In Brasilien wird am heutigen Freitag (20.) der Tag der ”Consciência Negra” (Tag des Selbstbewußtseins der Schwarzen) begangen. Er ist zum Reflektieren gedacht und als Gedächtnis an die über Jahrhunderte hinweg erlittene Gewalt und Ungerechtigkeit. Ins Bewußtsein gerückt wird mit dem Tag aber ebenso der Rassismus, der in dem südamerikanischen Land nach wie vor ein Thema ist.
Mit 53,6 Prozent stuft sich über die Hälfte der brasilianischen Bevölkerung als Schwarz oder Mischling ein. In führenden Positionen, an Gerichten, in der Politik und selbst bei den in dem südamerikanischen Land so beliebten Tele-Novelas sind sie jedoch kaum vertreten. Selbst die meisten zur “Miss Brasilien“ gekrönten Schönheiten werden von weißen Frauen gestellt. Immer wieder kommt es zudem zu offenen rassistischen Äusserungen, sei es im Fußballstadion oder über Facebook. Per Gesetz sind diese als kriminelle Taten eingestuft, zu einer Anzeige und Verurteilung kommt es indes selten.
Auch wenn die von Prinzessin Isabel vorgenommene Unterzeichnung des “Lei Àurea“, mit dem das Sklaventum offiziell abgeschaft wurde, 127 Jahre zurückliegt, gibt es nach wie vor eine Kluft zwischen Schwarz und Weiß. So liegt das monatliche Durchschnittseinkommen der Schwarzen bei 921,18 Reais (umgerechnet derzeit etwa 230 Euro), während das der Weißen mit 1.607,76 Reais angegeben wird (etwa 400 Euro).
70 Prozent der Bolsa-Família-Empfänger (Sozialhilfe für Familien) sind Schwarze. Zweidrittel der Favela-Bewohner ebenso. Ein ähnliches Bild spiegelt sich ebenso bei den Gefängnisinsassen wieder. Erhebungen belegen zudem, dass vor allem schwarze Jugendliche von der Gewalt betroffen sind. Sie stellen über 70 Prozent der enormen Zahl von 56.000 Ermordeten pro Jahr.
Um Schwarzen und Indigenen gleiche Startchancen zu gewähren, wurden an den öffentlichen Universitäten Quoten eingeführt. Rechtskräftig wurden diese allerdings erst nachdem das Supremo Tribunal Federal (Oberster Gerichtshof) sie 2012 als Verfassungskonform erklärt hat. Wie brisant das Thema der Gleichstellung der schwarzen Bevölkerung ist, zeigt auch, dass der Tag der Consciência Negra lediglich in fünf der 26 Bundesstaaten Brasiliens als Feiertag eingestuft ist sowie nur in rund einem Fünftel aller brasilianischer Munizipen.
Dass der 20. November 2003 zum “Dia da Consciência Negra“ erklärt wurde, geht auf eine Bewegung der Schwarzen zurück. Sie haben das Todesdatum des Zumbi dos Palmares ausgewählt. Zumbi war der letzte Anführer des Quilombo dos Palmares, einem Fluchtort entlaufener Sklaven, der zeitweise über 20.000 Einwohner zählte. Am 20. November 1695 wurde er von den Truppen des Domingos Jorge Velho getötet.