Die Börsen und Devisen der Schwellenländer sind derzeit stärker denn je von Abwertungen betroffen. Grund dafür ist jedoch nicht die reale Wirtschaft, sondern die Finanzmärkte und Institutionen. Gerade der brasilianische Real wird von den auch als „Wirtschaftskrieg“ bezeichneten Mechanismen hart getroffen.
So ist es vielleicht kein Wunder, dass der brasilianische Finanzminister Guido Montega der Erste war, der sich über den starken Real beklagend von einem erneuten Währungskrieg sprach und damit auch die Ereignisse vor dem Ersten Weltkrieg ins Gedächtnis rief. Bereits zwei Jahre später sah die Lage für Montega bereits völlig anders aus. Der Absturz des brasilianischen Reals war nahezu angsteinflößend. Diese Entwicklung ist bis heute nicht gestoppt und hatte dabei keinerlei positiven wirtschaftlichen Konsequenzen. Obwohl der Real teilweise gegenüber dem Dollar um rund 20 % geschwächt war, wurden brasilianische Produkte nicht stärker auf den Weltmärkten nachgefragt. Im Gegenteil nahm der Import weiter zu. Derzeit befindet sich der Real auf dem niedrigsten Wert seit 2004.
Brasilien wird dabei wie viele andere Länder auch zum Spielball sogenannter Carry Trades. Spekulanten nehmen dort Geld auf, wo es billig ist, und investieren es dort, wo die Rendite am höchsten ist. Nach der Wirtschaftskrise konnten Anleger vor allem Devisen in Deutschland und der restlichen Welt günstig erwerben, während gerade die BRIC-Staaten als attraktive Investitionsziele galten. Inzwischen hat sich dieser Trend jedoch umgekehrt. Brasilien war also lange Zeit „Opfer“ der lockeren Geldpolitik der USA und der EU. Nachdem erst der Export durch das „billige Geld“ aus dem Westen immer schwieriger wurde, ist innerhalb kürzester Zeit das Gegenteil eingetreten.
Brasilien versucht sich, gegen die Marktmechanismen zu wehren. So hat das Land zusammen mit China und Russland eine eigene Entwicklungsbank gegründet, um gegenüber der westlichen Welt unabhängiger zu werden. Unterstützt wird dies dadurch, dass die Zentralbank in Moskau vermehrt Gold hortet, das die Unabhängigkeit unterstützt.
Für Brasilien nehmen die Auswirkungen des Wirtschaftskrieges jedoch absurde Folgen an. Während der Großteil der anderen Staaten vor allem daran interessiert ist, die Deflation abzuschwächen, hat die brasilianische Zentralbank den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 12.25 % erhöht, um die steigende Geldentwertung abzufedern. Die steigenden Zinsen gelten jedoch gleichzeitig als das falsche Zeichen. Die ohnehin schon schlechten Wachstumsaussichten des brasilianischen Marktes wurden weiter geschmälert. Anstatt 1,4 % geht der Internationale Währungsfonds (IMF) nur noch von 0,3 % aus. Bereits im Vorjahr konnte die brasilianische Wirtschaft lediglich ein Wachstum von nur 0,1 % nachweisen. Damit gilt der einstige Musterschüler als heutiges Problemkind.
Verstärkend könnte zudem wirken, dass massive Wasser- und Stromrationalisierungen drohen. Derzeit erlebt Brasilien eine der stärksten Dürren aller Zeiten und der Strompreis soll um bis zu 40 % steigen. Auch der Korruptionsskandal um den staatlichen Energiekonzern Petrobas, der immerhin für rund 10 % der industriellen Basis des Landes verantwortlich ist, belastet die Wirtschaft. Der Skandal weitet sich zudem auf zahlreiche Bauunternehmen aus, die ebenfalls betroffen sein könnten.
Um das Vertrauen der Investoren wieder zu erhöhen, plant der neue brasilianische Finanzminister Joaquim Levy die Staatsausgaben deutlich zu beschränken. Steuererhöhungen sollen dazu führen, dass Brasilien sich nicht weiter verschuldet. Hinzu kommen Kürzungen, die insgesamt einen Primärüberschuss im Haushalt von 1,2 % des BIP ausmachen sollen.