In über 200 Städten Brasiliens sind am Sonntag (16.) zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen, um ihren Unmut gegenüber der in Brasilien tief verwurzelten Korruption und gegenüber der Regierung Präsidentin Dilma Rousseffs auszudrücken. Etliche Demonstrationsteilnehmer haben den Rücktritt Rousseffs gefordert.
Begleitet von Trio Elétricos (gigantische Lautsprecherwagen) und teilweise mit Musik und einstudierter tänzerischer Choreographie haben sich vor allem in den Hauptstädten beinahe aller brasilianischer Bundesstaaten die Menschen bei strahlendem Sonnenschein auf den Straßen versammelt. Vielerorts glichen die Demonstrationen friedlichen Sonntagsnachmittags-Spaziergängen, wären da nicht die Forderungen nach einem Rücktritt und Impeachment Rousseffs gewesen.
Selbst gegen den während seiner Amtszeit so beliebten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva richtete sich dieses Mal der Zorn der vor allem in die gelben Hemden der Nationalmannschaft oder grüne T-Shirts gekleideten Demonstrationsteilnehmer. Positiv hervorgehoben wurde von den Demonstranten hingegen der Richter Sérgio Moro, der den Korruptionsprozess im Zusammenhang mit dem brasilianischen Öl- und Energiekonzern Petrobras leitet.
Geschont wurde von den Organisatoren indes der für einige Polemiken sorgende Präsident der Abgeordnetenkammer, Eduardo Cunha, der im Zusammenhang mit den Aussagen beim Korruptionsskandal Lava Jato beschuldigt worden ist, fünf Millionen US$ als Schmiergeld erhalten zu haben.
Aufgerufen wurde zu den Protesten über die sozialen Netzwerke. Die Massen bewegte der Aufruf vor allem in São Paulo, wo sich nach Polizeiangaben 350.000 Menschen gegen die aktuelle Politik versammelt haben.
Mit den Protesten am Sonntag ist es bereits zum dritten Mal in diesem Jahr zu Demonstrationen gegen die Regierung gekommen. Erstmals hat nun auch der bei den Wahlen im Oktober unterlegene Aécio Neves öffentlich zu einer Beteiligung aufgerufen und in Belo Horizonte eine Rede gegen die aktuelle Regierung gehalten.
Das Datum der Proteste wurde nicht zufällig gewählt. Am 16. August vor 23 Jahren hat es schon einmal Demonstrationen gegeben, damals wurde gegen den damaligen Präsidenten Fernando Coller de Mello protestiert, gegen den wenig später ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet worden ist.