In Brasilien und Chile haben Zehntausende die Rufe der Gewerkschaften gehört und haben sich zu Protesten versammelt. In beiden Ländern demonstrierten die Arbeiter sowohl für bessere Arbeitsbedingungen als auch für eine Reform des Bildungssystems.
Knapp zwei nach Ende des von Massenprotesten gezeichneten FIFA-Konföderationen-Pokals hatten in Brasilien die fünf grössten Gewerkschaftsverbände des Landes zum “nationalen Kampftag“ aufgerufen. Hierbei wurden durch Demonstrationen wichtige Verkehrsadern blockiert, der öffentliche Nahverkehr kam vielerorts zum Erliegen. Während zahlreiche Krankenhäuser nur mit einer Notbesetzung arbeiteten, blieben vielerorts die Schulen gänzlich geschlossen.
Die Gewerkschaften fordern von den Arbeitgebern unter anderem eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 44 auf 40 Stunden, höhere Löhne und einen besseren Kündigungsschutz. Sie führten auch die Forderungen aus dem Juni für mehr Investitionen ins Bildungs- und Gesundheitswesen sowie bessere öffentliche Einrichtungen fort. Die Proteste richteten sich, wie auch schon vor wenigen Wochen, gegen die Verschwendung von Steuermitteln für prestigeträchtige Sportveranstaltungen sowie die Kürzung von Sozialausgaben und Korruption in der Politik.
In Santos in Brasilien, dem grössten Hafen Lateinamerikas, setzten die Hafenarbeiter ihren am Mittwoch begonnenen Streik fort. Die 80.000 gewerkschaftlich organisierten Hafenarbeiter protestierten gegen ein im Juni erlassenes Dekret von Staatspräsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (PT). Dies beinhaltet neue Regeln für Konzessionen öffentlicher Häfen und Genehmigungen zur Inbetriebnahme privater Häfen.
Gewalttätige Proteste in Chile
Neben Demonstrationen im WM-Gastgeberland gingen auch in Chile bei einem nationalen Streik- und Aktionstag Tausende Menschen in der Hauptstadt Santiago auf die Strasse. Vier Monate vor der Präsidentschaftswahl forderten die Gewerkschaften bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und Gehälter, die Abschaffung des privaten Rentensystems sowie ein besseres und sozial gerechtes Bildungswesen. An den Streiks beteiligten sich unter anderem Arbeiter der Kupferbergwerke, der zivilen Luftfahrt sowie Steuerbeamte. Nach Angaben von Innenminister Andrés Chadwick nahmen etwa 10.000 der rund 161.000 Beschäftigten im öffentlichen Diensts an dem Ausstand teil.
Einige vermummte und gewaltbereite Demonstranten zündeten im Berufsverkehr Strassenbarrikaden an, warfen Brandbomben und legten ein Feuer in einem Nahverkehrsbus. Verletzt wurde offenbar niemand. Die Polizei nahm 24 Personen fest. Die grösste Arbeitergewerkschaft des Landes, die den Streik organisiert hatte, distanzierte sich umgehend von der Gewalt.
In der Hauptstadt Santiago errichtete Barrikaden erzeugten nach Polizeiangaben auf mehreren Strassen Verkehrsstaus. Chadwick erklärte, nach Ansicht der Regierung gebe es “keinen Grund zu streiken“. Bei der Präsidentschaftswahl am 17. November tritt die von ihrer Sozialistischen Partei nominierte frühere Staatschefin Michelle Bachelet (2006 bis 2010) gegen den konservativen Amtsinhaber Sebastián Piñera an.