Brasiliens Präsident Michel Temer versinkt immer stärker im Korruptionssumpf. Am Dienstag (12.) hat der Oberste Gerichtshof (STF) ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdacht und Geldwäsche gegen ihn zugelassen. Dieses Mal soll er eine Unternehmensgruppe bei der Vergabe zur Betreibung von Häfen begünstigt haben.
Damit nicht genug, hat die Polícia Federal (Bundespolizei) einen Bericht vorgelegt, in dem er und der inhaftierte Ex-Präsident des Abgeordnetenhauses Eduardo Cunha als Köpfe einer kriminellen Vereinigung beschuldigt werden. Den Ermittlungen über den “Kern der PMDB in der Abgeordnetenkammer“ zu Folge sollen Spitzenpolitiker der Regierungspartei PMDB eine Struktur zur Abzweigung öffentlicher Gelder eingerichtet haben.
Bestechungsgelder sollen bei der Vergabe der Betreiberkonzessionen für Flughäfen, der Vergabe von Krediten, bei Verträgen der Petrobras und selbst beim Erlass von vorläufen Rechtsmaßnahmen, den “medidas provisórias“ geflossen sein. Untermauert werden die Vorwürfe mit Kronzeugenaussagen.
Temer selbst geht einmal mehr nicht auf die Anschuldigungen ein. Stattdessen hat er in einer Mitteilung über die Pressestelle der Regierung mit Gegenanschuldigungen gekontert. In der ist von fehlenden “realen“ Beweisen und falschen Zeugen die Rede. Kronzeugen werden als Banditen abgetan, die sich mit “konstruierten Versionen auf Basis des Hörensagens“ eine Straffreiheit sichern wollten.
“Verbrecher rauben dem Land die Wahrheit“, heißt es in der Pressemitteilung. Beraubt wird indes die Bevölkerung. Millionen werden an Schmiergeldern abgezweigt und fließen in die Hände von Spitzenpolitiker, während es in vielen öffentlichen Krankenhäusern an Basismaterial wie Einweghandschuhen mangelt.
Nach von der Bundespolizei vorgelegten Ermittlungsbericht wird Temer mit Schmiergeldzahlungen in Höhe von 31,5 Millionen Reais (umgerechnet derzeit etwa 8,4 Millionen Euro) in Zusammenhang gebracht. Weitere Millionen soll er für andere Politiker “erbeten“ haben.
Neben ihm werden etliche Spitzenpolitiker seiner Partei als Mitglieder der “Bestechungsgeld-Organisation“ genannt, wie Regierungs-Generalsekretär Moreira Franco und Präsidialamtsminister Eliseu Padilha. Mit im Bunde befindet sich auch Ex-Minister Geddel Vieira Lima.
Der ist erst vor wenigen Tagen in Untersuchungshaft genommen worden, nachdem in einem von ihm genutzten Appartment Kiloweise Bargeld in Höhe von über 51 Millionen Reais (etwa 13,8 Millionen Euro) entdeckt wurden.
Der Ermittlungsbericht wurde Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot übergeben. Dieser wird ihn wohl in den kommenden Tagen an das Oberste Gericht STF weiterleiten, das dann über eine Eröffnung eines Verfahrens entscheiden wird.
Bereits zugestimmt hat STF-Richter Roberto Barroso indes einem Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Vergabe von Betreiberrechten der Häfen. Er sieht “Indizien“ dafür, dass ein von Temer erlassenes Dekret zu Gunsten einer Unternehmergruppe ausgefallen ist und dafür möglicherweise Schmiergelder gezahlt wurden.
Ob es tatsächlich zu einem Prozess gegen Temer kommen wird, hängt vom Kongress ab. Erst wenn dieser mehrheitlich zustimmt, kann das Verfahren eröffnet werden. Im August hat die Abgeordnetenkammer bei einem anderen Ermittlungsverfahren gegen Temer hingegen für eine vorübergehende Archivierung gestimmt.
Auch bei der ging es um Korruption. Laut Gesetz kann mit der Ablehnung durch den Kongress das Verfahen gegen Temer erst nach der Beendigung der Amtszeit begonnen werden.
Ob es Temer ein zweites Mal gelingen wird, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ist fraglich. Schon im August musste er die Stimmen der Abgeordneten hart erkämpfen, mit Zugeständnissen von Posten, politischen Entscheidungen und der Vergabe von Geldern in Millionenhöhe für Maßnahmen in den Wahlkreisen der Politiker.