Es ist ein schauriges, besorgniserregendes Bild, das die Ermittler von Virginia S. zeichnen: In Curitiba leitete die Ärztin die Intensivstation eines Krankenhauses – und soll sich dabei “allmächtig“ gefühlt haben. Das ging nach Angaben der Anklage so weit, dass sie “entscheiden konnte, wann ein Opfer sterben würde“.
Im vergangenen Monat wurde die Medizinerin festgenommen. Ihr wurde siebenfacher Mord vorgeworfen. Neben der 56-Jährigen sind auch drei weitere Ärzte, drei Krankenschwestern sowie ein Physiotherapeut, die alle unter S. gearbeitet hatten, mitangeklagt. Den Ermittlungen zufolge sollen sie todkranken Patienten Medikamente zur Muskelentspannung verabreicht und anschliessend die Sauerstoffzufuhr reduziert haben. Die Opfer seien schliesslich erstickt.
Wie erst jetzt bekannt wurde, könnte sich die Zahl der Opfer noch erhöhen. “Es bestehen schon mehr als 20 weitere Fälle, und knapp 300 weitere untersuchen wir“, sagte Chefermittler Mario Lobato, der vom Gesundheitsministerium eingesetzt wurde, der Nachrichtenagentur afp. Inzwischen seien insgesamt 1700 Protokolle von Patienten überprüft worden, die in den vergangenen sieben Jahren in dem Krankenhaus gestorben sind.
Als Grund für ihre Taten sollen die wenigen Betten in dem Krankenhaus gewesen sein. S. soll dadurch versucht haben, für mehr freie Betten zu sorgen. Dies belegen den Ermittlern zufolge abgehörte Telefonate. “Ich will die Intensivstation aufräumen. Sie nervt mich“, sagte S. demnach in einem der Gespräche. Und weiter soll es geheissen haben: “Leider ist es unsere Aufgabe, den Vermittler zu spielen auf dem Weg in das nächste Leben.“
In der vergangenen Woche waren S. und die Mitangeklagten auf Kaution entlassen worden. Nun wollen die Ermittler die Ärztin wieder verhaften. Sie sei nicht nur die Anführerin gewesen, sondern habe auch einige Zeugen eingeschüchtert. Der Anwalt von S., Elias Mattar Assad, bestreitet die Vorwürfe: Es gebe keine Beweise für die Morde, seine Klientin würde ihre Unschuld beweisen.