Aufbereitetes Abwasser zur Erhaltung der Natur
Viele Brasilianer sind mit dem Spruch gross geworden, das ihr Land über Wasser im Überfluss verfügt, aber ohne die Warnung, dass diese natürliche Ressource versiegen kann und bereits in vielen Gegenden selten geworden ist. Die grossen Städte leiden am meisten unter der Wasserknappheit. Im Bundesstaat Paraná, zum Beispiel, in der Grossstadtregion von Curitiba, stehen pro Einwohner nur 500 Kubikmeter Wasser pro Jahr zur Verfügung, während die UNO 1.700 Kubikmeter pro Person und Jahr empfiehlt.
Vor dieser schwindenen Statistik ist es angebracht zu sparen, Wasser wieder aufzubereiten und den vernünftigen Verbrauch von Wasser zu investieren. Eine Praxis, die sich in Brasilien inzwischen eingebürgert hat, ist die Wiederaufbereitung von Abwasser. Entsprechende Unternehmen behandeln die Abwässer und benutzen sie erneut in ihrem Industriekreislauf.
“Água de reuso“, wie man das aufbereitete Wasser in Brasilien nennt, wird gefiltert und chemisch gereinigt. Es entspricht dann wieder dem in der brasilianischen Gesetzgebung vorgeschriebenen Qualitätsstandard, um für die verschiedensten Zwecke zur Verfügung zu stehen, ausser zum menschlichen Konsum“, erklärt der Operations-Manager der “Companhia Riograndense de Saneamento (Corsan)“.
Wie ein Leiter für ambientale Planung und Entwicklung der “Companhia de Saneamento do Paraná (Sanepar)” erklärt, ist dieses Wasser für den humanen Konsum nicht geeignet, hat jedoch genügend Qualität, um damit Felder und Gärten zu giessen, es in der Industrie, zum Beispiel für Kühlungszwecke einzusetzen, zum Säubern von Strassen, Plätzen und Fahrzeugen, unter anderen.
“Das wiederaufbereitete Wasser ist von grosser Bedeutung für Gebiete, die unter Wasser- und Niederschlagsmangel leiden. Das Wasser wird gereinigt und dann den Flüssen zugeleitet, kann wieder benutzt werden und senkt den Druck in der Nachfrage nach den wertvollen hydrischen Ressourcen“, sagt der Fachmann.
Im Süden des Landes benutzt man das aufbereitete Wasser zum Besprengen der Reisfelder. Dort erreicht die Produktion von aufbereitetem Wasser 30.000 Liter pro Tag, genug, um eine Fläche von 270 Hektar zu besprengen. “75% des gesamten Wassers, welches aus den beiden grössten Becken der urbanen Region von Porto Alegre (Bundesstaat Rio Grande do Sul) aufgefangen wird, benutzt man zum bewässern der Felder. Daraus folgt, dass die Nutzung des aufbereiteten Wassers in der Landwirtschaft die Beanspruchung der Quellen deutlich verringert, die natürlichen Wasserläufe erhält und dem Menschen mehr Trinkwasser zur Verfügung steht.
Die neue “Companhia Estadual de Águas e Esgotos “Cedae“ von Rio de Janeiro wurde nach Umwelt schonenden Richtlinien angelegt, und sie stellt unter anderem auch aufbereitetes Wasser für Aktivitäten zur Verfügung, bei denen es nicht zu 100% rein sein muss, wie zum Beispiel für sanitäre Zwecke und im Gartenbau. Wöchentlich werden 88.000 Liter dieses Wassers aufbereitet, um diese Nachfrage zu befriedigen.
Auch in Rio befindet sich das grösste Projekt aufbereiteten Wassers für die Industrie. In Partnerschaft mit der Petrobras (staatliche Erdölförderung) wird die Cedae 1.500 Liter/sec aufbereitetes Wasser für den “Complexo Petroquímico do Rio de Janeiro (Comperj)“ zur verfügung stellen.
“Das wiederaufbereitete Wasser wird in der Industrie für Prozesse benutzt, für die man bis vor kurzem noch Trinkwasser verschwendete – das aufbereitete Wasser bringt eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Vorteilen: die Gewässer werden weniger verschmutzt, das gesäuberte Wasser ist vielseitig verwendbar, man braucht weniger trinkbares Wasser für industrielle Zwecke und Trinkwasser für die Bevölkerung steht genügend zur Verfügung“, sagt ein Umweltverantwortliche Spezialist. Nach Berechnungen der Cedae entspricht die in diesem Projekt benutzte Wassermenge einem Bedarf von zirka 500.000 Personen.
Im Nordosten, jener Region, die am meisten unter der alljährlichen Trockenheit zu leiden hat, werden die Abwasser ebenfalls behandelt. Die “Companhia de Águas e Esgotos do Rio Grande do Norte (Caern)” benutzt das wieder aufbereitete Abwasser zum Begiessen einer Graspflanzung im Munizip von Pendências. Dieses Gras ist die Ernährungsgrundlage für Vieh und dient ausserdem der Herstellung von ökologischem Brennholz.
Es ist ein Pilotprojekt, das 700.000 Liter aufbereitetes Wasser pro Tag zur Verfügung stellt, und das Experiment ergab ein so gutes Ergebnis, dass die Kompanie vorhat, das Verfahren zu erweitern. “Dies ist ein Laboratorium im realen Massstab, den wir gebraucht haben. Jetzt kommt es darauf an, dieses Projekt fortzuführen und es auf andere Kulturen auszuweiten“, meint ein Entwicklungsingenieur der Caern.