In den vergangenen Wochen sorgten gleich zwei positive Nachrichten für berechtigten Optimismus der brasilianischen Automobilbranche. Die Rücknahme der 800 Kündigungen von VW und die Grundsteinlegung des Mercedes-Benz-Werkes bei Sao Paolo sorgen für Hoffnung in Zeiten der Krise.
VW macht Zugeständnisse
Erst Mitte Januar wurde der elftägige Streik in VWs größtem Werk in Südamerika beigelegt. Plan von VW war es, rund 800 Stellen durch freiwilliges Ausscheiden aus der Firma abzubauen. Abfindungen oder Altersteilzeit waren hier als Möglichkeiten im Gespräch. Zudem wollte Volkswagen allen Beschäftigten weniger Lohn zahlen. Ziel war, dass kein Angestellter unfreiwillig entlassen werden würde und dies durch die Gehaltskürzungen ermöglicht wird. Da die Belegschaft sich auf diesen Kompromiss nicht einlassen wollte, begann VW nach mehreren Verhandlungsrunden mit Entlassungen. Diese wiederum riefen zu Beginn des Jahres einen Streik hervor, der elf Tage lang anhielt. VW bot erneut ein Kompromiss an. Statt der Einschnitte beim Inflationsausgleich für 2016 hat der Konzern nun zugesagt, dass in diesem Jahr ein vollständiger Ausgleich erfolgen soll. Die Gewerkschaft sprach daraufhin von einem „Sieg für die Arbeiter“.
In der VW-Fabrik in Anchieta sind derzeit rund 13 000 Angestellte beschäftigt. Bis 2014 wurde dort der in Brasilien als „Kombi“ bekannte Transporter T2 produziert und sorgte so für einen bedeutenden Teil der Auslastung. Auch wenn der Automarkt in den letzten Monaten stark eingebrochen ist und VW 2014 einen Rückgang von 17 Prozent bei den Absatzzahlen verkraften musste, gilt Südamerika als Wachstumsgarant und wichtiger Markt.
Mercedes legt Grundstein für neues Werk
Dies hat auch Konkurrent Mercedes-Benz erkannt und plant ein neues Werk in Brasilien. Der Stuttgarter Autokonzern hat hierfür den Grundstein in der Nähe von Sao Paulo gelegt. In dem Werk in Iracemápolis sollen jährlich 20.000 Fahrzeuge produziert werden. Plan ist, die Fabrik schon im kommenden Jahr in Betrieb zu nehmen. Zu Beginn soll dort die C-Klasse produziert werden, anschließend soll auch der SUV GLA dort hergestellt werden.
Ziel von Mercedes ist es, die Potenziale des aufstrebenden Automarktes in Brasilien durch die lokale Produktion besser auszuschöpfen und auf Kundenwünsche flexibler reagieren zu können. Bis zum Produktionsstart sollen rund 600 neue Arbeitsplätze entstehen.
Der Mutterkonzern Daimler konnte indessen hervorragende Geschäftszahlen veröffentlichen. Der Konzernumsatz stieg um 10 Prozent. Konsequenz daraus könnte eine Anhebung der Dividende auf 2,45 € je Aktie und eine Rekordprämie für alle anspruchsberechtigten Tarifmitarbeiter sein.
Brasiliens Automarkt: Vor allem Premiummarken bevorzugt
Während VW 2014 Rückschläge verzeichnen musste, konnten neben Mercedes auch BMW und Audi von der wachsenden Nachfrage nach Premiumfahrzeugen profitieren. Audi konnte allein in diesem Jahr seinen Absatz mehr als verdoppeln.
Der viertgrößte Automarkt der Welt reagiert derzeit jedoch auf die größeren Massenhersteller mit Ungnade. Hier brach der Absatz um 16 Prozent ein, die Schwierigkeiten von VW sind also kein Einzelfall. Da jedoch bislang erst zwei Prozent des brasilianischen Automarktes auf die Oberklasse entfallen, gehen Wirtschaftsexperten gerade in diesem Bereich von außergewöhnlichen Wachstumschancen aus. Um Importzölle und Wechselkursrisiken gewinnbringend nutzen zu können, verlegen immer mehr deutsche Autohersteller ihre Produktion nach Brasilien. Auch BMW hat für ein neues Werk in Joinville 200 Millionen Euro investiert.