Vor der Küste Brasiliens werden immer mehr Wale gesichtet. Vor dem Stadtteil Barra da Tijuco von Rio de Janeiro hat eine Gruppe von Kanufahrern einen nur fünf Meter von ihnen entfernten Buckelwal gefilmt.
Im Hafen von Santos haben zwei Wale zur Sperrung der Einfahrt geführt. Während die Frachtschiffe warten mussten, haben Suchtrupps versucht, die beiden Meeressäuger ausfindig zu machen und sie in sichere Gewässer zu geleiten.
Das Video der Kanufahrer zeigt deren Erstaunen, als der riesige Buckewal direkt vor ihnen aus dem Wasser taucht. Erstaunt waren auch die Menschen, die an der Nordküste des Bundesstaates São Paulo mit der Fähre auf die Insel Ilhabela übersetzten. Die Fähre wurde von zwei Buckelwalen begleitet.
Dass vor der Küste Brasiliens Wale auftauchen, ist nicht ungewöhnlich. Sie nutzen die wärmeren Gefilde vor allem zwischen Juli und November zur Paarung, Geburt und Aufzucht ihres Nachwuchses. Die Region Abrolhos im Süden des brasilianischen Bundesstaates Bahia und Norden Espírito Santos gilt im Südatlantik als Hauptbrutstätte der Buckelwale.
Auf ihrem Weg dorthin liegen jedoch auch andere Küstenabschnitte. Sichtungen werden von nahezu der gesamten Küste Brasiliens gemeldet.
Seit die Jagd auf Wale verboten wurde, ist die Zahl der Buckelwale und anderer Walarten zudem wieder gewachsen. Laut dem Biologen Sergio Cipootti vom Instituto Baleia Jubarte wächst die Population der Buckelwale durchschnittlich um zehn Prozent pro Jahr.
Bei der letzten Zählung der Meeresgiganten im Jahr 2015 wurden 20.000 Buckelwale registriert. Ein neuer Zensus ist für September dieses Jahres vorgesehen. Ihre Zahl dürfte dann erheblich höher liegen.
Allein über das Projekt “Baleia à Vista“ (Wal in Sicht) sind zwischen 27. Mai und 22. Juni in der Region von São Sebastião und Ilhabela (Bundesstaat São Paulo) 49 Buckelwale gesichtet worden und damit bereits mehr als während der gesamten Reproduktionsperiode des vergangenen Jahres.
Weitere 151 Giganten sind von der Organisation Viva Baleias in der gleichen Region ausgemacht worden.
Warum aber derzeit so viele Wale nahe des Festlandes zu sehen sind, ist noch ein Rätsel. Über den Grund gibt es bisher nur Spekulationen. Eine Hypothese bezieht sich auf die Folgen des Walfangverbotes, das in Brasilien 1986 in Kraft trat.
Die neuen Generationen hätten keine Erinnerung an die Risiken, wenn sie nahe der Küste schwimmen, so Julio Cardoso, der das Projekt „Baleia à Vista“ ins Leben gerufen hat. Es ist eins von vielen Projekten, die im Laufe der Jahre entlang der Küste Brasiliens zum Schutz der Wale vor allem von Tierschützern, Biologen und Walliebhabern gegründet wurden.
Bedrohungen gibt es für die Wale aber auch ohne dem Walfang. In einem in den sozialen Netzwerken veröffentlichten Video sind Männer zu sehen, die einen in Fischernetzen verfangenen Wal gefunden haben. Sie durchschneiden vorsichtig die Netze, befreien ihn und geben ihm damit die Freiheit und das Leben zurück.
Neben Fischernetzen stellen auch Schiffe und Boote mit ihren Motoren eine Gefahr dar. Theoretisch müssen sie einen Abstand von 100 Metern zu den Meeressäugern einhalten und bei Annäherung den Motor abstellen.
Um die Wale zu schützen wurden im Hafen von Santos die großen Frachter bereits angehalten. Auch in São Sebastião mussten die Fähren bereits warten, um den Walen Vorfahrt zu gewähren. Diskutiert werden derzeit zusätzliche Maßnahmen zum Schutz von Wal und auch der Schiff-Fahrt. Im Gespräch ist ein Warnsystem.
Nach den Vorschlägen von Julio Cardoso soll gemeinsam mit Fischern, Bootsfahrern und Schiffskapitänen ein Netzwerk entwickelt werden. Wird von ihnen ein Wal gesichtet, soll dies sofort weitergegeben werden, um Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten, wie die Reduzierung der Geschwindigkeit zur Vermeidung von Zusammenstößen mit anderen Schiffen.
Auch die Abstellung des Motors ist eine Option, um die Tiere durch die hohe Geräuschkulisse nicht zu stressen.
Geplant sind ebenso Aufklärungsmaßnahmen für Fischer, Küstenbewohner, Wassersportler und Touristen. Vom 9. bis zum 17. Juli wird das Instituto Baleia Jubarte in Ilhabela Vorträge und Workshops anbieten. Ein anderer Weg wird in Espírito Santo gegangen. Dort wird auf die Ankunft der Wale mit einem eigenen Festival mit Musik, Ausstellungen und anderen Eventen aufmerksam gemacht.