Mit einem Fest ist in São Paulo der lang ersehnte Radweg entlang der Avenida Paulista eingeweiht worden, einer der wichtigsten Straßen der Megametropole. Schon jetzt wird der abgesicherte Radweg brasilienweit als Meilenstein für ein Umdenken in Sachen Mobilität angesehen und als Anreiz, das Auto in der Garage zu lassen und auf den Drahtesel umzusteigen. Ausgegangen wird auch davon, dass er Impulse für Nachahmungen in anderen Städten setzt.
Jahrelang haben Radfreunde und Initiativen für den Bau von Radwegen in der von Stau geprägten Metropole gekämpft. Erst 2014 wurde in São Paulo der Plan für den Ausbau der Mobilität auf zwei Rädern aufgelegt. Seitdem entstehen Radwege beinahe über Nacht. Bis Ende 2015 soll das Netz von derzeit 307 Kilometern auf 400 Kilometer ausgebaut werden. Die größte Bedeutung wird jedoch dem zur Fahrbahn der Kraftfahrzeuge hin abgesicherten 2,7 Kilometer langen Radweg auf der Avenida Paulista eingeräumt, der nach hartnäckigen Widerständen und Gegenkampagnen am Sonntag (28.) im Beisein von tausenden Radfahrern der Öffentlichkeit übergeben wurde.
Tauchte die Avenida Paulista in den Statistiken bisher als die Straße São Paulos auf, auf der am meisten Unfälle mit Radfahrern pro Kilometer verzeichnet wurden, soll sie nun als Vorbild dienen. Nach Angaben der Organisation Ciclocidade sind auch ohne Radweg auf ihr zwischen sechs Uhr morgens und acht Uhr abends etwa tausend Radfahrer gezählt worden. Jetzt wird davon ausgegangen, dass sich diese Zahl drastisch erhöhen wird, ähnlich wie dies der Fall bei der Straße Eliseu de Almeida der Fall war.
Dort sind 2010 zur Hauptverkehrszeit 561 Radfahrer gezählt worden und kurz nach der Einführung des Radweges bereits 1.245. Nach dem Mobilitätsplan soll São Paulo bis 2030 so ausgerüstet sein, dass 10 bis 15 Prozent der Fahrten per Rad erfolgen. Derzeit sind es lediglich ein Prozent. Der Plan umfasst dabei nicht nur die Einrichtung von Radwegen, sondern ebenso von Radgaragen- und Abstellflächen, weiteren Ausleihstationen von Rädern und Öffentlichkeitsarbeit.
Noch halten sich in Brasilien gegenüber dem Rad allerdings einige Vorurteile. Während das Auto als Statussymbol gilt, gehören 40 Prozent der Radfahrer zu Einkommensschichten mit einem Familieneinkommen von weniger als umgerechnet 360 Euro. Paradoxerweise ist der Drahtesel mit einem Steuersatz von 45 Prozent zudem fiskalisch stärker belastet als ein Auto.