Mit großer Empörung ist in Brasilien auf eine Attacke auf den ultrarechten Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro reagiert worden. Der ist am Donnerstagnachmittag (6.) bei einer Wahlveranstaltung von einem 40-Jährigen niedergestochen worden.
Bolsonaro war in der Stadt Juiz de Fora im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais von Anhängern geschultert und durch die Menschenmenge getragen worden, als ein Mann mit einem Messer auf ihn einstach. Der schwer Verletzte wurde umgehend ins zwei Kilometer entfernte Krankenhaus gebracht und dort einer Notoperation unterzogen.
Dünn- und Dickdarm waren perfuriert worden. Wegen starken Blutverlusts war ebenso eine Transfusion notwendig, wie Ärzte bei einer Pressekonferenz am Abend erklärten. Sein Zustand wird von ihnen als “ernst aber stabil“ beschrieben. Der Verletzte befindet sich auf der Intensivstation, atmet jedoch ohne Hilfe.
Ein bei dem Attentat anwesender Polizist, der für das Amt eines Abgeordneten kandidiert, hat den Täter überwältigt und festgenommen. Der sagte, alleine gehandelt zu haben und weil Gott ihm dies befohlen habe. Im Vorfeld hatte der Täter in den sozialen Netzwerken schon mehrfach gegen Bolsonaro und dessen Anhänger gepostet.
Die umgehend eingeleiteten Ermittlungen laufen indes in zwei Richtungen, um den Alleingang zu bestätigen oder einen möglichen Auftraggeber oder Mittäter ausfindig zu machen, wie es heißt. Medien berichten davon, dass zwei weitere Männer festgenommen wurden. Sie sollen sich gemeinsam mit dem Angreifer bei der Wahlveranstaltung befunden haben.
Der blutige Angriff wurde von allen Präsidentschaftskandidaten und ebenso anderen Politikern, Juristen und Präsident Michel Temer verurteilt. Sie sprachen Bolsonaro ihre Solidarität aus und riefen zu Respekt und Toleranz gegenüber anderen auf. Die Attacke wurde von vielen zudem ebenso als ein Angriff auf die Demokratie gesehen.
Bolsonaro ist der polemischste unter den Präsidentschaftskandidaten. Bei den jüngsten Umfragen des Institutes Ibope vereint er in Szenarien ohne den inhaftierten Ex-Präsidenten Luiz Iinácio Lula da Silva mit 22 Prozent die meisten Stimmabsichten. Gleichzeitig wird er jedoch auch von 44 Prozent der Befragten vehement abgelehnt. Bei keinem anderen Kandidat ist die Ablehnung so groß.
Mit seinen teilweise rassistischen, frauenfeindlichen und homophobischen Aussagen und Ansichten sorgt der 63-jährige Konservative immer wieder für Kritik. Er fordert zudem Erleichterungen für den Waffenbesitz und ein härteres Vorgehen der Polizei gegenüber Kriminellen. Selbst Folter in bestimmten Situationen und die Todesstrafe werden von ihm befürwortet.
Ausgelöst hat das Attentat auch eine Diskussion über Sicherheitsmaßnahmen während des Wahlkampfs. Per Gesetz hat jeder Präsidentschaftskandidat für seinen Schutz Recht auf 21 spezialisierte Bundespolizisten. Laut Presseberichten sollen auch bei der Wahlkampfveranstaltung des Verletzten Polizisten und Sicherheitskräfte angewesen sein.
Wie groß die Intoleranz und das Machtstreben um jeden Preis ist, zeigt eine im März 2018 vorab präsentierte Studie von Forschern der Universität Rio de Janeiro (UniRio). Nach dieser sind bei Wahlkämpfen zwischen 2000 und 2016 mindestens 79 Kandidaten ermordet worden.
63 der Mordopfer waren Stadtratskandidaten, neun Bürgermeister- oder Vize-Bürgermeisterkandidaten und neun Prozent Abgeordnetenkandidaten.