Wenn man an Brasilien denkt, so kommt einem zuerst “Fussball“, dann “Karneval“ und schlussendlich wohl auch “Gewalt“ in den Sinn. Will man nun ernsthaft über die Kultur dieses Landes reden, dann muss man zuallererst, “die Klischees überwinden“, wie Manuel da Costa Pinto sagt. Auf der Leipziger Buchmesse hat der Literaturkritiker mit grösster Anstrengung nun versucht, das Land in ein anderes Bild zu rücken. In der sächsischen Metropole stellte sich das Land als Ehrengast der im Oktober stattfindenden Frankfurter Buchmesse (9.10 bis 13.10.2013) vor.
“Beginn einer grossen Reise“
Wie so oft, präsentiert sich der jeweilige Ehrengast aus Frankfurt auf der ersten Buchmesse des Jahres. So war es auch auf der Buchschau vor einigen Tagen in der Messestadt. “Es ist der Beginn einer grossen Reise“, so Galeno Amorim, der Vorsitzende des Organisationskomitees. Bis zum Jahr 2020 wird die Stiftung Nationalbibliothek bis zu 35 Millionen Dollar in ein staatliches Programm investieren, das die brasilianische Literatur weltweit bekannt machen und verbreiten soll. Ein erster Höhepunkt soll der Auftritt im Oktober in Frankfurt sein.
Das Highlight des Ehrengasts wird der 2500 Quadratmeter grosse Pavillon auf dem Frankfurter Messegelände. Er zeigt eine Ausstellung über die Literatur des Landes und wird von den Künstlern Daniela Thomas und Felipe Tassara gestaltet.
Nicht weniger als 70 Autorinnen und Autoren aus den verschiedensten Regionen Brasiliens, Norden bis Süden und von Osten bis Westen, werden in Frankfurt erwartet. Die ersten neun stellten sich in Leipzig vor. Carola Saavedra zum Beispiel, die 39-Jährige, in Chile geboren, die für die “neue Prosa“ Brasiliens steht, die in Spanien, Frankreich und acht Jahre in Deutschland gelebt hat, bevor sie sich in Rio de Janeiro niederliess. Ihr jüngster Roman “Landschaft mit Dromedar“ erzählt von einer Dreiecksbeziehung, die durch den Tod auseinandergebrochen wird.
Vielfältige Wurzeln
Während Saavedra an einem Tisch sitzt und ihr erstes Buch auf der Leipiger Buchmesse signiert, spricht Manuel da Costa Pinto von den “kleinen Inselwelten“ der brasilianischen Literatur. Die Schreibenden haben verschiedenste Wurzel: europäische, indigene und afro-amerikanische. Die Geschichten spielen in den Metropolen Brasiliens oder aber auch auf dem kargen Land des Nordosten. Juergen Boos, der Direktor der Frankfurter Buchmesse, schwärmt von “den jüngsten Autoren, die wir jemals hatten“, die ein “neues, leichteres Brasilien“ zeigen werden.
Die jungen Autoren wollen ein Land darstellen, dass sich nach der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 trotz vielfältigster Probleme als stabile Demokratie darstellen möchte und inzwischen eine lebendige Kulturnation ist. In Frankfurt wird es deshalb nicht nur um Literatur gehen: Fünf Frankfurter Museen stellen Kunst, Design und Architektur aus Brasilien aus.