Mitten in der politischen Krise Brasiliens gestalten immer mehr Bürger des Landes selbst Gesetze. Das können sie über das Bürgerportal “e-Cidadania“ des Senats. Bei dem wurde ein Beteiligungszuwachs von sagenhaften 1.607 Prozent verzeichnet.
Während viele Brasilianer das Gefühl haben, dass nichts vorangeht, greifen andere zur Eigeninitiative und hinterlassen auf dem Bürgerportal Ideen für neue Gesetze. Die stehen dann erst einmal zur Abstimmung.
Erzielen sie 20.000 Stimmen, werden sie an die entsprechenden Kommissionen des Senats weitergereicht. Erlangen sie dort die notwendige Zustimmung, gehen sie als Gesetzesvorschläge weiter an den Senat.
Seit das Portal im Jahr 2012 online gegangen ist, erfreut es sich immer stärkerer Beliebtheit. Über 43.000 Ideen sind seitdem formell registriert worden. 2017 hat das Portal trotz, oder vielleicht auch wegen, der zunehmenden Politikverdrossenheit einen wahren Boom verzeichnet.
Die notwendigen 20.000 Stimmen haben hingegen nur 86 von ihnen erreicht. 23 davon wurden von den Kommissionen abgelehnt, weil sie entweder gegen die Konstitution des Landes verstoßen, der Senat nicht zuständig ist oder aus anderen Gründen. Sieben von ihnen haben Politiker als Paten gefunden kursieren mittlerweile im Senat als Gesetzesvorschläge.
Eins davon ist der Vorschlag, die vom Staat finanzierten Mietzuschüsse für Richter, Senatoren und Abgeordnete zu streichen. Über das Internet hatte dieser 253.000 Stimmen erzielt, so viel wie kein anderer. Ebenso zum Gesetzesvorschlag geworden ist der Beitrag, den Anbau von Cannabis zum Eigenverbrauch zu legalisieren. Der wurde allerdings umgeändert und bezieht sich nur noch auf den Anbau für medizinische Zwecke.
Nicht alle der vorgebrachten Ideen machen indes Sinn, wie der Vorschlag den Musikstil Funk Rio de Janeiros zu kriminalisieren. Dennoch git das Portal als wichtiges Werkzeug der Demokratie, unter anderem, weil sich die Bürger über e-Cidanania direkt an der Gesetzgebung beteiligen können.