Wie immer trifft es die Ärmsten der Gesellschaft. Nach anhaltenden Regenfällen sind seit letztem Sonntag tausende Menschen aus Elendsvierteln in Manaus im Bundesstaat Amazonas obdachlos. Die Behörden gehen inzwischen von rund 3.000 Familien aus, deren Häuser überflutet, weggespült oder eingestürzt sind. Fast alle wurden in den Aussenbezirken der Stadt in einfachster Bauweise illegal errichtet.
Laut dem Zivilschutz wurden diese Woche die stärksten Regenfälle seit 10 Jahren beobachtet. Am schlimmsten ist der Süden der Stadt betroffen. Bis zu 83 Liter Regen pro Quadratmeter sind dort gestern gefallen, viermal soviel wie normal. Der in der Nähe verlaufende Rio Negro stieg alleine in der letzten Nacht um rund neun Zentimeter. Bereits zum Wochenanfang verzeichneten die meteorologischen Stationen Spitzenwerte. In den fünf Stunden von 7 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags fielen am Montagmorgen in Manaus 76.1 Liter Regen je Quadratmeter. Soviel fällt z.B. in Köln durchschnittlich im ganzen Monat.
Die Bundesstrasse AM-010 von Manaus nach Itacoatiara wurde bei Kilometer 29 unterspült und ist seitdem komplett gesperrt. Zudem sind in der Region einige Brücken durch die Wassermassen zerstört worden. Inzwischen wurde in Manaus der Notstand ausgerufen und der nationale Zivilschutz angefordert. Viele Schulen sind schon seit Tagen geschlossen.
Die Behörden sprechen alleine im südlichen Stadtgebiet von über 265 Familien, deren Häuser erst gestern überflutet wurden. Die Menschen wurden zum grossen Teil in Notunterkünfte gebracht. Dort werden sie vor allem medizinisch und psychologisch betreut und mit Nahrungsmitteln versorgt. Doch auch in den kleineren Siedlungen in den umliegenden Regionen, oft in schwer zugänglichem Regenwald gelegen, dürften schwere Schäden zu verzeichnen sein. Konkrete Informationen liegen darüber jedoch nicht vor.
Bislang hat das Wetterchaos offiziell ein Todesopfer gefordert. Ein 18 Monate altes Baby kam am Montag ums Leben, als das Haus, in dem es gerade schlief, durch die Fluten weggespült wurde.
Die Regierung in Manaus hat nun ein Notprogramm verabschiedet, um die Menschen nach dem Rückgang des Wassers wieder mit Möbeln und Elektrogeräten zu versorgen. Bislang haben sich rund 2.000 Familien dort eingeschrieben. Zudem sind inzwischen erste Hilfslieferungen in der Region eingetroffen. Matratzen, Kleidung und Nahrungsmittel werden nun an die Familien ausgeliefert, die in den Schulen und Turnhallen auf den Rückgang des Wassers warten.