Schon an ihren ersten zwei Tagen hat die internationale Kunstbienale in São Paulo mit schwarzen Fliegen, Lauschrohr und Pilzvasen für Aufregung gesorgt. Bei ihrer Auswahl haben die Kuratoren dieses Mal auf leise Töne gesetzt, die zum Nachdenken anregen sollen. “Incerteza Viva lautet das Motto, das mit “Lebende Ungewissheit“ übersetzt werden kann.
Zu sehen sind über 300 Werke von 81 Künstlern aus 33 Ländern, die Themen wie den Genozid der indigenen Völker, den Klimawandel, die Abholzung, den Migrationsprozess und andere behandeln. Die Besucher bleiben dabei nicht nur Betrachter, sondern werden zu Akteuren. Sie können über ein Rohr, das vom Inneren des Ausstellungspavillons hinaus zu einer Palme führt, deren Geräusche belauschen, können Vasen aus Pilzen bauen und auf Tonskulpturen, die Welt aus einem anderen Winkel betrachten.
Gezeigt werden ebenso Filme wie “O Peixe“ (Der Fisch). Der zeigt Angler, die in einem Ritual der Solidarität ihre Beute umarmen. In der durch die momentane Politikkrise gespaltenen Gesellschaft erlangt der Film wichtige Bedeutung.
Erst vor wenigen Tagen ist bei einer Demonstration gegen Michel Temer eine junge Frau von Polizisten am Auge verletzt worden. Über die Netzwerke hat dies zu von Gegnern der Arbeiterpartei den Kommentar gegeben, dass sie es verdiene, auch ihr zweites Auge zu verlieren. “O Peixe“ zeigt indes, dass jeder Solidarität verdient.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zeigen zwei Künstler mit Insekten. Der eine, Pierre Huyghe, präsentiert einen Film mit Bildern von in Bernstein seit Millionen von Jahren eingeschlossenen Insekten. Der andere, Francis Alÿs lässt hunderte von Fliegen in einer gläsernen Wand umherschwirren.
Eröffnet worden ist die 32. Bienale São Paulos im Pavillon Ciccillo Matarazzo im Ibirapuera-Park am Mittwoch (7.). Bis zum 11. Dezember können die Besucher dort kostenlos in die Ungewissheiten des Lebens eintauchen.