Noch immer sind Regionen des Südosten Brasiliens von der extremen Trockenheit betroffen. Aus dem Norden des Landes kommt nun einmal mehr der Vorschlag, vom Amazonas Wasser abzuzweigen, um die betroffenen Gebiete mit Trinkwasser zu versorgen. Neu ist, dass die Pläne mittlerweile konkrete Formen anzunehmen scheinen. Eine Studie zur Umleitung des größten Flusses Brasiliens ist bereits in Auftrag gegeben worden.
Schon im Februar des Jahres hatte der Gouverneur des Bundesstaates Amazonas den umstrittenen Vorschlag zur Umleitung des wasserreichsten Flusses der Welt gemacht. Jetzt spricht er von einer Pipeline, über die das Amazonaswasser nach São Paulo, Rio de Janeiro und andere Städte des Südostens und zentralen Westens transportiert werden sollen. Ein Prozent der Wassermenge des Amazonasflusses würde ausreichen, um das Dürreproblem zu beheben, so Gouverneur José Melo. Negative Auswirkungen auf den Fluss oder die Umwelt verneint er.
Ganz uneigennützig ist der Vorschlag nicht. Im Gegenzug zur Wasserspende erhofft er sich Ausgleichszahlungen für den Norden Brasiliens. Geht es nach seinen Plänen soll die mehrere tausend Kilometer umfassende Pipeline von der Flußmündung des Amazonas, in der Nähe Belems, aus erfolgen.
Umweltschützer, Geologen und Wissenschaftler kritisieren indes das Vorhaben. Ihrer Ansicht nach würde die Umleitung sowie die Behandlung des sedimentreichen Amazonaswassers zu erhöhten Trinkwasserpreisen führen. Als größtes Problem wird jedoch die zu erwartende Naturzerstörung angeführt. Großbaumaßnahmen und Straßenbau im Amazonasregenwald haben längst gezeigt, dass durch sie die Abholzung angeheizt wird. Darüber hinaus bemängeln sie eine Verdrängung des Problems der Wasserverschwendung.
Sie setzen stattdessen auf eine Wiederaufbereitung des Abwassers und Maßnahmen, um den enormen Verlust zu verhindern, der durch marode Wasserleitungen zu verzeichnen ist. Ein umgehender Stopp der Kahlschläge im Atlantischen und Amazonas-Regenwald ist eine weitere Forderung. Laut Studien tragen die ungebremsten Abholzungen im Norden Brasiliens dazu bei, dass die Niederschläge im Südosten, Süden und zentralen Westen des Landes abnehmen oder ausbleiben.