: Im Alter von 33 Jahren entwarf der junge Architekt in Belo Horizonte (Bundesstaat Minas Gerais) eine Reihe von Gebäuden, die später als “Conjunto Pampulha“ bekannt wurden. Diese Bauten – sie wurden im Jahr 1943 fertig gestellt – brachten ihm sowohl Kritik als auch Bewunderung ein und, seinen ersten internationalen Auftrag!
1951 kreiert Niemeyer das “Conjunto Ibirapuera“ (einen Park mit Ausstellungs-Pavillons zu Ehren des 400-jährigen Bestehens der Stadt São Paulo) sowie das Copan-Gebäude, eins der Symbole der Stadt.
Ein Jahr darauf projektiert er in Rio de Janeiro sein eigenes Domizil, das “Casa das Canoas“ dessen Name von der Strasse übernommen ist, die an ihm vorüber führt. Viele Jahre später geht dieser Gebäudekomplex in die Niemeyer-Stiftung über.
BRASÍLIA
Nachdem er 1956 zum brasilianischen Präsidenten gewählt worden ist, nimmt Juscelino Kubitschek erneut mit Oscar Niemeyer Kontakt auf und betraut ihn mit einem ambitiösen Projekt: der Schaffung der neuen Hauptstadt des Landes. Der Präsident setzt den Architekten an die Direktionsspitze der NOVACAP – des Staatlichen Urbanisations-Unternehmens. Und Niemeyer wird beauftragt, einen Wettbewerb auszuschreiben, aus dem der Grundriss Brasílias hervorgehen soll – Niemeyer ist ebenfalls Mitglied der Jury.
In der Zeit zwischen 1957 und 1958 entwirft der Architekt den “Alvorada-Palast“ sowie die wichtigsten Gebäude der neuen Hauptstadt – unter ihnen der “National-Kongress“ und die “Kathedrale“, die Ministerien und den Sitz der Regierung, genannt “Palácio do Planalto“ – ausserdem eine Reihe von Wohn- und Geschäftszentren.
Lúcio Costa, sein ehemaliger Chef und persönlicher Freund gewinnt den Wettbewerb für das urbanistische Projekt, in dem ein modernistisches Grundkonzept, inspiriert von den Ideen des französisch-schweizerischen Architekten Le Corbusier, in die Praxis umgesetzt wurde – wie zum Beispiel Strassen ohne Verkehr, Gebäude, die auf Stützen ruhen und dadurch einen freien Raum unter ihnen schaffen, sowie die Gesamtintegration in die Natur.
Brasília wird projektiert, konstruiert und eingeweiht innerhalb eines einzigen Präsidenten-Mandats von nur vier Jahren! Nach der Fertigstellung wird Oscar Niemeyer zum Koordinator der Architektur-Fakultät der Universität in Brasília berufen (UNB). Im Jahr 1963, während des Kalten Krieges, wird er zum Ehrenmitglied des American Institute of Architecture (USA) ernannt und gewinnt den Lenin-Friedenspreis.
DER KOMMUNIST UND DIE DIKTATUR
Seit 1945 in der Kommunistischen Partei Brasiliens, besuchte Oscar Niemeyer mehrmals auch die Sowietunion und wurde gut Freund mit verschiedenen sozialistischen Führern. Fidel Castro soll einmal gesagt haben: “Niemeyer und ich, wir sind die letzten Kommunisten dieses Planeten“!
Sein politischer Einsatz hat ihn mit vielen Persönlichkeiten derselben Haltung zusammengebracht – besonders mit dem chilenischen Poeten Pablo Neruda und seinem Ex-Präsidenten Salvador Allende – letzterer gab das Projekt eines Kulturzentrums in Valparaiso, der Geburtsstadt des Staatsmannes, bei Niemeyer in Auftrag.
1964 wird Niemeyer von der Nachricht eines Militärputsches in Brasilien überrascht. Zu jener Zeit befand er sich an einem Projekt in Israel. Im selben Jahr kehrt er nach Brasilien zurück und wird vor die “Abteilung für Politische und Gesellschaftliche Ordnug“ (DOPS) zitiert. Seine Linksposition kommt ihn teuer zu stehen. Das Gebäude der Illustrierten “Módulo“, gegründet 1955, deren Direktor er ist, wird von einem ungeklärten Brand halb zerstört, seine Projekte werden zunehmend abgelehnt, und sein Kunden verschwinden. “Während der Diktatur war alles anders. Mein Büro wurde gefilzt und das der Illustrierten Módulo halb zerstört. DER PLATZ EINES KOMMUNISTISCHEN ARCHITEKTEN IST IN MOSKAU, schrieb die Presse des Luftfahrtministeriums eines Tages“, erinnert sich der Architekt.
1965 zieht sich Oscar Niemeyer aus der Universität von Brasília zurück – zusammen mit 200 Professoren protestiert er gegen die Politik der Uni. Im selben Jahr reist er nach Paris zur Ausstellung seines Werkes im Museum des Louvre.
Weil man ihm in Brasilien die Arbeit verweigert, entscheidet er sich, nach Paris umzuziehen. Er eröffnet ein Büro auf der berühmten Champs-Elysées und empfängt Klienten aus aller Welt. In Italien projektiert er den Sitz des Mondadori-Verlags, und in Algerien die Constantine-Universität. Seine Arbeit wird international geschätzt und von Menschen aus allen Berufssparten bewundert, wie zum Beispiel von dem italienischen Soziologen Domenico de Masi, den Schriftstellern José Saramango und Eduardo Galeano, dem britischen Historiker Eric Hobsbawn, demportugiesischen Expräsidenten Mário Soares, dem Filmemacher Nelson Pereira dos Santos oder dem Komponisten Chico Buarque de Holanda.
ZURÜCK IN BRASILIEN
In den 80er Jahren kehrt Oscar Niemeyer nach Brasilien zurück. Zu jener Zeit entwirft er das Denkmal seines Freundes Juscelino Kubitschek, das Gebäude des Fernsehkanals Manchete, den “Sambódromo“ von Rio de Janeiro, das Panteon des Vaterlandes in Brasília und das Denkmal Lateinamerikas, in São Paulo.
1987 erhält er in New York den “Pritzker für Architektur“ – der als grösste Auszeichnung in der Welt der Architektur gilt. Drei Jahre später, zusammen mit Lúcio Costa, tritt er aus der Brasilianischen Kommunistischen Partei aus.
Im Alter von 84 Jahren (1991) entwirft Oscar Niemeyer das Kunstmuseum “Museu de Arte Contemporânea de Niteroi (MAC)“ von vielen als sein schönstes Werk betrachtet.
2002 wird in Curitiba das “Museum Oscar Niemeyer“ eingeweiht – bekannt als “Museum des Auges“ wegen seines besonderen Designs. Vier Jahre später wird das “Museu Nacional Honestino Guimarães“ eingeweiht, ein weiteres Werk Niemeyers in Brasília.
Der berühmte Architekt steht weiterhin aktiv im Berufsleben. Im Jahr 2007 beginnt er mit den Arbeiten zu seinem ersten Projekt in Spanien: einem Kulturzentrum mit seinem Namen, in Avilés, die Einweihung ist für das Jahr 2010 vorgesehen.
Ausserdem ist er eingeladen, das brasilianische Gebäude des Staatlichen Verkehrsministeriums (DETRAN) in São Paulo neu zu entwerfen, welches unter anderem auch das neue Museum für Kontemporane Kunst (MAC) der Universität von São Paulo beherbergen soll.
FAMILIENLEBEN
Oscar Niemeyer ehelichte im Alter von 21 Jahren Annita Baldo (1909 – 2004), Tochter italienischer Emigranten aus der Provinz Padua. Die Beiden hatten nur eine Tochter, Anna Maria, welche dem Architekten fünf Enkel schenkte, dreizehn Grossenkel und fünf Urenkel.
Verwitwet seit 2004, entschied sich Niemeyer mit 98 Jahren wieder zu heiraten – und zwar seine Sekretärin seit drei Jahrzehnten, Vera Lúcia Cabreira (2006). Die beiden gingen den Bund der Ehe während einer zivilen Zeremonie in seiner privaten Residenz in Rio ein. Lediglich ein Richter und zwei Trauzeugen waren anwesend. Niemeyer setzte seine Familie erst am folgenden Tag von dieser Eheschliessung in Kenntnis.
CHRONOLOGIE
Palácio do Itamaraty | Palácio do Planalto |
Congresso Nacional | Sambadromo |
Museu do Arte | Museu do Arte |
1907
Wird in Rio de Janeiro, am 15. Dezember, Oscar Ribeiro de Almeida de Niemeyer Soares, geboren.
1928
Der Architekt schliesst sein Gymnasium ab und heiratet die Tochter italienischer Emigranten Annita Baldo, mit der er eine Tochter hat – Anna Maria.
1929
Niemeyer fängt an, in der Typographie seiner Eltern zu arbeiten und schreibt sich ein in die “Escola Nacional de Belas Artes“ von Rio de Janeiro.
1943
Die Katholische Kirche weigert sich, die Kirche São Francisco de Assis in Belo Horizonte einzuweihen, deren Projekt von Oscar Niemeyer entworfen wurde – Grund: ihre unorthodoxe Form!
1945
Niemeyer tritt der Brasilianischen Kommunistischen Partei bei.
1946
Der Architekt wird von der Yale-University eingeladen, dort einen Kurs zu geben – aber die US-Behörden kanzellieren sein Visum.
1947
Er erhält die Erlaubnis, in die USA einzureissen und geht nach New York, um dort das Projekt für den Sitz der UNA zu entwickeln.
1950
In den USA wird das Buch “The Work of Oscar Niemeyer“ von Stamo Papadaki publiziert.
1951
Er projektiert die Anlagen für IBIRAPUERA und COPAN in São Paulo.
1954
Niemeyer reist zum ersten Mal nach Europa und partizipiert an der Rekonstruktion Berlins.
1956
Er wird beauftragt, den Wettbewerb um den Bauplan von Brasília zu organisieren – und wird selbst ein Mitglied der Jury.
1957 – 1958
Er projektiert den “Alvorada-Palast“ in Brasília, sowie die bedeutendsten Gebäude der neuen Hauptstadt – das Justiz-Ministerium, den National-Kongress und das Oberste Bundesgericht.
1965
Er zieht sich von der Universität in Brasilia zurück, zusammen mit mehr als 200 Professoren, in einem Protest gegen die Politik der Uni. Er reist nach Paris zur Ausstellung seines Werkes im Museum des Louvre.
1966
Er publiziert das Buch “Quase Memórias: Viagens“.
1967
Als ihm verboten wird, in Brasilien zu arbeiten, entschliesst er sich, ein Büro in Paris aufzumachen.
1968
Er projektiert den Sitz des Verlages Mondadori in Italien – ausserdem entwickelt er verschiedene Projekte für Algerien.
1969
Er entwirft die Universität von Constantine in Algerien.
1972 – 1973
In Paris eröffnet er sein Büro auf der berühmten Champs-Elysées. Er kreiert das Kulturzentrum von Le Havre / Frankreich.
1978
Er gründet das “Centro Brasil Democrático“ (CEBRADE), zu dessen Präsident er gewählt wird.
1980
Er zeichnet das Juscelino-Kubitschek-Denkmal in Brasília.
1985
Er entwickelt wieder Projekte für seine Heimat Brasilien.
1987 – 1988
Er wird mit dem Pritzker-Preis für Architektur geehrt – die bedeutendste Auszeichnung der Kategorie weltweit – und er entwirft das Lateinamerika-Denkmal in São Paulo.
1991
Er projektiert das Museum für Zeitgenössische Kunst (MAC) in Niterói.
1994
Er ist verantwortlich für die Schaffung des Museums “Der Mensch und sein Universum“ in Brasília, sowie für den Turm der EMBRATEL in Rio de Janeiro.
1996
Er entwirft das Denkmal “Eldorado Memória“, das der Bewegung der “Landarbeiter ohne Land“ gestiftet wird. Er erhält den Goldenen Löwen der Bienale in Venedig anlässlich der VI. Internationalen Architektur-Ausstellung.
1997
Er beginnt mit Studien für den “Caminho Niemeyer“ in Niterói (Rio de Janeiro), für das Museum der Modernen Kunst in Brasília, den Sitz der TECNET (Tecnologia e o Paço Municipal de Americana) in São Paulo, sowie des Centro de Convenções do Riocentro, in Rio de Janeiro.
1998
Im Pavillon Manoel da Nóbrega – Parque do Ibirapuera, in São Paulo, wird eine Ausstellung mit einer Retrospektive seines Werkes gezeigt, unter dem Titel: OSCAR NIEMEYER 90 JAHRE.
1999
Unter anderem übernimmt er das Projekt des neuen Theaters im Ibirapuera-Park in São Paulo – das Kulturzentrum von Brasília, das Administrativzentrum von Betim in Minas Gerais, sowie das Denkmal zu Ehren der 500-jährigen Entdeckung Brasiliens in São Vicente, São Paulo.
2000
Er projektiert das “Módulo Educação Integrada” (MEI), Kindergärten und Tagesstätten, die der “Öffentlichen Erziehung (CIEP) unterstellt sind, das administrative Zentrum der Stadt Goiânia, das Denkmal Cassiano Ricardo (São José dos Campos, São Paulo), den Sitz der UNA in Rio de Janeiro, das Auditorium von Ravello (Italien), den Botanischen Garten in Petrópolis (Rio) und das Kultur- und Sportzentrum João Saldanha, in dem Städtchen Maricá (Rio).
In Rio de Janeiro erscheint der Dokumentarfilm “Oscar Niemeyer, ein engagierter Architekt seines Jahrhunderts“ des belgischen Filmemachers Marc-Henri Wajnberg.
2001
Niemeyer beginnt mit den Studien für einen Anbau des Hotels Copacabana-Palace in Rio – der Gedenkstätte des DOI-CODI in São Paulo, dem Kino-Museum in Niterói (Rio), dem Museum für Kunst, Architektur und Stadt, in Curitiba (Paraná) und dem Veterinär-Medizinischen Hospital der Universidade do Norte Fluminense (UENF) in Cmpos (Rio de Janeiro).
2002
Er projektiert das Kultur- und Sportzentrum der Sambaschule “Unidos de Vila Isabel“ in Rio. Er wird mit einer Ausstellung “Oscar Niemeyer 90 Jahre“ in der Nationalgalerie des “Jeu du Paume“ in Paris geehrt. In Curitiba wird das “Museum Oscar Niemeyer“ eingeweiht – bekannt als “Augenmuseum“ wegen seines exquisiten Designs.
2004
Annita Baldo, Oscar Niemeyers Frau, stirbt und hinterlässt eine Tochter, Anna Maria, fünf Enkel, dreizehn Urenkel und fünf Ururenkel.
2006
Der Witwer verheiratet sich zum zweiten Mal mit seiner langjährigen Sekretärin Vera Lúcia Cabreira (60), am 16. November.
2007
Am 14. April wird der Architekt zum Ehrenpräsidenten des “Centro de Educação Popular e Pesquisas Econômicas e Sociais” (CEPPES) ernannt – einem Zentrum für Volkserziehung und Wirtschaftliche wie Gesellschaftspolitische Studien, gegründet von Luís Carlos Prestes.
Am 20. April kommt der Dokumentarfilm in die Kinos: “Oscar Niemeyer – Das Leben ist ein Hauch“ von Fabiano Maciel.
Am 30. November erhält der Architekt aus der Hand von Präsident Inácio Lula da Silva die Ehrenmedaille für Kulturelle Verdienste aus Anlass seines einhundertsten Geburtstages. Der Präsident beabsichtigt ausserdem, das Jahr 2008 als “Jahr Oscar Niemeyer“ einzuführen. “Niemeyer ist das Beispiel eines Lebens und eine Inspiration für alle Brasilianer“, sagt Lula in seiner Rede.
Derweil bereitet der agile Greis alles vor, um seine Arbeit für ein erstes Projekt in Spanien zu beginnen: ein Kulturzentrum mit seinem Namen, in der Stadt Avilés – die Eröffnung ist für 2010 geplant.
Museu Nacional de Brasilia | Museu Oscar Niemeyer, Curitiba |
KURIOSITÄTEN
Niemeyer war stets ein enthusiastischer Verteidiger seines kommunistischen Standpunkts. Unter anderen Ländern hat er auch die Sowietunion besucht und sich mit verschiedenen sozialistischen Führern angefreundet. Fidel Castro soll einmal gesagt haben: “Niemeyer und ich sind die letzten Kommunisten dieses Planeten“.
- Bei einem Interview, das er der Kolumnistin Mônica Bergamo, von der Zeitung “Folha de São Paulo“ im Juni 2007 gewährt hat, bewies der Architekt seine Jovialität und den guten Humor: als er gefragt wurde, ob die Dinge nun besser seien als vor einhundert Jahren, antwortete Oscar: “Einhundert? Das ist nun aber wirklich übertrieben – ich bin 60“!
- Und von ihm stammt der Satz: “Die Architektur ist nicht wichtig – das Leben jedoch ist bedeutend“!
- Der Architekt hasst Flugzeuge. Selbst wenn er von Rio nach Brasília muss, bevorzugt Niemeyer das Auto.
- Seiner Tochter Anna Maria zu gefallen, hat Oscar Niemeyer auch mal eine Serie von Möbeln entworfen.
- Kurz vor seinem einhundertsten Geburtstag bestätigte der Architekt in einem Interview, das er dem Magazin “ISTO É“ gab, dass er alles isst, Zigarren raucht, Wein trinkt und täglich seinen Sex hat!
- Chico Buarque de Holanda (Sänger) hat, inspiriert von Oscar Niemeyer, einen Architektur-Kursus belegt.
- Niemeyer ist besessen von der Idee, jenen Personen seines Lebensbereiches etwas Gutes zu tun. Der Architekt projektierte u.a. ein Haus für seinen Chauffeur in einer Gegend, die von Favelas besetzt ist, in der Nordzone von Rio de Janeiro.
KUNST UND KULTUR
Der Architekt Oscar Niemeyer, der am 15. Dezember 2007 einhundert Jahre alt wurde, hat mehr als 500 Bücher herausgegeben. Lernen Sie einige seiner bedeutendsten Projekte kennen – nicht nur in der Architektur, sondern auch im Urbanismus, dem Möbel-Design, der Skulptur und sogar der Serigraphie.
Architektur
1937 – Obra do Berço – Rio de Janeiro – Brasilien
1938 – Casa de Oswald de Andrade – São Paulo – Brasilien
1939 – Pavilhão do Brasil na Feira Mundial de Nova York – New York, USA
1939 – Edifício Gustavo Capanema – Rio de Janeiro – Brasilien
1940 – Conjunto da Pampulha – Belo Horizonte – Brasilien
1951 – Conjunto Ibirapuera – São Paulo – Brasilien
1951 – Conjunto Copan – São Paulo – Brasilien
1952 – Sede das Organizações das Nações Unidas (UNO) – New York, USA
1952 – Casa das Canoas – Rio de Janeiro – Brasilien
1954 – Museu de Arte Moderna (MAM) im Caracas – Venezuela
1954 – Oca do Parque do Ibirapuera – São Paulo – Brasilien
1957 – Palácio da Alvorada – Brasília – Brasilien
1957 – Ministério da Justiça – Brasília – Brasilien
1958 – Catedral – Brasília – Brasilien
1958 – Praça dos Três Poderes – Brasília – Brasilien
1958 – Congresso Nacional – Brasília – Brasilien
1958 – Supremo Tribunal Federal – Brasília – Brasilien
1958 – Palácio do Planalto – Brasília – Brasilien
1962 – Palácio do Itamaraty – Brasília – Brasilien
1962 – Ministério das Relações Exteriores – Brasília – Brasilien
1967 – Sede do Partido Comunista Francês – Paris – Frankreich
1968 – Centro Musical – Rio de Janeiro – Brasilien
1968 – Hotel Nacional – Rio de Janeiro – Brasilien
1968 – Editora Mondadori – Segrate (Milano) – Italien
1968 – Mesquita de Argel – Algerien
1968 – Centro Cívico – Algerien
1969 – Universidade de Constantine – Constantine – Algerien
1972 – Bolsa do Trabalho – Bobigny – Frankreich
1972 – Centro Cultural de Le Havre – Le Havre – Frankreich
1980 – Memorial JK – Brasília – Brasilien
1983 – Passarela do Samba – Rio de Janeiro – Brasilien
1983 – Prédio-Sede da Rede Manchete de Televisão – Rio de Janeiro – Brasilien
1985 – Panteão da Pátria – Brasília – Brasilien
1986 – Casa do Cantador – Brasília – Brasilia
1987 – Memorial da América Latina – São Paulo – Brasilien
1987 – Sede do jornal L’humanité – Saint-Denis – Frankreich
1991 – Museu de Arte Contemporânea – Niterói – Brasilien
1991 – Sambódromo – São Paulo – Brasilien
1994 – Museu O Homem e Seu Universo – Brasília – Brasilien
1994 – Torre da Embratel – Rio de Janeiro – Brasilien
2002 – Museu Oscar Niemeyer – Curitiba – Brasilien
2006 – Complexo Cultural da República João Herculino – Brasília – Brasilien
Urbanismus
1964 – Plano Neguev – Wüste von Negeff – Israel
1967 – Conjunto Urbanístico em Grasse – Grasse – Frankreich
1981 – Ilha de Lazer em Abu-Dhabi – Arabische Emirate
Möbel
1971 – Estrutura em madeira prensada; assento e encosto em couro
1974 – Estrutura em laminado de madeira prensada; com palha de Viena
1977-78 – Estrutura em laminado de madeira prensada; com palha de Viena
Skulptur
1972 – Mão – Centro Cultural de Le Havre
1980 – Monumento JK – Brasília – Brasilien
1986 – Monumento Tortura nunca mais – Rio de Janeiro – Brasilien
1988 – Mão – Memorial da América Latina – São Paulo – Brasilien
1988 – Monumento Nove de Novembro – Volta Redonda – Brasilien
1991 – Memorial Gore-Almadies – Dakar – Senegal
Serigraphie
1987-88 – Gravuren – 55 x 55 cm
Szenographie
1956 – Szenarium von Niemeyer für das Stück “Orfeu da Conceição“, von Vinícius de Moraes
Brasilien – Text und Illustrationen
Illustration für das Buch von Ferreira Gullar
Zeitschrift “Módulo“
Illustration für das Buch von Dias Gomes
Illustratin für das Buch von Carlos Drummond de Andrade
Literatur
1966 – Quase Memórias: Viagens (Fast Memoiren: Reisen)
1976 – Minha Experiência em Brasília (Meine Erfahrung in Brasilia)
1978 – A Forma na Arquitetura (Die Form in der Architektur)
1980 – Rio: de Província a Metrópole(Rio: von der Provinz zur Metropole)
1986 – C omo Se Faz Arquitetura (Wie macht man Architektur)
1989 – Trecho de Nuvens (Abschnitt der Wolken)
1992 – Meu Sósia e Eu (Mein Doppelgänger und ich)
1993 – Conversa de Arquiteto (Worte eines Architekten)
1999 – Meu Sósia e Eu (Mein Doppelgänger und ich)
2000 – As Curvas do Tempo (Die Kurven der Zeit)
2004 – Minha Arquitetura: 1937-2004 (Meine Architektur)
2006 – Sem Rodeios (Ohne Umschweife).
Oscar Niemeyer war Wegbereiter der modernen brasilianischen Architektur, seine Entwürfe für Brasília machten ihn weltberühmt. Mit 104 Jahren starb Niemeyer am 05. Dezember 2012 in seinem Rio de Janeiro kurz vor seinem 105 Geburtstag am 15. Dezember.