Nach beinahe achtjähriger Bauzeit geht das erste Teilstück der lang versprochenen Wasserumleitung des Rio São Francisco in Betrieb. Einmal fertig sollen die Kanalanlagen im trockenen Nordosten Brasiliens zwölf Millionen Menschen, die Landwirtschaft und auch die Industrie mit Wasser versorgen. Am Freitag hat Präsidentin Dilma Rousseff die erste Pumpstation an der Nordachse der Kanalarbeiten feierlich eingeweiht.
Mit Hilfe der Pumpstation wird das Wasser auf eine Höhe von 36 Metern gepumpt und gelangt nach sieben Kilometern in ein erstes und weiteren 39 Kilometern in ein zweites Rückhaltebecken. Nach offiziellen Angaben sollen bereits 77,8 Prozent der Bauarbeitung zur Wasserumleitung des Flusses beendet sein. Einmal fertig werden die Kanäle zwölf Millionen Menschen in 390 Munizipien der brasilianischen Bundesstaaten Pernambuco, Paraíba, Ceará und Rio Grande do Norte mit Wasser versorgen.
In dieser ohnehin trockenen Region leiden die Menschen seit Jahren unter einer extremen Dürre. Allein in Pernambuco ist bereits in 126 Munizipien der Notstand mangels Wasser ausgerufen worden. Versorgt werden die Menschen dort größtenteils mit Wasser über Tanklastwagen.
Begonnen wurde mit den Bauarbeiten bereits 2007. Die Inbetriebnahme war eigentlich für 2012 vorgesehen. Wie bei vielen Bauprojekten Brasiliens hat sich die Ausfertigung jedoch aus verschiedenen Gründen verzögert, unter anderem wegen Verfahrensfehler bei den Umwelt- und Baugenehmigungen. Jetzt wird als Fertigstellungsdatum Ende 2016 bis Anfang 2017 angestrebt. Bis dahin werden voraussichtlich statt der vorgesehenen 6,8 Milliarden Reais (umgerechnet derzeit etwa 1,7 Milliarden Euro) 8,2 Milliarden Reais (etwa 2,1 Milliarden Euro) in das Projekt investiert worden sein.
Mit insgesamt 477 Kilometern Länge gilt die Transposição Rio São Francisco als größte Infrastrukturarbeit Brasiliens. Die Strecke unterteilt sich in eine Nord- und Ostachse, die mit neun Pumpstationen ausgestattet sein werden. Geplant sind 30 Rückhaltebecken, um die Wasserversorgung auch dann zu gewährleisten, wenn die Pumpen abgeschaltet sind. Allein an der 260 Kilometer langen Nordachse befinden sich acht Aquädukte und drei Tunnel in Bau und 6.836 Arbeiter am Werk.
Abgezweigt werden 1,4 Prozent des Flusswassers. Allerdings leidet der “Velho Chico“, wie der Rio São Francisco genannt wird, derzeit ebenso unter der anhaltenden Dürre. Die Schifffahrt musste teilweise stark reduziert werden. Kritisiert wurde das Projekt ebenso wegen seiner Eingriffe in die Natur. Für den Bau der Becken, Kanäle und Pumpwerke wurden tausende Hektar Caatinga abgeholzt. Nach Regierungsangaben sind für die im Zusammenhang mit dem Umleitungsprojekt geforderten Revitalisierungsmaßnahmen am Rio São Franzisco bereits 1,7 Milliarden Reais ausgegeben worden.