In Brasilien wird der internationale Frauentag mit Poesie, Samba, Aktionen zur Gesundheitsvorsorge und ebenso Aufklärungsveranstaltungen und Protesten begangen. Mit letzteren soll auf die nach wie vor große Diskrepanz zwischen den Geschlechtern in der Arbeitswelt, die häusliche Gewalt und andere Probleme hingewiesen werden.
Auch wenn Brasilien von einer Frau regiert wird, 51 Prozent der Bevölkerung Frauen sind und den 68,2 Millionen Wählern 77,4 Millionen Wählerinnen gegenüber stehen, sind sie im Kongress kaum vertreten. Von den 513 Abgeordnetensitzen werden lediglich 53 von Frauen besetzt. Im Senat sind es zwölf von 81. Insgesamt stellen die Frauen damit lediglich 8,6 Prozent der Volksvertreter im Kongress, während der Weltdurchschnitt bei 22,6 Prozent liegt.
In der Arbeitswelt sind die Frauen mittlerweile zwar stark vertreten, allerdings vedienen sie weniger und sind stärker bei den schlechter bezahlten Arbeitsstellen vertreten. Etwa 30,6 Prozent der Brasilianerinnen arbeiten mindestens 44 Stunden in der Woche für einen Mindestlohn, der derzeit bei 880 Reais liegt (umgerechnet etwa 220 Euro). Der Anteil der Männer mit nur einem Mindestlohn liegt hingegen bei 21,5 Prozent. An den Universitäten stellen die Frauen mit 57,1 Prozent indes die Mehrheit der Studenten.
Nach den Daten des Statistikamtes IBGE verdienen die Frauen um 25,5 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Andere Quellen sprechen von 32 Prozent. Interessant ist, dass selbst in typischen “Frauenberufen“ wie den Näherinnen, die Männer auf der gleichen Arbeitsstelle um 5,5 Prozent mehr verdienen.
Düster sieht es beim Thema Gewalt aus. Beim internationalen Ranking von Frauenmorden steht Brasilien von 83 Ländern auf dem traurigen fünften Platz. Von sieben Mordfällen wurden vier von den Partnern oder Ex-Partnern begangen. Während unter den weißen Frauen zwischen 2003 und 2013 die Mordrate um 9,8 Prozent gesunken ist, hat sie bei den Afro-Brasilianerinnen um 54 Prozent zugenommen.
Ein erschreckendes Bild geben ebenso die Daten vom “Frauennotruf“. Im ersten Halbjahr 2015 haben täglich 179 Frauen die 180 gewählt, um Gewalt gegen sie anzuzeigen. In sechs Monaten waren es über 32.000 Anzeigen. Die Hälfte von ihnen hat sich auf physische und etwa 10.000 auf psychologische Gewalt bezogen.
Zu sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen sind täglich sieben Anrufe eingegangen, wobei die Zahl der Vergewaltigungen zwischen 2014 und 2015 um über 65 Prozent zugenommen hat. Um 145,5 Prozent sind die Fälle gestiegen, in denen die Frauen von ihren Partnern im Haus eingesperrt wurden.
Stark präsent ist nach wie vor das traditionelle Rollenbild. Auch wenn die Frauen auswärts arbeiten, sind sie es, die für den Haushalt der Familie und die Erziehung der Kinder verantwortlich sind, während sie gleichzeitig auf dem Arbeitsmarkt angesichts dieser Aufgaben weniger Chancen auf bessere Jobs haben, als Männer.