In etlichen Städten Brasiliens haben die Mütter am Samstag für das Stillen demonstriert. Grund dazu ist die Weltstillwoche, die vom 1. bis zum 7. August ausgerufen ist. Hunderte von Frauen haben sich dazu auf öffentlichen Plätzen getroffen, um dort gemeinsam ihre Babys zu stillen. Aber auch Väter, Kinder- und Frauenärzte zeigten sich solidarisch. Mit den Demonstrationen sollte nicht nur auf die Wichtigkeit des Stillens für Mutter und Kind hingewiesen, sondern ebenso zu besseren Arbeitsbedingungen für stillende Mütter aufgerufen werden.
Auch wenn die meisten Brasilianer natürlich mit dem Stillen in der Öffentlichkeit umgehen, gibt es trotzdem immer wieder Versuche, dies zu unterbinden. In einigen Bundesstaaten wie São Paulo und Santa Catarina wurde deshalb bereits ein Gesetz erlassen, das ein Bußgeld vorsieht, sollte einer Mutter das Stillen in öffentlichen Bereichen oder auch Restaurants untersagt werden.
Laut dem brasilianischen Statistikamt IBGE arbeiten 40 Millionen Frauen auswärts. Etwa 70 Prozent von ihnen sind Mütter. Die große Mehrheit der Unternehmen bietet für Mütter mit Säuglingen jedoch keine entsprechende Strukturen an, auch wenn es von staatlicher Seite einige Förderprogramme dazu gibt. Das 2011 ins Leben gerufene „Programm für arbeitende Mütter, die stillen“ ist eins davon. Nach diesem sollen Firmen sechs Monate Mutterschutz nach der Geburt des Kindes, eine Kinderkrippe und einen Stillraum anbieten. Eingeschrieben sind in dem Programm bisher allerdings nur 120 Unternehmen.
Auch den Mutterschutz von sechs Monaten bieten nur zehn Prozent der Arbeitgeber an, obwohl es im Gegenzug steuerliche Vergünstigungen gibt. Die meisten beschränken sich indes auf vier Monate. Immerhin stehen den Müttern laut Gesetz zwei zusätzliche Pausen von jeweils einer halben Stunde zum Stillen der Kinder oder zum Abpumpen der Milch zu. Die Pausen können jedoch auch genutzt werden, um den Arbeitsbeginn oder Dienstende zu verschieben.
Ausschließlich mit Muttermilch ernährt werden die Babys in Brasilien im Durchschnitt 52 Tage, wie es von der Organisation Eu Apoio Leite Materno heißt. Empfohlen wird eine Stillzeit von mindestens sechs Monaten, die auf zwei Jahre oder mehr verlängert werden sollte. Untersuchungen zeigen jedoch, dass von den auswärts arbeitenden Brasilianerinnen mit Kindern von unter einem Jahr 34 Prozent nicht mehr die Brust geben. Bei den Heimarbeiterinnen oder Hausfrauen stillen indes noch 81 Prozent der Mütter ihre Kinder mit bis zu einem Jahr.
Krankenhäuser sowie etliche Initiativen und Organisationen versuchen, die Mütter beim Stillen und dem Durchsetzen ihrer Rechte zu unterstützen. Eine weitere wichtige Einrichtung ist die Milchbank. Sie wurde vom Gesundheitsministerium und der Stiftung Fiocruz bereits vor 70 Jahren ins Leben gerufen. Mütter, die Milch im Überschuß haben, spenden diese dort für die Frauen, die aus gesundheitlichen Gründen oder Mangels Milch ihre Kleinen nicht stillen können.
Etwa 160.000 Neugeborene erhalten jährlich über sie Muttermilch. Insgesamt sind dazu 213 Milchbänke und 131 spezielle Gesundheitsposten über das ganze Land verteilt. Von der Weltgesundheitsorganisation WHO wird dieses System als umfangreichste und größe Milchbank der Welt eingestuft. Die gilt als Vorbild und ist bereits in 23 anderen Ländern mit der Hilfe Brasiliens übertragen worden.