Über 144 Millionen Brasilianer werden im Oktober Bürgermeister und Stadträte von 5.568 Munizipen wählen. Sie haben die Wahl zwischen beinahe einer halben Million Kandidaten. Die müssen allerdings dieses Mal mit weniger Geld für ihren Wahlkampf auskommen. Weil sie auch von Firmen keine Spenden mehr erhalten dürfen, sind neue Apps entstanden, mit deren Hilfe Privatpersonen ihre Kandidaten finanziell unterstützen können.
Nach dem vom Korruptionsskandal “Lava Jato“ verursachten Beben sind Veränderungen im politischen System gefordert worden. Im vergangenen Jahr hat der Kongress auch eine Minireform verabschiedet. Vom Obersten Gerichtshof STF sind dann jedoch auch Firmenspenden als unzulässig eingestuft worden. Jetzt wirken sich die neuen Regeln erstmals auf Wahlen aus.
Unternehmen ist es danach untersagt, Politiker und Kandidaten im Wahlkampf zu unterstützen. Privatpersonen können dies hingegen mit einer Gabe tun, die zehn Prozent ihres Bruttoeinommens nicht übersteigt. Die Spenden müssen allerdings registriert werden, wobei Apps wie “Voto Legal“ helfen wollen.
Kandidaten und Parteien dürfen zudem nicht mehr unbeschränkt Unmengen von Geld für ihre Bewerbung ausgeben. Festgelegt wurden Obergrenzen für alle Städte. In São Paulo liegt diese für die Bürgermeisterkandidaten aber dennoch bei 45 Millionen Reais (umgerechnet derzeit etwa 12,6 Millionen Euro).
In sechs von zehn Munizipen müssen allerdings 100.000 für “Prefeito“ (Bürgermeister) und 10.000 für “Vereador“ (Stadtrat) ausreichen, um Fahnenschwinger, Plakate, Flugblätter und Propaganda zu bezahlen.
Ob mit den neuen Regeln tatsächlich schwarze Kassen vermieden und das ausgeuferte Wahlkampfspektakel reduzieren werden, ist fraglich. Vorsichtshalber sind deshalb auch etliche neue Apps kreiert worden, mit denen die Bürger ihre Kandidaten kontrollieren und vor allem Fehlverhalten denunzieren sollen.
Damit müssen die Wähler nicht mehr mögliche Repressalien durch eine Anzeige riskieren, sondern können sich direkt per App an das Staatsministerium wenden.
Die Wahlen sind in Brasilien nicht ganz ungefährlich. Laut dem Präsident des Obersten Wahlgerichts (TSE) Gilmar Mendes sind dieses Jahr bereits 20 gewaltsame Todesfälle von Kandidaten registriert worden, elf von ihnen in Munizipen der Baixada Fluminense (Rio de Janeiro). Mendes hat deshalb bereits die Präsenz von Militär gefordert.
Insgesamt stehen 456.006 Stadratskandidaten für 57.949 Plätze zur Wahl sowie 16.313 Bürgermeisterkandidaten und 16.396 Vize-Bürgermeister für 5.568 Munizipe. 69 Prozent der Kandidaten sind Männer und 51 Prozent sind Weiße.