Sie sitzt in einem Kanu, ihren Rucksack schützend umklammernd. In dem ist ihr größter Schatz: Bücher. Das Foto, das die achtjährige Rivânia mit ihrem wichtigsten Gut zeigt, hat die Brasilianer bewegt. Wegen den Überschwemmungen mussten Rivânia und ihre Familie Hals über Kopf ihr Haus verlassen.
Die starken Regenfälle haben in 29 Munizipen des nordostbrasilianischen Bundesstaates Pernambuco die Bäche und Flüsse zum Anschwellen gebracht. In kürzester Zeit ist das Wasser auch ins Haus von Rivânias Familie eingedrungen. Rette das, was dir am Wichtigsten ist, hat ihr ihre Oma gesagt.
Alles musste schnell gehen und Rivânia hat Bücher und Schulhefte in ihren rosafarbenen Schulranzen gesteckt.
Dass ein achtjähriges Mädchen nicht ihre Puppe, ihr Handy, ihr schönstes Kleid oder Lieblingsspielzeug vor dem steigenden Wasser rettet, sondern ausgerechnet Bücher, ist in Brasilien keineswegs üblich. Nach einer Studie des Institutes Pró-Livro lesen 44 Prozent der Brasilianer überhaupt nicht.
Diejenigen, die lesen haben im Untersuchungszeitraum von drei Monaten gerade einmal ein einziges Buch ausgelesen. Das am meisten gelesene Buch ist in Brasilien zudem die Bibel.
Etwa 55.000 Menschen mussten wegen der Überschwemmungen in Pernambuco ihre Häuser verlassen. Viele von ihnen haben alles verloren. Mitlerweile konnte die bei ihren Großeltern lebende Rivânia jedoch wieder in ihr Haus zurückkehren.
Das Foto von ihr und ihrem Bücherschatz hat hingegen die sozialen Netzwerke erobert und dort für Furore gesorgt, weil es Hoffnung gibt, dass nachkommende Generationen andere Werte als nur den Konsum haben werden.