In Brasilien wächst die Zahl der Kirchen stündlich. Alle 60 Minuten wird eine religiöse Organisation gegründet. Zwischen 2010 und 2017 hat dies zur Neugründung von beinahe 68.000 neuen Kirchen oder religösen Gemeinschaften geführt. Dabei handelt es sich nicht nur um Filialen von bereits bestehenden Freikirchen, sondern vor allem um Neugründungen.
Zu den großen Pfingstkirchen wie Igreja Universal do Reino de Deus (Universalkirche des Gottesreiches) oder Assembleia de Deus (Assemblies of God) mit neuen Filialen gesellen sich immer mehr Neugründungen. Sie tragen Namen wie “Kirche Globale Mission der Stimme des Herrn“ (Igreja Missão Global a Voz do Senhor), “Kirchenamt Quelle kristallklares Wasser“ (Igreja Ministério Fonte Água Cristalina) oder “Kirche evangele Mission Himmelstor” (Igreja Missão Evangélica Porta Para o Céu).
In ganz Brasilien sind in den vergangenen sieben Jahren 67.951 religiöse oder philosophische Organisationen bei der Finanzbehörde Receita Federal registriert worden. An der Spitze steht der Bundesstaat São Paulo. In dem waren es 17.052 neue Kirchen. In Rio de Janeiro liegt die Zahl der neuen Registrierungen bei 9.670. Insgesamt sind in der Stadt am Zuckerhut derzeit 21.333 religiöse Gemeinschaften aktiv.
Viele der Neugründungen gehen auf die erstarkte Bewegung der Neupfingstgemeinden zurück. Eine Rolle beim Kirchenboom spielt ebenso die Wirtschaftskrise und die Tatsache, dass religiöse Organisationen relativ unbürokratisch ins Leben gerufen werden können und laut Konstitution steuerfrei sind.
Zu finden sind in Brasilien alle erdenklichen Formen, von Kleinstkirchen im Wohnzimmer bis hin zu gigantischen Luxustempeln, wie dem Salomontempel in São Paulo. Präsent sind die Evangelikalen in den TV-Medien mit eigenen Sendern und auch im Kongress. Dort haben sich 90 Abgeordnete und Senatoren offiziell als evangelikale Pastoren, Missionare oder Repräsentanten deklariert.
Seit Jahren zunehmend ist die Anhängerzahl der Freikirchen. Nach einer Ende 2016 veröffentlichten Studie des Institutes Datafolha stellen sie bereits 29 Prozent der brasilianischen Bevölkerung, während die katholische Kirche immer mehr an Mitglieder verliert.
Laut Datafolha ist die Zahl der Katholiken Brasiliens zwischen Oktober 2014 und Dezember 2016 um neun Millionen geschrumpft. Haben 2014 noch 60 Prozent der Bevölkerung als Katholiken gegolten, waren es 2016 nur noch 50 Prozent. Gleichzeitig kehren aber auch immer mehr Brasilianer den Kirchen allgemein den Rücken. Sie stellen mittlerweile 14 Prozent, gegenüber sechs Prozent im Jahr 2014.